„Alles wird teurer!“ Wirklich alles? Also das Essen auf jeden Fall. Im Mai 2025 waren die Lebensmittelpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,8 Prozent höher. Insbesondere die Preise für Fleisch, Obst, Schokolade und Speisefette stiegen deutlich. Nach Angaben der Verbraucherzentrale kosten Lebensmittel heute im Schnitt rund 37 Prozent mehr als 2019. Auch Servicepreise und Versicherungskosten sind zuletzt deutlich gestiegen. Auch Softdrinks und Kaffee sind deutlich teurer geworden. Informationsverarbeitende Geräte, also PCs und Smartphones, sind zu deutlich günstigeren Preisen erhältlich.
Auf jeden Fall ist der Anstieg der Lebensmittelpreise für jeden klar und verständlich. Ein sehr aufschlussreicher Bericht vor der „Hart aber fair“-Sendung bietet interessante Einblicke. Die Frage, ob man durch den Kauf einer eigenen Marke statt Markenprodukten Geld sparen kann, wird hier akribisch diskutiert. Wenn es um Papiermarken wie Toilettenpapier oder Küchenpapier geht, entscheiden sich bereits 70 Prozent der Kunden für ihre eigenen Marken. Doch bei Genussmitteln – Stichwort Nutella – zeigt sich bei den Kunden noch deutliche Zurückhaltung. Offenbar nicht zu ihrem Vorteil.
Keyword-Schrumpfung
In Eigenmarken steckt mengenmäßig oft mehr als in Markenprodukten – Stichwort „Schrumpfflation“. Im Durchschnitt kauft man bei Eigenmarken mehr Gramm ein, das sollte man bedenken. Darüber hinaus ist eine zentrale Erkenntnis des Berichts, dass der Kauf von Produkten in Markenverpackungen im Vergleich zu Eigenmarken bis zu 50 Prozent teurer sein kann. Eine fünfköpfige Familie gibt 1.462 Euro im Monat aus, wenn sie überwiegend Markenprodukte kauft. Im gleichen Zeitraum musste sie sich auf eigene Marken beschränken und gab mit 980 Euro fast 500 Euro weniger aus. Nicht nur mehr Masse, sondern auch mehr Ersparnis, wenn Sie auf Ihre Eigenmarken setzen.
Drittens, das ist zumindest der Tenor des ARD-Berichts, gibt es eine wirklich überraschende, wenn nicht revolutionäre Erkenntnis: Nämlich, dass Eigenmarken qualitativ hochwertigere Inhaltsstoffe haben als vergleichbare Markenprodukte. Ob Schokolade oder Spülmaschinentabs – unsere Eigenmarken sind Testsieger in puncto Qualität. Warum? Denn die Eigenmarken im Einzelhandel stehen in größerer Konkurrenz als die bei den Kunden längst beliebten Markenprodukte. Obwohl Rewe, Lidl und Co. Eigenmarken produzieren, um diese günstiger verkaufen zu können, kommt es nicht selten vor, dass Marken und Eigenmarken vom selben Hersteller produziert werden, wie sogenannte „Markendetektive“ für den Bericht herausgefunden haben. Fazit: Augen auf beim Einkaufen…
Warme Wohnung oder warme Mahlzeit
In der anschließenden Debattenrunde werden die Ergebnisse des Programms in Ruhe und differenziert diskutiert. Schnell wird klar, dass steigende Lebensmittelpreise einen äußerst sozialen und politischen Sprengstoff bergen. Der Konzern ist sich sicher, dass Wahlen auch an der Rabattkasse entschieden werden. Dies wird durch eine Umfrage untermauert, die zeigt, dass die Deutschen die größte Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten haben – mehr Angst als vor Migration.
Darüber diskutieren Politiker von CDU und Linke bei „Hart aber fair“ mit dem Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes und einem selbsternannten „Klugscheißer“ in Sachen Lebensmittel aus der Verbraucherzentrale. Jan van Aken, Vorsitzender der Linkspartei, findet es unerträglich, dass die Menschen in Deutschland nun „zwischen einer warmen Wohnung oder einer warmen Mahlzeit wählen müssen“ und fordert eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Allerdings ist die Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie nicht unbedingt bei den Verbrauchern angekommen, wie Ralph Brinkhaus von der CDU schnell entgegnet.
