Leipzig. Die Polizei hat in der Nacht zum Samstag die Besetzung eines leerstehenden Wohnhauses im Leipziger Westen beendet. Kurz vor Mitternacht verschafften sich Beamte Zutritt zu dem Gebäude im Stadtteil Lindenau und nahmen drei Personen vorübergehend in Gewahrsam. Möbel, die auf der Straße vor dem Haus aufgestellt waren, wurden entfernt.
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Das Gebäude in der Lützner Straße 99 wurde am frühen Freitagabend gegen 18 Uhr im Zuge einer Kundgebung einer Gruppe, die sich „Autonome Besatzungstage in Leipzig“ (Abeta) nennt, illegal besetzt. Unter den Fenstern wurden vier sichtbare Transparente angebracht und auch Pyrotechnik gezündet.

In einem parallel zur Besetzung online veröffentlichten Blogeintrag erklärte die Gruppe, dass mit der Aktion auf die angespannte Wohnungssituation im Leipziger Westen und die fortschreitende Gentrifizierung in den Stadtteilen aufmerksam gemacht werden solle. Die Verantwortlichen zeigten sich daher offen für Verhandlungen mit der Stadtverwaltung und den Eigentümern des Hauses.
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Mieter veröffentlichen gewünschtes Nutzungskonzept
Ein ebenfalls am Freitag veröffentlichtes Nutzungskonzept sah vor, im Erdgeschoss ein Quartierszentrum mit Café, Gemeinschaftsküche und Veranstaltungsräumen zu errichten. In den darüber liegenden Räumen wollten die Hausbesetzer bezahlbare Wohnungen schaffen. Zudem seien Schutzräume für queere Menschen und Betroffene rechtsextremer Gewalt geplant, heißt es weiter.

Die Initiative schrieb, das Gebäude sei unter anderem deshalb ausgewählt worden, weil der damals 43-jährige Klaus R. am 28. Mai 1994 in der Nähe von Neonazis erschlagen worden sei. Eine Wohnung im Gebäude soll künftig auch als Schutzraum für Opfer rechtsextremer Gewalt konzipiert werden.
Nach dem Tod von Klaus R. konnte die Polizei mehrere Tatverdächtige festnehmen, die mit ihm in dem Haus gelebt hatten. Am Landgericht Leipzig wurde 1995 einer der Täter wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverletzung zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Fünf Komplizen kamen mit geringeren Haft- und Bewährungsstrafen davon. Der Fall Klaus R. wurde von der Bundesregierung bislang nicht als Opfer rechter Gewalt anerkannt.
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Laut einer Online-Plattform für Denkmalschutz ist das heute bewohnte Gebäude an der Lützner Straße als Kulturdenkmal eingestuft, in dem unter anderem im Treppenhaus Fenster mit Jugendstilverglasung eingebaut sind. Das Gebäude soll 1905 erbaut worden sein.
LVZ