
Stand: 06.12.2024 12:40 Uhr
Der AfD-Bundestagskandidat Robert Schnell hat seine Partei möglicherweise belogen. Er machte offenbar falsche Angaben zu seinen finanziellen Verhältnissen und verschwieg, dass er hoch verschuldet sei.
Vor knapp zwei Wochen auf dem AfD-Landesparteitag in Neubrandenburg: Robert Schnell kandidiert für den AfD-Listenplatz 6 bei der kommenden Bundestagswahl. Wie alle anderen Kandidaten vor ihm fragte ihn das Konferenzkomitee, ob er in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe. Die Basis will wissen, ob Kandidaten für politische Ämter ihre Finanzen im Griff haben. Auf die Fragen und Antworten vom Schreibtisch ist Schnell vorbereitet: „Ich habe einen Job und kann meinen laufenden Verpflichtungen nachkommen. Ja.“
Schnell meldete Privatinsolvenz an
Mit dieser Aussage hat der 37-Jährige die Wahrheit deutlich verfehlt. Drei Tage nach dem Parteitag veröffentlichte das Landgericht Neubrandenburg einen Insolvenzbescheid mit dem Aktenzeichen 702 IN 558/23. Damit wird deutlich, dass gegen Schnell ein Privatinsolvenzverfahren läuft und er deutlich rote Zahlen schreibt. Gläubiger fordern von ihm insgesamt 235.656,01 Euro. Dem steht ein Massenbestand von 899,26 Euro gegenüber. Das bedeutet auch, dass Schnell offenbar pleite ist.
Der Landesvorstand will sich mit dem Fall befassen
Dem Parteitag habe er davon nichts erzählt. Auf NDR-Anfrage zeigte sich Landesvorsitzender Leif-Erik Holm erstaunt über den Fall. Er sagte, die Angelegenheit würde den Landesvorstand beschäftigen. Es trifft sich am kommenden Montag. Einen Grund für weitere Konsequenzen sieht Holm vorerst wohl nicht. Andere in der Partei fühlen sich von Schnell betrogen und zweifeln an seiner Glaubwürdigkeit. Auch der ehemalige Landtagsabgeordnete Christoph Grimm trat bei der Wahl für den sechsten Listenplatz an. Am Ende verlor er schnell im Duell.
Schnell will sich nicht äußern
Grimm sieht sich getäuscht. Er sagte, Schnell habe ihn nicht über den Stand seiner finanziellen Verhältnisse informiert. Auf Nachfrage erklärte Grimm, dass er kaum Erfolgsaussichten darin sehe, bei der Wahl anzutreten. Schnell selbst wollte sich auf NDR-Anfrage nicht zu dem Fall äußern. In einem Telefonat zeigte er sich unzufrieden und wütend. Als Ausgangspunkt für journalistische Ermittlungen vermutete der Neubrandenburger parteiinterne Intrigen und Bestechung. Allerdings räumte Schnell ein, dass die Insolvenzankündigungen auch in seinem Fall öffentlich seien.
Gläubiger können weitere Forderungen geltend machen
Es bleibt unklar, wie Schnell in der Vergangenheit einen Schuldenberg von mehr als 200.000 Euro anhäufen konnte. Eine Restschuldbefreiung ist noch nicht erfolgt – Gläubiger können noch bis Ende Januar weitere Forderungen anmelden. Der AfD-Mann ist ein professioneller Kommunalpolitiker: Schnell ist Vorsitzender der AfD-Fraktion im Kreistag Mecklenburgische Seenplatte, er ist Stadtvertreter in Neubrandenburg und dort auf Kosten des Steuerzahlers als Fraktionsgeschäftsführer angestellt. 2016 gründete er den Landesverband der Jugendorganisation Junge Alternative (JA). Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft ihn als Rechtsextremisten ein. Schnell hatte in der Vergangenheit wegen dubioser Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit Internetbetrug Schlagzeilen gemacht und Ärger mit der Justiz gehabt.
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