Im Fall der seit Februar 2019 vermissten Berliner Studentin Rebecca Reusch hoffen Polizei und Staatsanwaltschaft nun auf einen entscheidenden Durchbruch in den Ermittlungen. Seit Montagmorgen sucht die Berliner Polizei auf einem Grundstück im brandenburgischen Tauche (Oder-Spree) nach Rebeccas sterblichen Überresten. Sie stoppte die Aktion am späten Nachmittag.
Auf dem Grundstück wohnt die 72-jährige Großmutter von Rebecca Reuschs Schwager Florian R., dem die Tötung des Mädchens vorgeworfen wird. Den Ermittlern konnte bislang nicht nachgewiesen werden, dass der bereits in Untersuchungshaft befindliche Mann die Tat begangen hat.
© dpa/Ivo Böhme
Florian R. gilt seit dem Verschwinden des Studenten als Hauptverdächtiger für die Ermittler. Es gebe Hinweise darauf, dass der heute 33-Jährige die Schülerin im Februar 2019 getötet und ihre Leiche sowie ihr Hab und Gut zumindest vorübergehend auf das Anwesen seiner Großeltern in Tauche gebracht habe, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit.
Die Gemeinde Tauche (Kreis Oder-Spree) liegt etwa 60 Kilometer südöstlich von Berlin, nahe dem Scharmützelsee. Obwohl im Stadtteil Lindenberg etwas weniger als 900 Menschen leben, gibt es einen Bahnhof. In unmittelbarer Nähe: ein Supermarkt, eine Apotheke und ein Sportplatz.
Auf dem Grundstück im Landkreis Oder-Spree waren 115 Polizisten im Einsatz. Der Einsatz, anderthalb Autostunden von Berlin entfernt, begann gegen 9 Uhr. „Wir haben eine technische Einheit dabei, darunter einen kleinen Bagger“, sagte eine Polizeisprecherin. Im Einsatz sind außerdem eine Drohne, Videotechnik und Spezialisten des Bundeskriminalamtes (BKA) mit Bodenradar.

© dpa/Sarah Knorr
Auf dem Gelände steht ein Haus und von außen sind mehrere Briefkästen zu sehen. Das Grundstück selbst ist auf einer Seite von großen, hohen Bäumen umgeben.
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Auch Leichenhunde der Polizei waren vor Ort. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurde R.s Großmutter während des Einsatzes im Haus gefunden. Die Operation wird voraussichtlich mehrere Tage dauern. Nach der Untersuchung des Grundstücks werde es vorrangig um die Befragung der Bewohner gehen, sagte ein Polizeisprecher.
Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft werden die Ermittlungen auf dem Grundstück und in der Umgebung in den kommenden Tagen fortgesetzt, um Gegenstände, Tatspuren und weitere Beweise zu finden.
Ein 62-jähriger Anwohner sagte einem Reporter der Nachrichtenagentur dpa, dass sich in dem Gebäude mehrere Wohnungen befänden. Diese würden immer wieder vermietet, sagt er. „Es ist schön, dass es wieder Bewegung gibt, dass das endlich gelöst wird“, sagt ein anderer Bewohner, der 38-jährige Rocky. Er hofft, dass es endlich Klarheit gibt – „dass die Eltern endlich Ruhe finden.“

© dpa/Ivo Böhme
Die damals 15-jährige Rebecca verschwand am Morgen des 18. Februar 2019 im Ortsteil Britz des Berliner Bezirks Neukölln. Nach Angaben der Familie und der Polizei verbrachte das Mädchen die Nacht zuvor im Haus ihrer Schwester und ihres Schwagers. Bis heute wurde sie weder lebend noch tot aufgefunden.

© Viva Capulet/Facebook
Seit Rebeccas Verschwinden hatte die Polizei bereits verschiedene Waldgebiete entlang der Autobahn A12 Richtung Polen durchsucht – nicht jedoch das Grundstück der Großmutter. Es lagen lange Zeit keine ausreichenden Verdachtsmomente vor, die für einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss erforderlich wären.
Das hat sich nun geändert. Die Ermittler sprechen von neuen Erkenntnissen in dem Fall, intern ist von einem seriösen Ermittlungsansatz die Rede. Andernfalls hätte die Staatsanwaltschaft keinen Durchsuchungsbefehl des Gerichts erhalten, hieß es.
Den Ermittlern war bekannt, dass R. die Gegend in Oder-Spree gut kannte. In seiner Kindheit und Jugend soll er viel Zeit auf dem Anwesen seiner Großeltern verbracht haben. Nicht weit entfernt liegen die Wald- und Seegebiete, in denen die Polizei bereits mühsam, aber vergeblich nach Rebecca gesucht hat.
Seitdem ermittelt eine Mordkommission des Landeskriminalamtes (LKA). Im Oktober 2020 und Januar 2021 wurden in Berlin und Brandenburg Knochenfunde gemeldet. Doch es stellte sich heraus, dass es sich um Tiere handelte. Vor gut fünf Jahren fanden Jugendliche in der Nähe von Kummersdorf in Brandenburg eine Decke und Knochen – ebenfalls ohne Bezug zu Rebecca, wie die Ermittlungen ergaben.
Im Jahr 2023 gab die Polizei bekannt, im Fall Rebecca Reusch mehr als 3.000 Hinweise bearbeitet zu haben. Rebeccas Eltern hatten dem Verdacht gegen ihren Schwiegersohn stets widersprochen und blieben bei ihm.
„Mit der Durchsuchung setzen wir ein Zeichen, dass wir jedem Hinweis nachgehen und nichts unversucht lassen“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. „Zu taktischen Details der Ermittlungen äußern wir uns allerdings nicht.“
Im Jahr 2021 versuchte der mehrteilige Podcast „Im Dunkeln – Der Fall Rebecca Reusch“ zu rekonstruieren, was an diesem Morgen geschah:
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Fest steht: Die Immobilie würde zum Bewegungsprofil von R. passen. Als Rebecca am 18. Februar verschwand, wurde ihr roter Twingo um 10:47 Uhr vom Kennzeichenerkennungssystem (Kesy) der Polizei Brandenburg auf der A12 bei Storkow erfasst, nicht jedoch von den nächsten Kesy-Kameras vor Frankfurt (Oder). Die erneute Registrierung erfolgte erst am nächsten Tag auf dem Rückweg nach Berlin um 22.39 Uhr. Den Ermittlern zufolge hatte zu diesem Zeitpunkt nur R. Zugriff auf das Auto.
Die Polizei forderte die Bevölkerung außerdem auf, von eigenen Ermittlungen und Durchsuchungen abzusehen. Der erhoffte Durchbruch in dem Fall wäre wahrscheinlicher, wenn die Beamten in den nächsten Tagen ungestört arbeiten könnten. Sachverständige Hinweise nimmt die Mordkommission 3 des Landeskriminalamtes in der Keithstraße 30 in 10787 Berlin unter der Rufnummer (030) 4664-911333 entgegen. (mit dpa)