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Porsche: CEO Oliver Blume vor seiner Entlassung

Der Manager Oliver Blume soll als Vorstandsvorsitzender von Porsche abgelöst werden. Das Präsidium des Aufsichtsrats hat den Aufsichtsratsvorsitzenden beauftragt, mit dem 57-Jährigen Gespräche über einen einvernehmlichen vorzeitigen Austritt aus dem Vorstand zu führen, wie das Unternehmen mitteilte.

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Als möglicher Nachfolger als CEO wird Michael Leiters diskutiert, der bisher Chief Executive Officer von McLaren Automotive Limited war. Porsche sagt, die Verhandlungen mit ihm würden nun beginnen. Leiters, der promovierte Maschinenbauingenieur, war 13 Jahre lang bei Porsche und bei Ferrari, bevor er zu McLaren wechselte. Blume soll Vorstandsvorsitzender von Volkswagen bleiben.

Blume leitet seit rund drei Jahren zwei Börsengesellschaften. Im Oktober 2015 wurde er Vorstandsvorsitzender von Porsche. Am 1. September 2022, kurz vor dem Porsche-Börsengang, kam die Chefposition bei Volkswagen hinzu. Über einen Rückzug Blumes gab es schon länger Spekulationen: Aktionärsvertreter äußerten sich kritisch zu seiner Doppelrolle. Nicht nur wegen der enormen Arbeitsbelastung, sondern auch wegen möglicher Interessenkonflikte. Immer wieder forderten sie den Topmanager dazu auf, das Management eines der DAX-Unternehmen zu wählen. Hendrik Schmidt vom Fondsanbieter DWS kritisierte, dass Porsche und VW die einzigen börsennotierten Unternehmen in Deutschland seien, die einen „Teilzeit-CEO“ hätten.

Blume wies solche Vorwürfe zurück, auch wenn sich der Ton in den letzten Monaten änderte: Bis zuletzt verteidigte er seine Doppelrolle als Erfolgsrezept mit mehr Vor- als Nachteilen. Unterstützung kam lange Zeit von den Milliardärsfamilien Porsche und Piëch, die die Mehrheit der Stimmrechte im Volkswagen-Konzern kontrollieren. Blume scheint diese Unterstützung verloren zu haben.

Blume übernahm Porsche in Topzustand. 2015 war das bisher erfolgreichste Geschäftsjahr in der Unternehmensgeschichte. Auf seiner ersten Bilanzpressekonferenz sprach der Manager von einem „selbst für Porsche-Verhältnisse außergewöhnlichen Ergebnis“. Das war bereits ein Vorgeschmack auf alles, was danach kommen sollte. Jahrelang waren die Verkaufszahlen, Umsätze und Gewinne in Zuffenhausen fast ausschließlich positiv. Als Blume sein Amt antrat, verkaufte Porsche jährlich rund 225.000 Autos. Im Jahr 2023, dem bisher umsatzstärksten Jahr, waren es gut 320.000 Sport- und Geländewagen. Der Gewinn nach Steuern hat sich während seiner Amtszeit mehr als verdoppelt.

Einer der größten Erfolge von Blume war der Börsengang im September 2022. Nach jahrelangen Spekulationen und monatelanger Prüfung hat Volkswagen mit dem Börsengang fast 9,4 Milliarden Euro eingesammelt. Damit handelte es sich um die größte Erstausgabe in Deutschland seit der Telekom im Jahr 1996, obwohl die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aufgrund der Folgen von Corona und des Krieges in der Ukraine alles andere als rosig waren.

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Das Papier mit dem Kürzel „P911“ – benannt nach der Sportwagenikone 911 – erlebte daraufhin einen Höhenflug. Im Dezember 2022 stieg das Unternehmen in den Leitindex Dax auf. Das mache Porsche „glücklich und stolz“, sagte Blume damals. Mittlerweile war Porsche auch an der Börse mehr wert als VW. Ihren Höchststand erreichte die Aktie im Frühjahr 2022 bei knapp 120 Euro – nach einem Ausgabepreis von 82,50 Euro.

