Berlins Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) hat am Donnerstag im Abgeordnetenhaus ihren Förderstopp für Quartiersblöcke verteidigt und gleichzeitig den Bezirk Mitte scharf angegriffen. Sie warf Stadtrat Christopher Schriner (Grüne) vor, mit Pollern „Menschenleben zu gefährden“. Sie habe dies durch ihr Eingreifen abgewendet, sagte die Senatorin in der Fragestunde des Parlaments.
Im Mai stellte Bonde völlig überraschend die Finanzierung der Berliner Quartiersblöcke ein, und zwar für das konkrete Projekt mit zwölf Quartieren in Mitte, grundsätzlich aber für alle anderen geplanten Quartiere in der Stadt. Die Hintergründe der Entscheidung wurden am Mittwoch durch einen Tagesspiegel-Bericht bekannt: Ein einzelner Berliner CDU-Abgeordneter aus Mitte hatte per E-Mail wortwörtlich den Ausstieg aus dem Kiezblock angeordnet.
Die Grünen hatten das Thema nun auf die parlamentarische Tagesordnung gesetzt. „Rechtsverbindliche Verträge werden von Bonde missachtet, wodurch das Land Berlin finanziell geschädigt wird“, hatte die Grünen-Abgeordnete Oda Hassepaß zuvor dem Tagesspiegel gesagt.
Doch Bonde konterte scharf: Die geplanten zwölf Quartiersblöcke hätten dem Land Berlin „erheblichen wirtschaftlichen Schaden“ zugefügt. Wörtlich sagte der Senator: „Mit meinen Briefen an Herrn Schriner habe ich das Land Berlin davor bewahrt, diesen wirtschaftlichen Schaden anzurichten und Menschenleben zu gefährden.“
Bonde räumte ein, dass der Bezirk den Vertrag mit dem beauftragten Planungsbüro nicht kündigen könne: „Unsere Rechtsabteilung ist zu dem Schluss gekommen, dass eine Kündigung des Vertrags nicht möglich ist.“ Auch der Bezirk wies nach Bondes Entscheidung darauf hin, dass der Vertrag mit dem Planungsbüro nicht kündbar sei.
Doch auch in diesem Punkt griff der CDU-Politiker Schriner am Donnerstag frontal an: „Nach meinem ersten Schreiben hätte das Landratsamt natürlich eine entsprechende Vertragsanpassung mit seinem Vertragspartner vornehmen können.“ Sie warf dem Stadtrat vor, nur „mit Pollern zu agieren“.
Der Bezirk Mitte wollte ursprünglich zwölf Quartierblöcke, also verkehrsberuhigte Zonen, einrichten und hatte dafür ein Planungsbüro ausgewählt und beauftragt. Mitte hatte ab 2022 eine Finanzierungszusage des Landes Berlin in Höhe von mehr als 700.000 Euro. Diese Summe diente nur der Planung, nicht der eigentlichen Neugestaltung.
Aufgrund des Finanzierungsstopps ist Mitte nun nicht in der Lage, die laufenden Rechnungen zu bezahlen. Das Planungsbüro hat nun eine Anwaltskanzlei eingeschaltet: Das Bezirksgericht Wedding hat eine Abmahnung gegen das Straßen- und Grünflächenamt des Bezirks Mitte ausgesprochen, weil eine Rechnung über 144.313,09 Euro nicht bezahlt wurde.
Dieser Bescheid des Zentralen Mahngerichts für Berlin-Brandenburg war Teil der Unterlagen, die der Tagesspiegel über den Prozess einsehen konnte. Das Ende der Nachbarschaftssperren begann mit einer E-Mail des CDU-Abgeordneten Lucas Schaal an den Verkehrssenator im Dezember 2024, in der er sich über die Verkehrsberuhigung beschwerte. Bonde antwortete sofort auf diese E-Mail und erklärte sich bereit, sich darum zu kümmern. Zu diesem Punkt sagte sie am Donnerstag im Parlament nichts.
Der Tagesspiegel hatte zu diesem Vorgang Zugriff auf interne Unterlagen der Verkehrsverwaltung. Trotz mehrfacher Warnungen aus dem Unternehmen, dass der Vertrag gültig sei und die Finanzierung nicht mehr zurückgezogen werden könne, kündigte Bonde im Mai den Stopp an.
Der Verein Changing Cities, der vor Jahren die Nachbarschaftsblockaden in Berlin initiiert hatte, forderte am Mittwochabend den Rücktritt des Senators. Sprecherin Ragnhild Sørensen sagte: „Wir sind entsetzt, dass die CDU bereit ist, ihre politischen Ziele auf diese Weise umzusetzen.“
Und weiter: „Bonde wirft mit offenen Augen Geld zum Fenster hinaus“, kritisierte Sørensen. Tatsächlich muss der Berliner Steuerzahler nun zusätzlich 4.237 Euro an Gerichts- und Anwaltskosten sowie 1.070,40 Euro an vom Gericht erhobenen Zinsen zahlen.