Reist Scholz nach Belgrad?
Serbien ebnet den Weg für den Lithiumabbau
16.07.2024, 22:18
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Serbien vergibt die Lizenz für die größte Lithium-Mine Europas. Der Rohstoff ist wichtig für die Elektromobilität, Serbien könnte zum bedeutendsten Produzenten des Kontinents werden. Der zu hebende Schatz weckt offenbar Begehrlichkeiten.
Die serbische Regierung hat den Weg für den Lithiumabbau im Jadar-Tal frei gemacht. Dies geschah nach jahrelangen Protesten von Umweltaktivisten. Damit steigen auch die Chancen für serbische Lithiumlieferungen in die EU. Der Bergbaukonzern Rio Tinto hat eine zwischenzeitlich entzogene Lizenz für die größte Lithiummine Europas erhalten. Belgrad folgte damit einem wenige Tage zuvor gefällten Urteil des serbischen Verfassungsgerichts.
Dies könnte die Versorgung der Autobauer in Europa für die Produktion von Elektroautos ankurbeln. Lithium wird vor allem für den Bau der Batterien benötigt. Ein serbischer TV-Sender berichtete, Bundeskanzler Olaf Scholz könne bereits am Freitag nach Belgrad reisen. Die deutsche Regierung wollte das auf Anfrage nicht bestätigen.
Die europäische Industrie sucht seit Jahren weltweit nach Lithium-Lieferanten und steht dabei in hartem Wettbewerb mit China, das im Bereich Elektroautos mittlerweile führend ist. Chinesische Unternehmen haben sich in vielen Ländern Lithium-Minen und -Verarbeitungsanlagen gesichert. Auch Chinas Präsident Xi Jinping machte auf seiner Europareise Halt in Serbien. Weil die Batterietechnologie von der EU und Deutschland inzwischen jedoch als strategisch wichtiges Gebiet eingestuft wird, streben europäische Hersteller und Regierungen danach, unabhängiger von China zu werden.
Drängt Scholz auf eine strategische Partnerschaft mit Serbien?
Der serbische Privatsender N1 TV berichtete, Bundeskanzler Scholz und EU-Vizepräsident Maros Sefcovic würden am 19. Juli nach Belgrad reisen. Dort sollen sie eine Absichtserklärung zwischen der EU und Serbien unterzeichnen, die eine strategische Partnerschaft zu nachhaltigen Rohstoffen, Lieferketten für die Batterieproduktion und Elektrofahrzeugen einleiten soll.
Der geplante Lithiumabbau hat in Serbien für Kontroversen gesorgt, weil Umweltschützer Rio Tinto massive potenzielle Umweltschäden vorwarfen. Rio Tinto hatte seine Pläne aufgrund der Proteste deutlich überarbeitet. Vor wenigen Tagen hatte ein serbisches Gerichtsurteil die Entscheidung der serbischen Regierung aus dem Jahr 2022 aufgehoben, Rio wegen fehlender Umweltschutzmaßnahmen die Lizenz zu entziehen. Rio begrüßte die Entscheidung und teilte mit, das Projekt werde strengen Umweltauflagen unterliegen, darunter einer „umfassenden Phase“ rechtlicher, ökologischer und genehmigungsrechtlicher Verfahren sowie öffentlicher Konsultationen vor der Umsetzung.
Das 2,4 Milliarden Dollar teure Lithiumprojekt Jadar im Westen Serbiens könnte 90 Prozent des derzeitigen europäischen Lithiumbedarfs decken und das Unternehmen zu einem führenden Produzenten des Rohstoffs machen. Serbische Umweltschützer kritisierten, dass der Lithiumabbau dennoch massive Schäden verursachen würde und forderten Deutschland auf, stattdessen heimische Quellen zu nutzen. Serbiens Bergbau- und Energieministerin Dubravka Djedovic Handanovic sagte der Nachrichtenagentur Tanjug jedoch, das Jadar-Projekt bedeute „die Zukunft der wirtschaftlichen Positionierung Serbiens in Europa“.
Tatsächlich gibt es in Deutschland Lithiumvorkommen, allerdings in kleinerem Maßstab. Am vergangenen Freitag gab die Firma Zinnwald Lithium GmbH bekannt, ihre geplante Produktion in einer Mine in Sachsen von 12.000 Tonnen pro Jahr auf bis zu 18.000 Tonnen steigern zu wollen. Im Februar hatte sie mitgeteilt, die Lithiumvorkommen bei Zinnwald seien deutlich größer als ursprünglich erwartet. Mit einem Abbau soll allerdings frühestens 2028 gerechnet werden. Auch die Gewinnung von Lithium im Oberrheingraben mittels Tiefengeothermie wird geprüft.