Der Aufbau einer neuen Marke in der Automobilbranche ist eine der teuersten und schwierigsten Herausforderungen überhaupt. Ohne finanzstarke Konzerne oder risikofreudige Investoren im Hintergrund kann ein solches Vorhaben schnell gegen die Wand fahren. Das musste Henrik Fisker jüngst mit dem SUV Fisker Ocean erfahren.
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Polestar ist hier deutlich besser aufgestellt. Die Marke wurde 2017 gegründet und gehört mehrheitlich dem chinesischen Geely-Konzern. Volvo hält einen Anteil von knapp einem Fünftel. In Deutschland ist Polestar derzeit nur mit dem Modell Polestar 2 (seit 2020) vertreten, einer attraktiv designten Coupé-Limousine. Doch nach anfänglich reger Nachfrage lässt das Interesse an dem Elektromodell nach.
Polestar 3 und 4 basieren auf unterschiedlichen Plattformen
Für nachhaltigen Schub sollen zwei neue Modelle sorgen: der Polestar 3 und der Polestar 4. Bei ersterem handelt es sich um ein Luxus-SUV. Der Polestar 3 ist das Pendant zum Volvo EX90, den die Schweden derzeit auf den Markt bringen. Beide teilen sich die von Volvo entwickelte Plattform SPA2 (Scalable Product Architecture), beide werden in den USA gebaut. Wie der Volvo EX90 sollte auch der Polestar 3 eigentlich schon im vergangenen Jahr auf die Straße kommen, doch Softwareprobleme verzögerten den Marktstart. Damit trifft der Polestar 3 nun auf den Polestar 4, der für den Spätsommer geplant ist.
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Der Polestar 4 soll im Spätsommer auf den Markt kommen.
Quelle: Polestar
So ähnlich sich beide Modelle äußerlich auch sein mögen, der „Vier“ ist nicht die Coupé-Version des „Drei“. Polestar hat das 4,90 Meter lange SUV trotz nur sechs Zentimeter Länge außen bewusst oberhalb des Coupés als Luxus-Flaggschiff der Marke positioniert. Auch der Polestar 4 basiert auf einer Geely-Plattform. Sie trägt den Namen SEA1 (Sustainable Experience Architecture) und ist äußerst flexibel, was den Einsatz in unterschiedlichen Modellen angeht.
Ein SUV-Coupé ohne Heckscheibe
Für den Alltag der Kunden dürfte das allerdings kaum eine Rolle spielen. Viel wichtiger: Bietet das SUV-Coupé genügend Beinfreiheit und vor allem auch genügend Kopffreiheit für die Fondpassagiere? Antwort: Ja.
Hier haben die Polestar-Designer einen kleinen Trick angewandt. Sie haben das Dach verlängert und das Heck etwas flacher gemacht. Für die Silhouette des Autos ist das definitiv ein Pluspunkt. Eine Heckscheibe aus Glas hätte allerdings wenig Sinn gemacht, da die Sicht nach hinten zu eingeschränkt gewesen wäre. Also verzichtete man ganz darauf und baute stattdessen eine Kamera ein. Sie projiziert das Bild in den Innenspiegel, klar und mit besserem Sichtfeld, als es selbst mit einer senkrecht stehenden Heckscheibe möglich gewesen wäre. Optisch ist das fensterlose Heck des Polestar 4 allerdings gewöhnungsbedürftig. Es ist nicht jedermanns Sache.
Leistung satt – in jeder Situation
Der Viersitzer überzeugt mit hervorragenden Fahreigenschaften, toller Leistungsentfaltung, viel Komfort und Luxus. Die Basis leistet 200 kW (272 PS), die Dual-Motor-Version sogar 400 kW (544 PS). Wird der Frontmotor nicht benötigt, koppelt ihn das System ab. Das spart Strom und erhöht die Reichweite. Maximal kommt der Polestar 4 Dual Motor auf 590 Kilometer. Ein gutes Ergebnis. Die Single-Motor-Version soll sogar 620 Kilometer schaffen. Die Höchstgeschwindigkeit hat Polestar auf 200 km/h begrenzt. Der Akku (Kapazität 94 kWh) lässt sich unterwegs mit bis zu 200 kW aufladen. Innerhalb einer halben Stunde sollen 80 Prozent nachgeladen sein.
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Eine Kamera projiziert das Geschehen hinter dem Fahrzeug in den Innenspiegel.
Quelle: Polestar
Ähnliche Werte weist der Polestar 3 auf. Dessen Batterie ist mit 107 kWh sogar noch etwas größer und reicht damit bis zu 650 Kilometer weit. Auch hier dauert das Aufladen auf 80 Prozent 30 Minuten.
Wer sich die Dual-Motor-Version des Polestar 3 mit 360 kW (489 PS) oder gar 380 kW (517 PS) gönnt, erlebt elektrisches Fahren vom Feinsten. Laufruhe und Souveränität des Antriebs sind nahe an Perfektion. Übermäßige Leistung und Drehmoment stehen jederzeit zur Verfügung. Das Gewicht von über 2,5 Tonnen ist dabei nicht zu spüren. Fahrwerk und Lenkung geben keinen Anlass zur Kritik, die Abstimmung zeugt von hoher Professionalität. Kurzum: Der Fahrspaß ist riesig.
Bildschirme: Hochformat versus Querformat
Dabei spielt es keine Rolle, ob der eine (Polestar 3) wie Volvo seinen großen Bildschirm vertikal und der andere (Polestar 4) horizontal platziert hat. Beide Touchscreens sind intuitiv und einfach zu bedienen, liefern ein hochauflösendes Bild und schnelle Reaktionen. Und beide arbeiten mit dem Google-Betriebssystem. Das ermöglicht unter anderem eine brillante Kartendarstellung im Navigationssystem.
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Für welches Modell soll man sich also entscheiden? Die optisch mutigere Variante wäre wohl der Polestar 4. Zumal man beim SUV-Coupé keine echten Abstriche in Sachen Nutzwert machen muss, der Kofferraum fällt ähnlich groß aus. Der Preis könnte also den Ausschlag geben. Der Polestar 4 startet als Long Range Single Motor bei 61.900 Euro. Wer im Rahmen der sogenannten „Launch Weeks“ bis zum 15. November bestellt, zahlt gerade einmal 57.900 Euro.
Für den Polestar 3 muss man deutlich tiefer in die Tasche greifen. Mindestens 78.590 Euro verlangt der Hersteller für das SUV. Die stärkste Variante mit Allradantrieb kostet 92.190 Euro. Allerdings sind dafür einige Dinge, wie etwa eine Luftfederung, serienmäßig an Bord. Diese gibt es beim Polestar 3 nicht einmal gegen Aufpreis.
Polestar verkaufte im vergangenen Jahr gut 54.000 Einheiten – weltweit. Im ersten Halbjahr 2024 waren es gerade einmal 20.000 Fahrzeuge und wohlgemerkt nur ein Modell, die Coupé-Limousine Polestar 2. Wie viel Potenzial die Chinesen in ihren beiden neuen Modellen Polestar 3 und 4 sehen, zeigt die Prognose für 2025: Geplant ist eine Verdreifachung – auf 155.000 Einheiten.