Putin kämpft mit den schweren Verlusten im Ukraine-Krieg und scheint jede erdenkliche Unterstützung zu suchen. Es heißt, er habe sogar spirituelle Hilfe gesucht.
Moskau – Anfang September weilte der russische Präsident Wladimir Putin zu einem Staatsbesuch in der Mongolei. Es war eine Sensationsreise, denn das Land hätte Putin aufgrund eines internationalen Haftbefehls festnehmen sollen. Stattdessen empfing ihn in Ulan Bator der mongolische Staatschef Uchnaagiin Khürelsüch und eine Ehrengarde feierlich.
Offizieller Anlass seines Besuchs waren die Feierlichkeiten zum 85. Jahrestag des sowjetisch-mongolischen Sieges über die japanische Armee. Putin verbrachte zwei Tage in der Mongolei und kehrte dann nach Russland zurück. Aber war der russische Präsident wirklich nur zu den Feierlichkeiten in der Mongolei?
Der russische Journalist und Autor Mikhail Zygar hat eine spezielle Theorie über die Hintergründe des Besuchs aufgestellt. In einem SpiegelIn seiner Kolumne vom 14. September schrieb er: „Die von Quellen in der Nähe des Kremls diskutierte Version lautet: Der Grund sind die Schamanen“ – spirituelle Spezialisten der ethnischen Gruppen des sibirischen Kulturraums.
Putin ist für seine Mystik bekannt: Ein Bad im Blut junger Hirschgeweihe
Zygar betonte in Spiegeldass Putin für sein besonderes Verhältnis zur Mystik bekannt sei. Laut Zygars Quellen in der Nähe des Kremls verbringt der Präsident viel Zeit mit den sogenannten Ältesten aus dem Kloster Walaam, die im mittelalterlichen Russland von orthodoxen Mystikern besonders verehrt wurden. Erstmals mit Schamanen in Kontakt gekommen sein soll Putin durch Sergej Schoigu. Schoigu war in den vergangenen zwölf Jahren Verteidigungsminister und davor Minister für Notsituationen in Russland.
Putin und Schoigu haben eine enge Beziehung. Laut dem Pressedienst des Kremls sollen sie mehrmals gemeinsam in den Urlaub nach Tuwa gereist sein. Die berühmten Fotos, die Putin ohne Hemd auf einem Pferd reiten, stammen aus einem gemeinsamen Urlaub im Jahr 2009. Während dieser gemeinsamen Reisen sollen Schoigu und Putin an schamanistischen Ritualen teilgenommen haben, schreibt Zygar.
Zygar sagte weiter, Schoigu habe Putin angeblich vorgeschlagen, im Blut junger Hirschgeweihe zu baden. Nach heidnischen Traditionen werden diese jungen Geweihe abgesägt und aus ihrer Brühe ein Bad zubereitet, der außergewöhnliche Kräfte zugeschrieben werden. Schoigu verlor im Mai seinen Posten als Verteidigungsminister.
Schamane sagt Zukunft voraus: Atomkrieg als Folge des Ukraine-Krieges?
Eine Quelle aus dem Kreml berichtete Zygar zufolge, Putin habe sich vor Beginn der Invasion ausführlich mit verschiedenen Mystikern beraten. Alle hätten ihm einen militärischen Sieg zugesichert. Gerüchte in Moskau, so Zygar, besagen, Putin brauche für den Einsatz von Atomwaffen nun den Segen von Schamanen. Ohne deren Zustimmung, so wird angenommen, würde er diesen drastischen Schritt aus Angst vor dem Zorn der Geister nicht wagen. Zygar konnte diese Geschichte mit keinerlei Quellen belegen.
Russlands „oberster Schamane“, Kara-ool Dopchun-ool, hatte in einem Interview mit dem vom Kreml kontrollierten Medienunternehmen RIA Novosti im Jahr 2023 vorhergesagt, dass es als Folge des Ukraine-Krieges keinen Atomkrieg geben werde, berichtete Nachrichtenwoche damals. Dopchun-ool sagte auch, der Westen müsse verstehen, dass es „unmöglich“ sei, Russland zu besiegen. Er wies darauf hin, dass der derzeitige ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von der Macht entfernt werden müsse, damit Frieden erreicht werden könne. „Wir müssen den Krieg so schnell wie möglich beenden. Wir müssen nach einem Ausweg suchen“, sagte er.
Ukraine-Krieg: Russland erleidet schwere Verluste
Ob der Krieg so schnell zu Ende gehen wird, wie Dopchun-ool hofft, bleibt ungewiss. Seit Beginn der Invasion soll Russland über 600.000 Soldaten verloren haben, so die Wall Street Journal berichtete. Putin wolle zudem keine breite Mobilisierungswelle starten. Grund dafür seien die hohen politischen Kosten, die mit einer umfassenden Rekrutierung in der Gesellschaft verbunden seien, erklärte die Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) in einem Bericht.
In einer Zeit, in der Putins Regime zunehmend unter Druck gerät, könnte der russische Präsident die Unterstützung der Schamanen dringender denn je brauchen, um sich im Machtspiel zu behaupten – oder gar den Segen für den nächsten schicksalshaften Schritt zu erhalten. (lw)