Stand: 10. November 2025 15:16 Uhr
Eigentlich sollte sie in die Türkei abgeschoben werden, doch die Behörden in Rotenburg (Wümme) setzten eine Uigurin in ein Flugzeug nach China. Das berichtet „Der Spiegel“. Der Flüchtlingsrat fordert Konsequenzen.
Die Frau sei ihrer Tochter im September 2024 nach Deutschland gefolgt und habe hier Asyl beantragt, schreibt das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. 2017 verließen die beiden Frauen ihre Heimat Xinjiang im Westen Chinas, wo die überwiegend muslimische Minderheit der Uiguren seit Jahren systematisch verfolgt und unter anderem in Umerziehungslagern festgehalten wird. Bis 2019 lebten die Frauen in der Türkei, dann reiste die Tochter nach Deutschland und erhielt hier Flüchtlingsschutz, so „Der Spiegel“.
Bamf ordnet Abschiebung in die Türkei an
Dem Bericht zufolge erließ das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration (Bamf) im Fall der Mutter einen sogenannten „Drittstaatenbescheid“, weil sie bereits in der Türkei die türkische Staatsbürgerschaft beantragt hatte. Dem Magazin zufolge habe das Bamf bei der Ablehnung des Asylantrags der Frau ausdrücklich die Türkei als Zielland festgelegt – „ansonsten wäre nach Angaben der Behörden bei einer drohenden Abschiebung nach China zuvor der Schutzstatus zuerkannt worden.“
Bezirk: Kein Nachweis der türkischen Staatsbürgerschaft
Laut „Spiegel“ erhielt die betroffene Person im Sommer einen Brief der Ausländerbehörde in Rotenburg, in dem es hieß, sie werde im Falle einer Abschiebung nach China gebracht. Die Frau gab an, die türkische Staatsbürgerschaft zu besitzen, sagte eine Sprecherin des Landkreises dem NDR Niedersachsen. Die Frau konnte jedoch keine relevanten Dokumente vorlegen, sondern lediglich ihren chinesischen Pass. Sie habe den Ausweisungsbescheid bereits vor Monaten erhalten, darauf aber weder reagiert noch dagegen protestiert, sagte die Kreissprecherin.
„Vorgaben des Bamf konsequent umgesetzt“
Die Sprecherin betonte, dass für die Abschiebung nicht der Landkreis, sondern das Bamf und die Landesaufnahmebehörde zuständig seien. Der Bezirk sagte dem „Spiegel“, dass das Bamf in seinem Beschluss die Abschiebung nach China nicht verboten habe. Die Ausländerbehörde habe daher „die Vorgaben des Bamf strikt umgesetzt“, zitiert das Magazin eine Sprecherin.
Innenminister Behrens: „Bedauerlicher Fall“
Die Frau kam vor einigen Tagen über einen Umweg und mit Hilfe ihrer Tochter nach Istanbul, die nach der Landung ihrer Mutter in Peking kurzerhand einen Flug nach Dubai für sie organisierte. Auf Nachfrage des „Spiegel“ erklärte das niedersächsische Innenministerium, es sei nicht über die Abschiebung informiert worden. Innenministerin Daniela Behrens (SPD) zeigte sich laut „Spiegel“ „froh, dass es dem Betroffenen den Umständen entsprechend offenbar gut geht“ und sprach von einem „bedauerlichen Fall“.
Flüchtlingsrat fordert Lehren aus dem Fall
Der Niedersächsische Flüchtlingsrat fordert nun Konsequenzen. Künftig sollen die Einwanderungsbehörden Betroffene wie Uigiurin regelmäßig darüber informieren, dass eine Abschiebung in ein anderes Land in Erwägung gezogen wird. Darüber hinaus soll den Betroffenen die Möglichkeit gegeben werden, dem Bamf vorab mögliche Verfolgungsgründe und Hindernisse vorzulegen, die einer solchen Abschiebung entgegenstehen könnten, wie der Flüchtlingsrat am Montag mitteilte. In vielen Fällen schiebe die Ausländerbehörde Flüchtlinge in Länder ab, die das Bamf nie auf mögliche Abschiebungshindernisse überprüft habe, so der Flüchtlingsrat.




