Ryetin. Sven Rathjens geht durch die Schleuse und betritt die Traglufthalle. Seine Augen leuchten. Auf den neu errichteten Tennisplätzen herrscht reger Trainingsbetrieb. Innerhalb von vier Tagen wurde ein Teppich mit Keramiksand auf die Betonplätze aufgetragen. „Das ist eine wirklich tolle Veränderung im Vergleich zu früher. „Es spielt sich wie auf Sand und ist sehr pflegeleicht“, schwärmt Rathjens.
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Der 56-jährige Jurist hat das 2017 eröffnete Tenniszentrum in Roggentin übernommen. „Das ist eine spannende Sache“, sagt Rathjens, der auf dem 5.000 Quadratmeter großen Areal vor den Toren Rostocks etwas Einzigartiges plant. So soll der erste Paddle-Platz in Mecklenburg-Vorpommern entstehen. Das 186 Quadratmeter große Dachgeschoss des Clubhauses wird ausgebaut. Rathjens, der durch spektakuläre Klagen in der Rockerszene bekannt geworden ist, kündigt an, mit seiner Anwaltskanzlei hier einzuziehen. Die Terrasse ist überdacht.
Die Hartplätze werden künftig mit Flutlicht ausgestattet sein
Die beiden Hartplätze vor der Halle sind renovierungsbedürftig. Die Risse werden geschlossen, die Spielfelder erhalten einen neuen Rebound-Ace-Belag und werden künftig mit Flutlicht beleuchtet.
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Der Beachvolleyballplatz wird durch einen dritten Hartplatz ersetzt. Ideal sei Hartplatz, sagt Rathjens. „Das Sprungverhalten der Bälle ist ideal für das Training. Die Kinder kommen damit super zurecht.“
Talente des Fördervereins trainieren in zwei Gruppen
Roggentin ist die neue Heimat des 2020 gegründeten Tennisförderverbandes Mecklenburg-Vorpommern (FTMV). Cheftrainer ist Matti Freitag (20), der im vergangenen Jahr Landesmeister wurde. Unterstützt wird er von Antonius Überschär, einem weiteren ambitionierten Major-League-Spieler. Das Duo trainiert 28 Talente in zwei Leistungsgruppen – teilweise vier bis fünf Stunden am Tag. Der Jüngste ist acht, der Älteste 18. Rathjens Sohn Connor (14) ist einer von ihnen.
Vor sechseinhalb Jahren stieß sein Kollege beim Stöbern in einer „Schatzkiste“ auf die Tennisgeschichte seiner Familie. Er habe die Schläger, Trophäen und Bilder seines Vaters und Großvaters gefunden, sagt Rathjens, der als hoffnungsvoller Teenager Mitte der 1980er Jahre in die USA zog. Er wurde Highschool-Meister im US-Bundesstaat Wisconsin, bevor er seine Liebe zum American Football entdeckte.
Ein Wohnmobil, um Hotelkosten zu sparen
Die Geschichten weckten Connors Interesse. Das Feuer wurde im ersten Probetraining entfacht. Da Vater und Sohn mittlerweile regelmäßig zu Turnieren fahren, kaufte Rathjens ein Wohnmobil, um Hotelkosten zu sparen. Mehrmals besuchten sie die Tennisakademie von Connors Idol Rafael Nadal auf Mallorca. „Ich bin Chauffeur, Koch und Finanzier“, sagt das Familienoberhaupt und grinst.
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Die Bemühungen waren nicht umsonst. Connor, ein Linkshänder, wurde mehrfacher Bundesmeister und erhielt eine Einladung des Deutschen Tennis Bundes zu einem Screening-Lehrgang in Hannover. „Als einer von bundesweit 28 Jungen“, sagt der Papa stolz.
Sven Rathjens weiß: Nur für uns selbst kann der Traum von einer Profikarriere wahr werden. „Es gibt so viele verdammt gute Tennisspieler auf der Welt.“ Dennoch ist der Anwalt überzeugt: „Auch ein Kind, das nicht den großen Sprung schafft, wird vom Tennis profitieren.“ Hier lernt man, wie man fällt und wieder aufsteht. Tennis wird im Kopf gewonnen. Wenn man diese harte Schule durchläuft, erhält man viel fürs Leben.“
Tennis als Leistungssport sei „lächerlich teurer“, sagt Rathjens. Der Förderverein verfügt über ein Budget von 30.000 Euro. Mit diesem Geld werden Schulungen organisiert und Trainer und Plätze bezahlt. „Aber es ist bei weitem nicht genug. Ohne Material- und Reisekosten kommt man schnell auf 2.000 Euro im Monat.“
Der Förderverein arbeitet mit mehreren Tennisvereinen zusammen
Der Förderverein kooperiert mit dem TV Blau-Weiß Warnemünde, dem TV Nordwest Rostock und der Einrichtung in Fleesensee. „Aber die Kapazität reichte nicht aus. „So entstand die Idee eines eigenen Leistungszentrums“, sagt Rathjens, der sich auch als Bürgermeister von Pölchow engagiert.
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Wie hoch sein Investment in Roggentin ausfällt, verrät der in Neumünster geborene Strafverteidiger nicht – es dürfte bei knapp über einer Million Euro liegen. Er spricht lieber über seine Visionen.
Roggentin steht jedem Tennisspieler offen. Plätze seien online buchbar, sagt Rathjens, der gerne Tennis-Europe- oder ITF-Junior-Turniere veranstalten würde, aber auch Late-Night-Events für alle „mit Tennis, leckerem Essen und Trinken“. „Wir haben hier alle Möglichkeiten.“
Hoffnung auf ostdeutsche Trainerlegende
Die ostdeutsche Trainerlegende Ralf Steinbach (72) und seine Tochter Lydia (44, ehemalige Nummer 262 der Welt) führten am Reformationstag einen Trainingskurs für die Kinder durch. Rathjens hofft, dass Steinbach, der in Halle an der Saale lebt, im Januar endgültig an die Küste zieht. „Das wäre ein großer Gewinn für die Tennisszene in Mecklenburg-Vorpommern.“
Angenehmer Nebeneffekt: Rathjens, dessen Tochter Stella (10) sich nach langer Pause wieder für Tennis interessiert, müsste sich um die Karriere seines Sohnes weniger Sorgen machen. „Ralf und Matti wären dann für Planung, Kurse und Turniere zuständig.“
OZ
https://www.ostsee-zeitung.de/sport/regional/rostock-anwalt-sven-rathjens-uebernimmt-tenniszentrum-in-roggentin-HPF7DOERRRHNNESHWFED2AZADY.html