Auf jeden Fall ist es für Jan van Aken ein großes Ärgernis, dass der Preis seiner geliebten Milka-Schokolade (von der er seiner Aussage nach viel zu viel konsumiert) zuletzt um 50 Cent gestiegen ist und gleichzeitig die Menge um 10 Gramm geschrumpft ist. Wie kann das sein? Wenig überraschend vermutet der Linken-Politiker Zusatzgewinne für die superreichen CEOs.
Wert des Wettbewerbs
Sein Gegner in dieser Sendung ist Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland, der dem linken Politiker immer wieder vorwirft, er träume von sozialistischen Lösungen à la DDR. Sei es die Idee einer Preisbeobachtungsstelle wie in der Schweiz oder eine staatliche Preisobergrenze. Genth glaubt an den Wert einer wettbewerbsfähigen freien Marktwirtschaft und fordert stattdessen niedrigere Energiekosten.
Derweil vergießt Ralph Brinkhaus Krokodilstränen darüber, dass die Mütterrente statt der Senkung der Stromsteuer für alle kam – ein kleiner Seitenhieb auf den bayerischen Ministerpräsidenten und ein bisschen Opposition gegen die eigene Regierung.
Besonders beeindruckend aus der Praxis sind die Aussagen des Experten der Verbraucherzentrale, der kritisiert, dass die Preisgestaltung in Deutschland (anders als beispielsweise in Frankreich) einer Blackbox gleicht und daher wenig transparent ist. Als Beweis führt sie die Aussage eines ehemaligen Nestlé-Verwaltungschefs an, der ihr gegenüber gestanden habe, dass die Preise in der Corona-Zeit „zu hoch angesetzt“ worden seien. Auch derzeit seien die Lebensmittelpreise „besonders stark“ gestiegen. Tatsächlich kann das jeder anhand des Kassenzettels selbst überprüfen, auch wenn der berüchtigte Butterpreis derzeit wieder sinkt.
Nichts von „Bio“
Welches Wissen bleibt übrig? Haben Sie mehr Mut zum Kauf eigener Marken. Schauen Sie sich Preiserhöhungen und Mengen genauer an. Und: eine gesunde Skepsis gegenüber dem Markt und seiner Preispolitik.
Überraschenderweise wird zum Thema „Bio“ nichts gesagt. Und auch die Bedingungen der Landwirtschaft, die sonst oft in diesem Zusammenhang thematisiert werden, werden nicht erwähnt. Stattdessen berichtet zum sozialvoyeuristischen Abschluss eine alleinerziehende Mutter, die mit Social-Media-Videos über steigende Preise für „Buttergemüse“ bekannt geworden ist, wie schwierig es ist, sich in Deutschland als Bürgerin mit geringem Einkommen gesund zu ernähren. Unsinn, antwortet der Außendienstmitarbeiter barsch, Fertigprodukte bieten auch in deutschen Supermärkten die höchste Qualität.
Eine der klügsten Forderungen in diesem Zusammenhang stellt der Experte der Verbraucherzentrale: gezielt die Mehrwertsteuer auf Nüsse und Hülsenfrüchte zu senken, um deren Verzehr attraktiver zu machen. Und tatsächlich: Wenn, sagen wir, gesunde Haselnüsse plötzlich 30 Prozent günstiger wären, würden die Leute sie dann nicht lieber haben als Salzstangen oder Buttertoast?
Trotz aller klugen Analysen bleibt es ein psychologisches Problem: Wer mitten im Leben einkauft, hat meist nicht genug Zeit, alles zu prüfen und zu vergleichen. Die Entscheidung für dieses oder jenes Produkt fällt in Millisekunden, wobei Faktoren wie Verpackung oder Wiedererkennung eine wichtigere Rolle spielen als Menge oder Preis. Grundsätzlich erfordert der alltägliche Einkauf im Discounter entweder eiserne Disziplin oder einen psychologischen Berater. Oder der Luxus einer gewissen Gelassenheit in Finanzangelegenheiten. Allerdings sollten Sie den politischen Sprengstoff, der im Warenkorb versteckt ist, nicht übersehen. Mehr Politiker für Praktika an den Supermarktkassen – auch das könnte eine Erkenntnis sein.