Magdeburg/MZ. – Hohe Verluste und ein sinkender Börsenwert führen offenbar dazu, dass der US-Chiphersteller Intel zum Übernahmekandidaten wird.
Der US-Halbleiterkonzern Qualcomm erwägt einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge den Kauf von Intel oder Teilen davon.
Reuters zitierte eine mit der Situation vertraute Person, die anonym bleiben wollte, mit den Worten, dass Qualcomm-Chef Cristiano Amon verschiedene Optionen für eine Übernahme prüfe. Die Gespräche mit Intel seien dem Bericht zufolge „in einem frühen Stadium“. Ein formelles Überangebot gebe es noch nicht. Zudem gebe es viele rechtliche Hürden. Beide Unternehmen hätten in einzelnen Segmenten eine starke Marktposition.
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Kartellbehörden stellen Hürden für Intel-Übernahme dar
Der Halbleiterhersteller Intel war über Jahrzehnte Branchenführer in den USA. Das Unternehmen entwickelt und produziert Prozessoren für PCs und Laptops. Diese Chips sind sozusagen das Gehirn elektronischer Geräte. Verpasst hat das Unternehmen allerdings die Entwicklung der derzeit stark nachgefragten Chips für Smartphones und für künstliche Intelligenz.
Da nach der Pandemie auch die Verkäufe von PCs und Laptops deutlich zurückgingen, steckt das Unternehmen nun in der Krise. Der Aktienkurs ist deshalb zuletzt deutlich gefallen. Aktuell liegt der Börsenwert bei 93 Milliarden US-Dollar (83 Milliarden Euro). Weltweit beschäftigt Intel rund 124.800 Mitarbeiter. Firmenchef Pat Gelsinger hatte Anfang August angekündigt, rund 15.000 Stellen abzubauen.
Der US-Halbleiterhersteller Qualcomm hingegen ist ein sogenannter Chipdesigner. Das Unternehmen hat eine führende Position bei der Entwicklung von Chips für Smartphones. Allerdings stellt es diese nicht selbst her, sondern lässt die Halbleiter beim Intel-Konkurrenten TSMC in Taiwan fertigen. Qualcomm machte im vergangenen Jahr mit 37.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 36 Milliarden US-Dollar.
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa
Laut Reuters-Bericht würde die Übernahme, sollte sie zustande kommen, wahrscheinlich die Aufmerksamkeit der Kartellbehörden in den USA, China und Europa auf sich ziehen. „Qualcomm muss möglicherweise Teile von Intel veräußern, um behördliche Genehmigungen zu erhalten“, heißt es.
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Es wäre eine der größten Übernahmen in der Technologiebranche seit Jahren. Offenbar soll der „Deal“ abgeschlossen werden, bevor ein möglicher US-Präsident Donald Trump die Fusion unter Berufung auf nationale Sicherheitsrisiken abblasen kann. Weder Intel noch Qualcomm haben sich zu einer möglichen Fusion geäußert. Da Reuters sich jedoch auf mehrere vertrauliche Quellen beruft, könnten die Pläne tatsächlich existieren.
Was eine Fusion für die geplanten Intel-Chipfabriken in Magdeburg bedeuten würde, ist unklar. Gelsinger hatte vor knapp einer Woche angekündigt, dass die 30 Milliarden Euro teure Investition um zwei Jahre verschoben werde. Wegen finanzieller Probleme treibt Intel vorerst nur den geplanten Bau von US-Chipfabriken voran. Die beiden Chipfabriken in Magdeburg liegen auf Eis. Die Landesregierung betont, dass dies keine Absage sei. Sie wolle nun mit Intel neue Pläne ausarbeiten.
Intel-Projekt ist wichtig für Europa
Laut Frank Bösenberg, Geschäftsführer des sächsischen Halbleiternetzwerks „Silicon Saxony“, ist die Ansiedlung für Europa von Bedeutung. „Es ist das bislang einzige europäische Projekt, das sogenannte Strukturgrößen von unter zehn Nanometern ermöglicht. Diese sehr kleinen Chips werden etwa für KI-Anwendungen benötigt“, sagte der Halbleiterexperte kürzlich im MZ-Interview. Diese kleinsten und modernsten Chips dürften auch für Qualcomm interessant sein.
Gelsinger will sie auch in Europa herstellen. Die deutsche Regierung wolle hierfür Fördermittel in Höhe von zehn Milliarden Euro bereitstellen.