Mitarbeiter öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten werden von einer linken NGO in „richtiger Sprache“ geschult. Der NZZ liegt der interne Brief vor.

Eine Schulung für Mitarbeiter deutscher öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten zu Migrationsthemen stößt auf Kritik.
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Mitarbeiterschulungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF zu den Themen Flucht und Migration sorgen für Kritik. In Fortbildungen werden die Mitarbeiter unter anderem darauf hingewiesen, bei der Berichterstattung über Migranten „diskriminierungsfreie“ Sprachregelungen zu bevorzugen. Alltagsformulierungen werden als problematisch beschrieben.
In einer internen E-Mail der ZDF-Personalentwicklung von Mitte Oktober, die der NZZ vorliegt, werden Führungskräfte aufgefordert, ihren Mitarbeitern zwölf Schulungen zu empfehlen, die von der Nichtregierungsorganisation (NGO) Mediendienst Integration entwickelt wurden. Der Autor der E-Mail bezeichnet die Kurse als „Schatz des Wissens“.
„Zuwanderer und ihre Nachkommen“ statt „Menschen mit Migrationshintergrund“
Ein Kurs befasst sich mit „Sprachen und Begriffe im Einwanderungsland“. Ziel ist es laut Kursbeschreibung, „Anregungen, Beispiele und Tipps für den diskriminierungsfreien Umgang mit Sprache“ zu vermitteln. Auch in der Beschreibung des Kurses „Schwarze Menschen in Deutschland“ wird das Adjektiv „schwarz“ durchgehend groß geschrieben, wie es in sich selbst als fortschrittlich verstehenden Kreisen üblich ist, um darauf hinzuweisen, dass Menschen afrikanischer Herkunft von strukturellem Rassismus betroffen sind. Die Organisation betrachtet dies offenbar als nicht diskriminierend.
Die „Bild“-Zeitung konnte die Kursunterlagen einsehen und berichtete, dass darin dazu aufgerufen werde, den Begriff „Flüchtling“ zu meiden. Es hat eine „mindernde“ Wirkung. Vielmehr sollten öffentliche Journalisten von „Flüchtlingen“ sprechen, also von einer passiven Konstruktion, die den Migranten vom Akteur zum Objekt des Geschehens macht.
Der Begriff „Migrationshintergrund“ sollte nur im statistischen Kontext verwendet werden. In anderen Zusammenhängen ist es angemessener, von „Einwanderern und ihren Nachkommen“ zu sprechen. Auch Begriffe wie „Flüchtlingswelle“ sollten vermieden werden, da sie die Verantwortung für Flüchtlingsbewegungen den Asylmigranten selbst zuschreiben.
Schulungsmaterialien zum Thema „Herkunft in der polizeilichen Kriminalstatistik“ legen nahe, dass die Kriminalitätshäufigkeit unter in Deutschland lebenden Ausländern „überschätzt“ wird, da auch von Touristen begangene Straftaten einbezogen werden. Es wird nicht empfohlen, in den Schulungsmaterialien die Herkunft von Kriminellen zu erwähnen – es sei denn, dies ist ausdrücklich relevant. Darüber hinaus sollte in Überschriften nicht auf die Herkunft der Täter hingewiesen werden.
Laut dem Portal „Nius“ umfassen die Schulungen Tests, bei denen die richtigen Formulierungen abgefragt werden. Im Fall eines Messerangriffs in Nürnberg beispielsweise will ein Test, der sich auf die Herkunft von Kriminellen bezieht, nicht, dass die syrische Staatsbürgerschaft des Tatverdächtigen genannt wird. Das Motiv ist unbekannt und die Nennung der Herkunft könnte eine stigmatisierende Wirkung haben.
Auf Anfrage der NZZ bestätigte das ZDF die Nutzung der zwölf Schulungen des Integration Media Service. Es gebe keine Eingriffe in das Programm des ZDF, heißt es. Es liegt auch kein Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne vor. Ein Sprecher betonte, dass die Weiterbildung nicht verpflichtend sei.
Ausbildungs-NGO erhält Steuergelder
Der Integrationsmediendienst versteht sich nach eigener Darstellung als „Informationsplattform“ für Journalisten zu den Themen „Flucht, Migration und Diskriminierung“. Die Finanzierung erfolgt indirekt über die grünnahe Amadeu Antonio Stiftung und direkt mit Steuergeldern über Projektförderungen des Bundesinnenministeriums.
Dies könnte verfassungsrechtlich problematisch sein, wie Juraprofessor Volker Böhme-Nessler gegenüber „Bild“ sagte. Der Medienstaatsvertrag als Rechtsgrundlage für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sieht ein Gebot der Staatsferne vor. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Rundfunkgebühren soll die Unabhängigkeit von Staat und Regierungen gewährleisten.
Dies ist bei Ausbildungsgängen, die auch mit Steuergeldern finanziert werden können, zweifelhaft. Der Juraprofessor kritisiert, dass der Staat keinen Einfluss auf die journalistischen Inhalte öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten haben dürfe.
Thorsten Alsleben, Geschäftsführer der wirtschaftsorientierten Lobbyorganisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und Mitbegründer der Initiative Transparente Demokratie, die erstmals über die Schulung berichtete, sagte der NZZ: „Die Tatsache, dass linke NGOs von den Verantwortlichen des offiziellen Schulungsprogramms instrumentalisiert werden, untergräbt die Glaubwürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender weiter.“ Würden die Schulungen nicht gestoppt, stünde der Fortbestand der öffentlich-rechtlichen Sender in Frage, sagte Alsleben, der zuvor als Hauptstadtkorrespondent für das ZDF tätig war.
Auch deutsche Politiker äußerten Kritik an der Ausbildung. AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel schrieb am Freitag auf ihrem X-Profil: „Deshalb werden wir die GEZ-Gebühren abschaffen.“ Der Parteichef bezog sich auf den Rundfunkbeitrag, der derzeit 18,36 Euro pro Monat beträgt. Auch der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki kritisierte die Schulung und schrieb, dass der Integrationsmediendienst öffentliche Journalisten in der „richtigen Darstellung“ von Migration ausbilde. Dabei handele es sich um einen „journalistischen Offenlegungseid“.
