19. Oktober 2025 von Philipp Rentsch
Frank Goosen weiß es schon lange: Der VfL Bochum ist der einzige Verein, für den es keinen sicheren Vorsprung gibt. Das Heimspiel gegen Hertha BSC gab dem Kabarettisten einmal mehr Recht. Selbst eine 3:0-Führung nach 70 Minuten versetzte die erfahrenen Fans nicht in Ekstase. Zehn Spielrunden und zwei Gegentore später zitterten sie und befürchteten das Schlimmste. „Ich habe die Angst gespürt. Ein Unentschieden wäre wie eine Niederlage gewesen“, sagte Trainer Uwe Rösler nach seinem erfolgreichen Debüt. Mit großer Willenskraft verteidigte der VfL seine Führung und sicherte sich am neunten Spieltag den zweiten Saisonsieg. „Es war nur ein kleiner Schritt, aber wichtig für die Mannschaft, den Verein, die Stadt, für unser Selbstbewusstsein und die Gemeinschaft“, freute sich Rösler.
Der neue VfL-Trainer zeigt gerne Emotionen. Noch vor dem Spiel, als sich die Mannschaften aufwärmten, rannte er zur Osttribüne, um die zunächst überraschten Fans aufzupeitschen. Während des Spiels trainierte Rösler lautstark am Spielfeldrand, gab immer wieder Anweisungen und feuerte seine Spieler nach erfolgreichen Aktionen an. Nach dem Schlusspfiff konnte der 56-Jährige es kaum erwarten, sie in die Ecke zu schicken. Die Erleichterung war spürbar, auf dem Spielfeld und auf der Tribüne. Rösler wurde nach seinem ersten Spiel sogar namentlich gefeiert, weil er dem schwächelnden Revier-Klub neue Hoffnung gab – mit einer verbesserten Leistung, die kämpferisch und läuferisch vorbildlich und fußballerisch zumindest ganz ordentlich war. Aber das Entscheidende: Am Ende gab es drei ganz wichtige Punkte.
Onyeka glänzt mit einem Doppelpack
Röslers Bochumer Spieler erzwangen förmlich das nötige Glück. Ein Eigentor brachte den VfL in Führung, dem 2:0 ging eine Einzelleistung des starken Francis Onyeka voraus. Der 18-Jährige avancierte zum Matchwinner, weil er auch den dritten Treffer erzielte – und damit seinen vierten Doppelpack in weniger als zwei Wochen schoss. Auch für die DFB-U19 punktete der deutsche Junioren-Nationalspieler zuletzt zuverlässig. Dass Interimstrainer David Siebers diesen tollen Fußballer beinahe ignoriert hätte, war lange unverständlich, ist es nach diesem Auftritt umso mehr. Rösler nahm weitere Veränderungen vor, setzte auf eine 4-1-4-1-Formation und stabilisierte so die gesamte Mannschaft. Die Raumaufteilung wirkte klarer, die Abstände wurden kleiner, obwohl natürlich nicht alles klappte.
Dennoch erschien es ebenso sinnvoll, Matus Bero weniger Offensivaufgaben zu übertragen, als Mats Pnewig und Kjell Wätjen in die Startelf zu setzen, die über großes Potenzial verfügen und dieses zeitweise entfalten. Auch Philipp Strompf blühte auf und zeigte seine beste Saisonleistung. Wie wir alle wissen, macht eine Schwalbe noch keinen Sommer. Auf jeden Fall widerlegte die Mannschaft die These des ehemaligen Trainers Dieter Hecking, dass eine Viererkette nicht zu ihnen passen würde. Auch Angreifer Philipp Hofmann fühlte sich wohler und schüttelte den Frust der vergangenen Wochen ab. Er war an allen drei Toren beteiligt und dankte dem Trainer für seine neue Rolle als Strafraumstürmer. „Uwe erklärt viel, ist akribisch, hört öfter auf zu trainieren. Er bringt Emotionen mit, die wir brauchen.“
Spieler loben Trainer Rösler
Hofmann erlebte eine turbulente Woche, nachdem seine bereits im August vereinbarte Vertragsverlängerung aufgrund des Mediendrucks vom Verein erst am Montag öffentlich gemacht wurde. Das gefiel ihm nicht, erklärte er auf Nachfrage überraschend deutlich: „Ich glaube, es wurde falsch kommuniziert. Das hätte früher gemacht werden sollen. Entweder man steht zu seinem Stürmer oder man tut es nicht.“ Rösler schenkt Hofmann sein Vertrauen, lobt jedoch Onyeka und Torwart Timo Horn am meisten: „Wir wollten mit Francis den Schwung nutzen: seine Leichtigkeit, aber auch seine Klasse und seinen Tortrieb. Timo hingegen hat mit sensationellen Paraden den Sieg für uns gesichert.“ Horn wiederum gab das Lob an Rösler zurück: „Er kommuniziert viel und motiviert uns, geht sehr ins Detail. Das haben wir gebraucht.“
Auch die taktische Ausrichtung gefiel dem Torwart und Vizekapitän: „Wir sind keine Pressing-Mannschaft, weil uns in der letzten Kette die Geschwindigkeit dafür fehlt.“ Offensichtlich hat Rösler in knapp zwei Wochen den Kader gut analysiert, nachvollziehbare Entscheidungen getroffen und sich nicht zu etwas Verrücktem getraut. Der Lohn: Der VfL hat das sichere Ufer wieder im Blick und sorgt nach harten Monaten endlich für positive Emotionen bei den Fans. Erstmals seit dem Ende der Corona-Pandemie war das Heimgelände nicht ausverkauft. „Die Mannschaft hat die Fans wieder hinter sich“, sagte Horn nach dem Schlusspfiff. Mitglieder der Fanszene kamen am Vormittag zum sogenannten Schwitzen und versicherten den Spielern ihre Unterstützung. Sie schüttelten gemeinsam – und feierten später gemeinsam.
Möchten Sie das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzen Sie gerne die unkomplizierte Zahlungsmöglichkeit per PayPal. Vielen Dank, dass Sie diese Art der Berichterstattung in Zukunft ermöglichen.
(Foto: Imago / Team 2)