Trotz des guten Laufs häuften sich die Probleme vor allem auf der Zielgeraden der fast zehn Jahre währenden Ära Blume. Vor allem in China und den USA ließen die Verkaufszahlen zu wünschen übrig. Auch die Gewinne brachen zuletzt ein. Der Konzerngewinn betrug von Januar bis Juni 718 Millionen Euro – 71 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Aus dem einst erfolgreichen Anbieter teurer Fahrzeuge ist ein Unternehmen im Krisenmodus geworden. Das blieb auch an der Börse nicht unbemerkt: Der Wert des Papiers hat sich seit seinem Höchstwert mehr als halbiert. Zuletzt schwankte der Wert um 41 Euro. Anfang September flog Porsche erneut aus dem Dax. In einem Brief an die Belegschaft im Sommer nannte Blume mehrere Gründe für die Misere: In China sei das Marktsegment für teure Luxusprodukte in kurzer Zeit regelrecht zusammengebrochen. In den USA setzten die gestiegenen Zölle und langfristig insbesondere die aktuelle Preisentwicklung des Dollars das Porsche-Geschäft unter Druck. Probleme, für die sein Nachfolger Lösungen finden muss.

Der Antriebswechsel klappt bei Porsche nicht. Keine andere Marke im Volkswagen-Konzern hatte sich ein ähnlich ehrgeiziges Ziel gesetzt. Bis 2030 sollen mehr als 80 Prozent aller neuen Porsche-Autos vollelektrisch sein. Davon ist nicht mehr viel übrig. Im ersten Halbjahr lag der Anteil der Elektroautos bei 23,5 Prozent. Die E-Mobilität entwickle sich in vielen Märkten deutlich langsamer, als „wir und viele Experten vor Jahren erwartet hatten“, sagte Blume. Porsche hat deshalb einen Kurswechsel vollzogen und will wieder mehr Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren und Plug-in-Hybriden entwickeln. Auch von den einst großen Batterieplänen des Managements ist kaum noch etwas übrig geblieben. Künftig wird Cellforce nur noch Forschung und Entwicklung betreiben, bis zu 200 Arbeitsplätze werden dort wegfallen. Für den Pivot rechnet Porsche mit Mehrkosten in Milliardenhöhe.

Porsche muss daher zum Rotstift greifen und seine Strukturen umstrukturieren. Bis 2029 sollen in der Region Stuttgart rund 1.900 Stellen sozialverträglich abgebaut werden. Im Herbst soll ein weiteres Sparprogramm zusammengestellt werden. Dies wird derzeit mit dem Betriebsrat verhandelt. Auch wenn sich Blume nun ganz auf Volkswagen konzentrieren kann, wird er von Wolfsburg aus auch die Probleme bei Porsche im Blick behalten können. Zuletzt wirkte sich die schwache Performance der ehemaligen Profitriesen Porsche und Audi negativ auf das Konzernergebnis aus. Die seit langem schwache Kernmarke VW Pkw erzielte im zweiten Quartal sogar mehr operativen Gewinn als die Premiummarken zusammen.

Auch nach dem Ende des Tarifkonflikts mit der IG Metall gibt es noch genügend offene Baustellen im Konzern: Bis Ende 2026 muss nun mit der IG Metall über eine Änderung der Tarifstruktur verhandelt werden, von der sich VW weitere Einsparungen verspricht. Die Kernmarke will bis 2030 fast jeden vierten Arbeitsplatz in Deutschland abbauen. Nun muss der Konzern zeigen, wie das ohne eine einzige Entlassung gelingen kann. Mit den Sparmaßnahmen will VW Überkapazitäten abbauen und die Gewinnmarge der ertragsschwachen Kernmarke erhöhen. Auf große Unterstützung seitens der Belegschaft kann Blume nicht hoffen: Die Unzufriedenheit sei in der Krise gewachsen. Hinzu kommen die Dauerbaustellen des Unternehmens: das rückläufige China-Geschäft, der langsame Hochlauf von Elektrofahrzeugen, das firmeneigene Softwareunternehmen Cariad, der Aufbau eigener Batteriefabriken und der Wettlauf beim autonomen Fahren.

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(mfz)

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