Verdeckte Mobilisierung?
Putin vollzieht einen großen Strategiewechsel
Aktualisiert am 5. November 2025 – 16:46 UhrLesezeit: 2 Minuten
Russlands System zur Rekrutierung neuer Soldaten stößt offenbar an seine Grenzen. Dem will Kremlchef Putin mit einem neuen Gesetz entgegenwirken.
Nach massiven ukrainischen Drohnenangriffen auf russische Energieanlagen hat Kremlchef Wladimir Putin zwei neue Gesetze unterzeichnet. Die erste ermöglicht den Einsatz von Reservisten zum Schutz kritischer Infrastrukturen wie Ölraffinerien. Die zweite erweitert die Wehrpflicht: Künftig können Rekruten ganzjährig eingezogen werden – bisher war dies nur im Frühjahr und Herbst möglich.
Nach Angaben der Kyiv Post reagiert der Kreml auf Treibstoffknappheit und Rationierung in mehreren Regionen. Zuletzt waren mehrere Raffinerien und Industrieanlagen in Russland Ziel von Angriffen aus großer Entfernung. Die Ukraine beabsichtigt, die Energieeinnahmen zu kürzen, die Moskaus Krieg gegen die Ukraine finanzieren.
Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums werden Reservisten dazu beitragen, Energieanlagen, Verkehrsknotenpunkte und andere lebenswichtige Einrichtungen vor Angriffen zu schützen. Vizeadmiral Wladimir Zimljanski sagte Mitte Oktober laut dem ukrainischen Portal „United24“, dass diese Einsätze „ausschließlich in ihrer Heimatregion“ stattfinden würden und sich nur gegen Drohnen richten sollten. Voraussetzung ist ein freiwilliger Reservistenvertrag; die Einberufung erfolgt durch Beschluss.
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Doch laut einer Analyse des US-Thinktanks Institute for the Study of War (ISW) markiert das Gesetzespaket einen „tiefgreifenden Strategiewechsel“. Es schafft die rechtliche Grundlage für den Einsatz von Reservisten im Ausland, auch ohne offizielle Mobilmachung oder Kriegserklärung – beispielsweise in der Ukraine.
Mit der Ausweitung der Wehrpflicht auf das ganze Jahr schafft der Kreml auch neue Langzeitreserven: Wehrpflichtige fallen nach ihrem Dienst automatisch in die Reserve – und könnten auch in Zukunft abgerufen werden.
Das ISW warnt: Der Kreml bereitet eine schrittweise Zwangsmobilisierung vor. Putins aktuelles Modell – hohe Prämien für die Einstellung – ist zu teuer und ineffektiv. Die neuen Gesetze ermöglichen es nun, Reservisten unter dem Deckmantel sogenannter „Sondertreffen“ innerhalb von zwei Monaten auf Kampfeinsätze im Ausland vorzubereiten.
Diese Mobilisierung sollte offiziell freiwillig bleiben, tatsächlich könnte sie jedoch durch vertragliche Bindung verpflichtend werden. Auch Mitglieder irregulärer Formationen wie Kosaken oder Söldnergruppen, die seit 2023 unter Druck gesetzt werden, reguläre Verträge zu unterzeichnen, könnten betroffen sein.
