Mit solch wütenden Reaktionen hatten Landrat Christoph Göbel (CSU) und Bürgermeister Stephan Keck (SPD) wohl nicht gerechnet, als sie zu einer Ortsbesichtigung in ein Containerdorf in Kirchheim einluden.
Einige der rund 150 Anwohner protestierten lautstark gegen die 32 doppelstöckigen Container am Schlehenring für 192 Flüchtlinge. „Niemand will so eine Anlage vor der Haustür haben. Und wir haben alle Angst vor den Messerangriffen“, sagte Anwohner Reinhard Bauer.
Kreis und Gemeinde hatten eingeladen, die Containeranlage in Kirchheim zu besichtigen. Die Unterkünfte sollen in Kürze bezugsfertig sein, die Resonanz vor Ort war groß. Viele Anwohner waren nicht nur verärgert, dass mitten zwischen zwei Neubauzeilen ein so großes Containerdorf errichtet wurde. Sie ärgerten sich über die „mangelnde Transparenz von Landratsamt und Gemeinde“. Andere Anwohner distanzierten sich von diesem Protest.
Zahlreiche Meinungen wurden geäußert: „Ich weiß genau, dass Syrer und Afghanen reinkommen“, sagte eine Frau, die die größten Problemgruppen nannte, und einige Umstehende stimmten ihr zu. „Früher war hier eine Kita geplant, jetzt haben wir ein Flüchtlingsdorf“, sagte Helga Bauer. Ihre Nachbarin hat große Angst um sich und die vielen Kinder, die am Schlehenring wohnen. „Da kommen dann ein Haufen junger Männer, die sich langweilen und den ganzen Tag nicht wissen, was sie tun sollen.“
Laute Zwischenrufe
Landrat Göbel und Bürgermeister Keck hatten es nicht leicht, ihre Argumente vorzubringen. Immer wieder wurden sie durch lautes Geschrei unterbrochen. „Wir haben viele Flüchtlinge in Deutschland und im Landkreis München. Das ist Fakt. Wir haben von der Politik in Berlin und München den Auftrag bekommen, uns um sie zu kümmern. Das kostet Unsummen, mir macht das keinen Spaß – aber ich muss es machen“, so Göbel. Der Landkreis habe in den Jahren 2015 und 2016 rund 3.000 Flüchtlinge aufgenommen. „Schon damals haben wir gesagt, wir stoßen an unsere Grenzen. Jetzt sind es 8.000 Flüchtlinge und wir müssen 2025 Platz für weitere 2.000 schaffen. Wir haben jetzt 266 Immobilien im Landkreis und brauchen dringend mehr und neue“, so der Landrat.
Containersiedlung sollte längst abgeschlossen sein
In Kirchheim mietete der Landkreis das Grundstück am Schlehenring zunächst bis Ende 2025, verlängerte dann um ein Jahr bis Ende 2026. „Wir hätten es gerne länger gehabt, aber der Gemeinderat hat abgelehnt.“ Wegen Problemen mit der Baufirma passierte eigentlich lange nichts. Dabei sollte die Containersiedlung eigentlich längst fertig und bezogen sein. Nun sind sie endlich fertig, es fehlt nur noch der Spielplatz inmitten der Container, ab Mitte Oktober ziehen ausschließlich ukrainische Geflüchtete ein. „Rund 95 davon sind schon länger im Hotel Dormero, weitere werden dazukommen. Wir haben hier Platz für 192 Geflüchtete, wenn 80 Prozent der Plätze belegt sind, sprechen wir von Vollbelegung“, so Göbel.
Bis Ende 2026 kommen „nur Ukrainer“
Viele der Protestierenden wollten Göbels Aussage keinen Glauben schenken. „Es kommen bestimmt Busladungen von Syrern und Afghanen“, rief eine Frau. „Ich verspreche euch – und ich halte mein Versprechen – bis Ende 2026 werden nur Ukrainer hierherkommen“, betonte Göbel. Eine Frau entgegnete scharf, wenn hier auch andere Flüchtlinge als Ukrainer auftauchten, „dann wird unser Protest ganz anders aussehen als heute“. Keck ergänzte, es gebe einen einstimmigen Gemeinderatsbeschluss, dass er am 31. Dezember 2026 enden werde und die Gemeinde damit ihre geforderte Quote erfülle, „das ist unsere Solidarität“. Ein Mann aus der hinteren Reihe fragte, was denn 2027 geschehe, wenn der Krieg nicht zu Ende sei. „Dann müssen wir uns etwas Neues suchen oder selbst etwas bauen“, antwortete Göbel.
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Bei dem Treffen klagte ein Mann, sein teures Eigenheim verliere durch die Flüchtlinge stark an Wert und fragte: „Wie kann man das in ein Neubaugebiet einbauen?“ Stephan Keck sagte, viele hätten 2015 hinsichtlich der Asylbewerberunterkunft in der Räterstraße ähnlich argumentiert, „und es ist erwiesen, dass der Wert der umliegenden Häuser nicht gesunken ist.“