Die selten genutzte Zweitwohnung des ehemaligen Bundeskanzlers Olaf Scholz wird rund um die Uhr von der Polizei bewacht. Der Steuerzahlerbund wirft Scholz mangelnde Verhältnismäßigkeit im Umgang mit öffentlichen Geldern vor – und fordert Transparenz.
So wie Marlene Dietrich einst „Ich habe noch einen Koffer in Berlin“ sang, geht es Altkanzler Olaf Scholz nun genauso über Hamburg. In der Elbmetropole, wo der Sozialdemokrat einst zur Schule ging, Jura studierte und schließlich Bürgermeister war, unterhält er auch heute noch eine zweite Heimat – auch wenn er seit Jahren im brandenburgischen Potsdam lebt. Das Problem? „Während viele Hamburger monatelang nach einer bezahlbaren Wohnung suchen, wird in Altona eine selten genutzte Wohnung rund um die Uhr von der Polizei bewacht – finanziert aus Steuermitteln“, sagt der Vorsitzende des Steuerzahlerbundes Hamburg, Sascha Mummenhoff.
Scholz‘ Zweitwohnsitz steht sinnbildlich für ein größeres Problem: mangelnde Transparenz und mangelnde Verhältnismäßigkeit im Umgang mit öffentlichen Geldern. Mummenhoff betont: „Ein Sicherheitscontainer für mehr als 112.000 Euro, fast 29.000 Personalstunden im Jahr 2023 für den Objektschutz und nach NDR-Informationen jährliche Gesamtkosten von bis zu zwei Millionen Euro.“ Es handelt sich dabei um enorme Summen, deren Notwendigkeit und Umfang bislang nicht nachvollziehbar dargelegt werden konnten.
„Sicherheit ja, aber in Maßen. Dabei geht es nicht darum, die Risikolage herunterzuspielen, sondern deutlich zu machen, wofür öffentliche Gelder verwendet werden und welche Prioritäten gelten“, heißt es beim Bund der Steuerzahler. Wie der NDR dieser Tage berichtete, was auffällt, wenn Scholz in Altona ist: Absperrungen, schwarze Limousinen, blaue Lichter. Das sei aber extrem selten geworden, sagen die Nachbarn. Ob der Altkanzler die Wohnung aufgeben will, wollte sein Büro auf NDR-Anfrage nicht beantworten. Die Wohnung wird jedoch regelmäßig genutzt.
Dennoch wächst die Kritik. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) beklagt, dass ein derart hoher Aufwand für eine weitgehend leerstehende Wohnung inakzeptabel sei. „Leider zahlt der Steuerzahler in Hamburg die Sicherheit und nicht das BKA oder der Bund, obwohl er Bundeskanzler war“, sagt der Vorsitzende der DPolG in Hamburg, Thomas Jungfer. Eigentlich müsste es so sein, dass das Land Hamburg dem Bund oder dem BKA oder wem auch immer auf Bundesebene eine Rechnung stellt, „damit wir die Personalkosten entsprechend erstattet bekommen.“ Nach Angaben der Innenbehörde gibt es dafür jedoch keine gesetzliche Grundlage.
Wenn der Staat die Sicherheit seiner Spitzenpolitiker organisiert, ist das aus Sicht des Steuerzahlerbundes eine Selbstverständlichkeit. Niemand möchte, dass Leib und Leben gefährdet werden. „Das eigentliche Problem ist hier nicht das Sicherheitsbedürfnis, sondern die mangelnde Transparenz. Der Aufwand und die Kosten werden öffentlich kaum in Frage gestellt“, sagte Landesvorsitzender Mummenhoff. Er fügt hinzu: „Vielleicht ist es gar nicht so schlimm. Aber um es beurteilen zu können, braucht es Fakten. Genau diese Offenheit fehlt.“
„Es geht auch um Moral und Integrität“
Ähnlich verhält es sich nach Angaben des Steuerzahlerbundes auch bei anderen Kostenthemen, etwa bei Polizeieinsätzen bei Hochrisikospielen. Auch dort mauert die Hamburger Innenbehörde trotz zahlreicher Anfragen nach konkreten Zahlen. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts dürfen die Länder Profifußballvereinen die Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen in Rechnung stellen. Davon hat Hamburg bislang abgesehen.
Laut Mummenhoff geht es in der zweiten Heimat von Olaf Scholz nicht nur um Geld, sondern auch um Moral und Integrität. „Wie erklärt man Hamburgern, die verzweifelt eine Wohnung suchen, dass eine Wohnung in Altona dauerhaft bewacht wird, obwohl sie nur selten genutzt wird? Und wie soll man vermitteln, dass dort rund um die Uhr Polizisten im Einsatz sind? Kräfte, die auch an anderen Brennpunkten der Stadt dringend benötigt werden könnten?“
Es ist auch nicht das erste Mal, dass der Name Scholz mit großzügigen staatlichen Zuwendungen in Verbindung gebracht wird. Wie die Mitgliederzeitschrift des Steuerzahlerbundes kürzlich berichtete (Ausgabe 7/8-2025), verfügt Scholz als Altkanzler und zugleich Bundestagsabgeordneter über elf Büros im Bundestag inklusive Personal und Ausstattung. „Auch hier summieren sich Privilegien statt sinnvoll koordiniert zu werden. Allein als Abgeordneter stehen Scholz drei Ämter zur Verfügung, darunter ein Mitarbeiterbudget von mehr als 300.000 Euro pro Jahr“, rechnet Mummenhoff vor. Scholz war von Dezember 2021 bis Mai 2025 der neunte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.
Dem Bund der Steuerzahler zufolge gehe es dabei „nicht um Neid, sondern um Prinzipien“. Wer öffentliche Verantwortung trage, müsse besonders vorsichtig mit Steuergeldern umgehen und mit gutem Beispiel vorangehen, sagte Mummenhoff. Sicherheit soll nicht zum Kostenthema werden, Verschwendung aber auch nicht zur Routine werden.