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Rückzieher: Nickelodeon-Übernahme durch Super RTL geplatzt

Rückzieher: Nickelodeon-Übernahme durch Super RTL geplatzt

Thomas Rabe und die Wettbewerbshüter dürften wohl nicht wieder Freunde werden. Nachdem die Regulatoren in den vergangenen Jahren diverse europäische Fusionspläne des Bertelsmann- und RTL-Group-Chefs vereitelten, ist nun auch die geplante Übernahme von Nickelodeon durch Super RTL vom Tisch. Wie nun bekannt wurde, hat RTL den entsprechenden Antrag zurückgezogen, weil das Bundeskartellamt der Kölner Sendergruppe und dem Nickelodeon-Eigentümer Paramount signalisiert hatte, die Fusion untersagen zu wollen.


Besondere Sorge bereitet dem Bundeskartellamt die Marktmacht von Super RTL im Bereich der TV-Werbung für Kinder, die mit der Nickelodeon-Übernahme sicherlich noch zugenommen hätte. „Dieser Werbemarkt weist nach den Ermittlungen so deutliche Charakteristika auf, dass er von sonstiger Werbung abgegrenzt werden muss“, sagte Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt. „Es gibt nur eine sehr begrenzte Zahl von Unternehmen, die speziell auf Kinder ausgerichtete Werbeflächen anbieten, allen voran RTL mit seinem einschlägigen TV-Programm. Beim öffentlich-rechtlichen Sender Kika gibt es dagegen keine Werbung.“

Der Blick des Bundeskartellamts ist allerdings sehr eingeschränkt, denn schon heute buhlen in der digitalen Welt weitaus mehr Plattformen und Angebote um die Gunst der jungen Mediennutzer. „Auch eine Entscheidung des Bundeskartellamts zur TV-Branche wird erneut eine Grundsatzentscheidung darüber sein, ob das Internet nun relevant ist“, stellte DWDL.de im Frühjahr nach Bekanntwerden der Übernahmepläne fest. Nun ist klar: Auch in diesem Fall misst das Bundeskartellamt dem Internet nur eine sehr geringe Bedeutung bei.

„Wir beobachten eine starke Abwanderung vom linearen Fernsehen, insbesondere bei Kindern“, räumte Mundt in seiner Stellungnahme vom Dienstag ein. „Streamingdienste, etwa von Netflix oder Amazon, spielen im Kinderwerbemarkt aktuell keine Rolle. Gleiches gilt für Social-Media-Dienste wie TikTok oder Snapchat, die sich in Aufbau und Gestaltung schon stark unterscheiden und aufgrund ihrer Altersgrenzen nicht auf Kinder ausgerichtet sind und daher auch keine speziell auf Kinder ausgerichteten Werbeflächen bieten.“

Enttäuschung bei Paramount und RTL

Michael Keidel
© Bernd Jaworek
Michael Keidel

Paramount teilt diese Einschätzung nicht. Man sei nach wie vor davon überzeugt, „dass sich die geplante Partnerschaft positiv auf die deutsche Medienlandschaft ausgewirkt hätte“, sagte Michael Keidel, Vice President Ad Sales, Affiliate & Streaming Partnerships in Northern, Central & Eastern Europe bei Paramount. Zugleich erklärte er gegenüber DWDL.de, der Fokus seines Unternehmens liege nun auch weiterhin darauf, Kinder und Familien über die verschiedenen Nickelodeon-Angebote, den Streamingdienst Paramount+, das FAST-Angebot Pluto TV sowie über Kooperationen mit Partnern zu erreichen.

Klar ist: Nickelodeon tut sich seit Langem schwer, zumindest im klassischen Kinderfernsehmarkt, dessen Reichweite seit Jahren rasant sinkt. Mit rund sechs Prozent Marktanteil in der Kernzielgruppe liegt der Sender weit abgeschlagen hinter der Konkurrenz von Super RTL und Disney – einfacher wird die Vermarktung also sicher nicht, was zwangsläufig die Frage aufwirft, ob Paramount überhaupt ein Interesse daran hat, Nickelodeon langfristig noch im deutschen Free-TV zu betreiben. Doch zumindest kurzfristig, so viel ist klar, wird sich daran erst einmal nichts ändern.


© RTL / Boris Breuer

Doch auch in Köln hätte man sich einen anderen Ausgang gewünscht. „Wir bedauern sehr, dass wir die Partnerschaft mit Nickelodeon und Paramount nicht ausbauen können“, sagte Oliver Schablitzki, Geschäftsführer von Super RTL, gegenüber DWDL.de. „Mit unserer Idee hätten wir ein breiteres, vielfältigeres Angebot für Kinder in einem sicheren, medienregulierten TV-Umfeld geschaffen. Und natürlich wäre für Werbetreibende ein zusätzliches, attraktives und reichweitenstarkes Umfeld entstanden. Aber das junge Publikum kann sicher sein, dass wir mit der Marke Toggo auch weiterhin über alle relevanten Kanäle und Plattformen hinweg Kinderunterhaltung in höchster Qualität bieten werden.“

Noch immer keine Entscheidung im Kartelldeal

Dass es in diesen Tagen relativ leise um RTLs Kritik am Kartellamt geworden ist, dürfte auch mit einem anderen, noch wichtigeren Fall zusammenhängen, den die Wettbewerbsbehörde seit mehr als einem Jahr prüft: der Übernahme des RTLzwei-Vermarkters El Cartel Media durch die Ad Alliance von RTL Deutschland. Eine Entscheidung steht noch aus, doch die Zeit läuft. Sollte in den nächsten Wochen keine Klarheit herrschen, wird El Cartel aller Voraussicht nach auch im kommenden Jahr für die Vermarktung von RTLzwei verantwortlich sein – sehr zum Missfallen des Kölner Konzerns. Hintergrund ist, dass ein solcher Wechsel des Werbevermarkters einen gewissen Vorlauf benötigt und ein unterjähriger Wechsel „aus verschiedenen Gründen nicht praktikabel“ sei, wie es bereits Ende letzten Jahres hieß.


Das Ende des Nickelodeon-Deals dürfte daher bei Thomas Rabes Führungsriege – insbesondere im Hinblick auf das noch anstehende Kartellverfahren – kaum für Optimismus sorgen, auch wenn dieser Fall natürlich anders liegt.

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