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Rechtes Bündnis in Tschechien unterzeichnet Koalitionsvertrag

Stand: 3. November 2025 20:21 Uhr

Einen Monat nach der Parlamentswahl in Tschechien hat der EU-kritische Milliardär Babis einen Koalitionsvertrag mit rechten Verbündeten unterzeichnet. Sie lehnen Hilfen für die Ukraine ebenso ab wie Klimaschutz.

Zur Eröffnung wird wie immer die tschechische Nationalhymne gespielt. Doch dann ist in der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments etwas anders: 92 von 200 Abgeordneten leisten erstmals den Amtseid. Es gibt mehr Menschen unter 30 als je zuvor und etwa ein Drittel davon sind Frauen – das ist für tschechische Verhältnisse viel. Dafür sorgten nicht die Parteien, sondern das Wahlrecht. Es ermöglicht die Vergabe von Vorzugsstimmen.

Die meisten Direktstimmen erhielt jedoch der 71-jährige Abgeordnete Andrej Babis. Der Ex-Ministerpräsident gewann mit seiner rechtspopulistischen ANO insgesamt fast 35 Prozent. Nach vier Jahren Opposition steht er vor einem Comeback.

Machtwechsel als gemeinsames Ziel

Vor der Landtagssitzung stellte der Parteigründer seinen Koalitionsvertrag mit zwei kleineren Partnern vor: den Klimagegnern – sie sind ebenfalls Neulinge im Parlament – ​​und mit der rechten Partei für Freiheit und direkte Demokratie, kurz SPD. Sie wollte die EU und die NATO verlassen. Davon ist keine Rede mehr, Volksabstimmungen sollen aber möglich sein.

„Unser gemeinsames Ziel war es, das derzeitige Kabinett zu ersetzen“, sagt Babis. „Das hat uns geeint, auch wenn es natürlich einige Differenzen gab. Aber das Wichtigste ist, dass wir uns geeinigt haben.“

Kritiker warnen „Haushalts-Armageddon“

Babis verspricht mehr Geld für die eigene Bevölkerung: niedrigere Energiepreise und die Wiedereinführung von Renten ab 65 Jahren. Der sehr reiche Agraroligarch will die Steuern senken und stattdessen härter gegen Steuerbetrug vorgehen.

Die scheidende Mitte-Rechts-Regierung ist entsetzt. „Es wird ein Haushalts-Armageddon geben“, warnt der Bürgerdemokrat Jan Skopecek. „Das wird das Staatsdefizit erhöhen und natürlich zu einer höheren Inflation führen.“

Keine Hilfe mehr für die Ukraine

EU-Kritiker Babis will die tschechische Munitionsinitiative für die Ukraine ebenso beenden wie andere Waffenlieferungen oder bilaterale Hilfe. Seine rechte Koalition lehnt den EU-Migrationspakt sowie das Ende von Verbrennungsmotoren und den Emissionshandel für Privathaushalte ab, was zu einem Rechtsstreit mit Brüssel führen könnte. Die Einführung des Euro sollte ausgeschlossen werden. Tschechien will enger mit seinen Nachbarländern Polen, Ungarn und der Slowakei zusammenarbeiten. Nichtregierungsorganisationen sollten Spender aus dem Ausland offenlegen müssen.

Babis will die Rundfunkgebühren abschaffen. Kritiker sehen dadurch die öffentlichen Medien in Gefahr, darunter auch die ehemalige EU-Kommissarin Vera Jourova, eine frühere Parteikollegin von Babis: „Ich denke, er wird sich zunächst auf die Wirtschaft und den Energiesektor konzentrieren und dann Veränderungen in der Medienlandschaft einleiten“, sagt sie. „Das macht mir Sorgen. Aber ich hoffe, dass die tschechische Gesellschaft nicht bereit ist, das zu akzeptieren.“

Rechtsextremist könnte dritthöchstes Amt übernehmen

Alle Minister sind an den Koalitionsvertrag gebunden, ebenso alle Abgeordneten der drei Parteien. Alle 108 haben es unterschrieben.

Einig ist auch, dass der rechte SPD-Chef Tomio Okamura Parlamentspräsident wird, also das dritthöchste Amt im Land übernimmt. Bisher machte der Anti-System-Politiker vor allem durch rassistische Hassreden auf sich aufmerksam. Um Abstimmungen hinauszuzögern, hielt er ständig Reden. Sein aktueller Rederekord liegt bei 11 Stunden und 44 Minuten. Die künftige Koalition will dieser Praxis ein Ende setzen und einen Vorschlag der abgewählten Regierung aufgreifen.

Die rechtsextreme Parlamentspräsidentin wäre auch für den Dialog mit Minderheiten und der Zivilgesellschaft zuständig und würde Tschechien im Ausland vertreten, kritisiert die Liberale Pavla Pivonka Vankova: „Das ist, als würde man aus der Ziege einen Gärtner machen.“

Die Ernennung durch Präsident Pavel steht noch aus

Auch die Ultrarechten sollen Zugang zum Verteidigungsministerium haben; Sie werden im Kabinett durch Experten und nicht durch Politiker vertreten. Die Autofahrer vertreten unter anderem den Umweltminister und den Außenminister. Ihr Spitzenkandidat ist Filip Turek, ein ehemaliger Rennfahrer und Sammler von Nazi-Erinnerungsstücken.

Allerdings hat der EU-freundliche Präsident, Ex-NATO-General Petr Pavel, Widerstand angekündigt, falls Einzelpersonen den Interessen der Tschechischen Republik schaden sollten. Er ernennt den Premierminister und alle Minister. Die Regierungsbildung könnte bis Mitte Dezember dauern.

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