Forschung zu Pflegebedingungen
Alloheim weist RTL-Vorwürfe zurück
17. Oktober 2025, 10:02 Uhr
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Niemand möchte in ein Pflegeheim gehen. Neue Recherchen des Wallraff-Teams in Alloheimer Pflegeeinrichtungen zeigen, warum. Das Unternehmen fühlt sich zu Unrecht an den Pranger gestellt.
Der Pflegeheimbetreiber Alloheim hat Vorwürfe zurückgewiesen, das Unternehmen habe monatelang zu wenig Personal in den Einrichtungen eingeplant und die Krankenkassen bei der Abrechnung getäuscht. Das legen Recherchen von RTL und „Stern“ in den Alloheimer Seniorenresidenzen nahe.
Der verdeckte Einsatz von Reportern in mehreren Alloheim-Einrichtungen, Gespräche mit Mitarbeitern und die Einsichtnahme in Unterlagen hatten ergeben, dass im Zeitraum von Januar 2024 bis einschließlich April 2025 in durchschnittlich 130 Heimen rund 430 Pflegekräfte an die Krankenkassen abgerechnet wurden, obwohl sie keinen Dienst hatten. Die gesamte Recherche „Team Wallraff – Reporter Undercover: Das miese Geschäft mit der Pflege“ ist jederzeit auf RTL+ verfügbar.
Tatsächlich seien „Hunderte mehr Vollzeitkräfte in der Pflege beschäftigt als gesetzlich vorgeschrieben“, sagt Alloheim. „Alloheim-Pflegekassen finanzieren nicht mehr Personalkosten, als wir ausgeben.“ Die Darstellungen in den Recherchen von RTL und Stern spiegelten „den tatsächlichen Personaleinsatz bei Alloheim nicht korrekt wider“. Das Unternehmen kündigte außerdem an, rechtliche Schritte einzuleiten.
„Grausame Pflegefehler“
Im Alloheim Neuss dokumentierte ein Reporter den Fall eines inkontinenten pflegebedürftigen Bewohners, der bei 30 Grad Außentemperatur offenbar eine Woche lang nicht gewaschen worden war. Pflegeexpertin Andrea Würtz bezeichnete dies in der Sendung als „grausamen Pflegefehler“. Alloheim schreibt: „Die Grundversorgung richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen und Wünschen der Bewohner.“ Der Mann hatte außerdem ein Druckgeschwür, ein Positionsgeschwür, am gesamten Gesäß; er starb kurz darauf im Krankenhaus. Alloheim schreibt: „Die Tatsache, dass Herr … einen großen, offenen, blutigen Dekubitus hatte, ist laut Alloheim nachweislich falsch.“
Im Alloheim Frankfurt Mainpark hatte ein Reporter den Eindruck, dass das Personal mehrere Tage lang nicht in der Lage war, dem Wunsch eines Anwohners nachzukommen, im Rollstuhl ans Fenster gebracht zu werden, anstatt in seinem Bett zu bleiben. Die Rechtsanwältin und Pflegerechtsexpertin Ulrike Kempchen befürchtet, dass sich dadurch der Allgemeinzustand des Mannes verschlechtern könnte. „Wenn ich jemanden im Bett lasse und sage, dass er da liegen muss, dann hat das natürlich Konsequenzen wie Unsicherheit und Muskelschwund. Und ich habe Anspruch auf eine Pflege, die meinen Bedürfnissen entspricht. Und wenn ich noch mobil bin und mich bewegen kann, dann kann dieses Bedürfnis tatsächlich gedeckt werden.“
Als sie mit dem Fall konfrontiert wurden, schrieb Alloheim, dass ihnen der Fall bekannt sei: „Nachdem dieser Umstand der Facility-Leitung gemeldet wurde, wurde sofort Abhilfe geschaffen. Darüber hinaus haben wir im konkreten Fall eine sogenannte Mitarbeiterbetreuung durchgeführt, um sicherzustellen, dass Mobilisierungspläne unter Berücksichtigung individueller Wünsche und körperlicher Verfassung konsequent aktualisiert und umgesetzt werden.“
Schock in den sozialen Medien
In den sozialen Medien reagierten die Menschen entsetzt. Ein Nutzer schrieb: „Wenn man sich heute das #Team Wallraff anschaut, möchte man auf keinen Fall pflegebedürftig werden. Der Menschlichkeit unwürdig!“ Ein anderer Nutzer kommentierte: „Es ist einfach traurig, wie mit alten Menschen umgegangen wird.“
Die Alloheim Senior Residences Gruppe mit Sitz in Düsseldorf ist der größte private Pflegeheimbetreiber in Deutschland: Sie betreibt bundesweit rund 300 Heime und verfügt über rund 24.000 Mitarbeiter und 28.000 Pflegeplätze. Seit Ende 2017 gehört es zum schwedischen Unternehmen Nordic Capital, einem Private-Equity-Unternehmen.