Regierungskrise in Frankreich
Nationalversammlung lehnt Vermögenssteuer ab
1. November 2025, 01:49 Uhr
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Der Haushaltsstreit in Frankreich geht in die nächste Runde: Die Linke macht ihre Zustimmung zu einem Sparpaket von der Einführung einer Vermögensteuer abhängig. Dieses Gesetz erhält jedoch keine Mehrheit in der Nationalversammlung.
Die französische Nationalversammlung hat einen vom linken Lager vorgeschlagenen Entwurf zur Einführung einer Vermögensteuer abgelehnt. Am Abend stimmten 228 Abgeordnete im französischen Unterhaus gegen die Einführung und 172 dafür. Letzte Woche drohten die Sozialisten mit einem Sturz der Regierung, wenn der Haushaltsentwurf keine Steuer auf Vermögenswerte über 100 Millionen Euro vorsehe. Es bleibt daher fraglich, ob die Regierung von Premierminister Sébastien Lecornu die nötige Mehrheit im Parlament für den Haushalt des kommenden Jahres erhält.
Die sogenannte Zucman-Steuer, benannt nach dem Ökonomen Gabriel Zucman, hätte einen Steuersatz von mindestens zwei Prozent auf Vermögenswerte im dreistelligen Millionenbereich vorgesehen. Nach Zucmans Berechnungen könnte der französische Staat jährlich bis zu 20 Milliarden Euro aus der Steuer einsammeln; Ihm zufolge wären nur 1.800 Haushalte in ganz Frankreich betroffen.
Sowohl die Regierung als auch die oppositionelle rechte Rassemblement National lehnen die Steuer ab und verweisen darauf, dass sie sich auf Unternehmensvermögen auswirken würde. Nach ihrer Darstellung hätte dies negative Auswirkungen auf den Standort Frankreich und würde zu Arbeitsplatzverlusten führen. Die Nationalversammlung lehnte auch eine schwächere Version der Zucman-Steuer ab, die Familienunternehmen und als „innovativ“ eingestufte Unternehmen ausgeschlossen hätte.
Linke: Keine Angst vor Neuwahlen
Nach dem Scheitern der Zucman-Steuer sagte der Vorsitzende der Sozialdemokraten Olivier Faure, dass es „keine Möglichkeit“ gebe, über den Haushaltsentwurf in seiner jetzigen Form abzustimmen. Faure sprach sich zudem dafür aus, die 2017 abgeschaffte ISF-Vermögenssteuer auf Vermögenswerte von mindestens 1,3 Millionen Euro wieder einzuführen.
Gleichzeitig forderte er Ministerpräsident Lecornu und die Abgeordneten auf, weiterhin nach einem Kompromiss zu suchen – andernfalls drohten ein Misstrauensvotum und das Risiko von Neuwahlen. Angst vor Neuwahlen hat im linken Lager niemand. Lecornu selbst betonte seine Ablehnung des Vorschlags für eine Vermögenssteuer und sagte, dass es keine „Wundersteuer“ gebe.
Rentenreform ausgesetzt
Anfang des Monats setzte Lecornu die lange umkämpfte und bereits verabschiedete Rentenreform aus und sorgte damit dafür, dass die sozialistischen Abgeordneten nicht in den Misstrauensanträgen der Links- und Rechtspopulisten gegen die Regierung in der Nationalversammlung stimmten.
Mitte Oktober stellte Lecornu seinen Haushaltsentwurf für 2026 vor, der eine Reduzierung des Haushaltsdefizits auf 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vorsieht. Um dies zu erreichen, plant die Regierung Einsparungen von 17 Milliarden Euro und Mehreinnahmen von 14 Milliarden Euro. In diesem Jahr wird mit einer Neuverschuldung von 5,4 Prozent gerechnet. Tatsächlich liegt die Defizitgrenze in der EU bei drei Prozent des BIP.
Die Ratingagenturen Fitch und S&P hatten in den vergangenen Wochen die Kreditwürdigkeit Frankreichs aufgrund der Finanzlage und der bestehenden politischen Instabilität herabgestuft.
