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Pogromnacht: „Was damals geschah, darf sich nie wiederholen“

Am 9. November 1938 brannten in ganz Deutschland Synagogen. Juden wurden misshandelt, verhaftet und ermordet. Anlässlich des Jubiläums forderte Ministerpräsident Rhein ein entschiedenes Vorgehen gegen Antisemitismus. Unterdessen melden Juden in Hessen weiterhin Drohungen.

In einer Gedenkstunde gedenken Bürger der Pogromnacht. Kerzen brennen in Form eines Davidsterns.
Bild © picture Alliance / dpa | Stefan Puchner (Archiv)


Vor mehr als 87 Jahren, in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, brannten in Deutschland Synagogen. Organisierte Schläger zündeten jüdische Geschäfte, Gotteshäuser und andere Einrichtungen an. Tausende Juden wurden misshandelt, verhaftet oder getötet. Antisemitismus und Rassismus waren damals in Deutschland an der Tagesordnung.

„Die Nacht des 9. November 1938 stellt grausame Verbrechen an Juden und ein unfassbares Ausmaß an Zerstörung dar“, sagte Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) anlässlich des Jahrestages. In dieser Nacht erreichte die antisemitische Gewalt in Deutschland eine neue, schreckliche Dimension.

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Verantwortung jedes Einzelnen

Das Datum markiert auch den Bruch mit der Rechtsstaatlichkeit und den Beginn der systematischen Verfolgung und Vernichtung von Millionen Menschen in ganz Europa. „Was damals passiert ist, darf sich nie wiederholen“, sagte Rhein.

Der Ministerpräsident appellierte daher an alle, das Bewusstsein für die Verbrechen des Nationalsozialismus zu wahren. Jeder hat die Verantwortung, die Erinnerung zu bewahren und gegen Antisemitismus in der Schule, in Gedenkstätten, in der Kultur und im Alltagsverhalten vorzugehen.

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Zeitzeugen sprechen mit Studierenden

Schülerinnen und Schüler aus Limburg, Biedenkopf, dem Taunus und Frankfurt haben Anfang Dezember die Möglichkeit, selbst mit Zeitzeugen zu sprechen. Acht Holocaust-Überlebende wird mit ihnen über ihre Erfahrungen im Dritten Reich sprechen.

Bildungsminister Armin Schwarz bezeichnete den 9. November als „schicksalhaften deutschen Tag“. Angesichts des offenen Antisemitismus, der auch heute noch vorhanden ist und nicht vor Schulen Halt macht, müsse die Geschichte immer wieder im Blick behalten werden: „Wir dürfen nicht wegschauen, wir müssen eine klare Haltung zeigen und uns immer wieder mit der Situation in den Klassenzimmern auseinandersetzen, um konsequent gegen Ausgrenzung, Menschenverfolgung und Hass vorzugehen“, sagte Schwarz.

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Juden in Deutschland unter Druck

Jüdisches Leben in Deutschland stehe derzeit unter großem Druck, sagte Ministerpräsident Rhein. „Die Situation im Nahen Osten trägt dazu bei, antisemitische Gewalttaten zu schüren und zu verharmlosen. Aber wo Juden bedroht, angefeindet oder angegriffen werden, dürfen wir nicht schweigen“, so Rhein weiter.

Dies bestätigen auch Mitglieder der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt. Trotz des Waffenstillstands sind sie besorgt über den Gaza-Krieg. „An der Sicherheitslage hat sich überhaupt nichts geändert. Die Bedrohungen sind von mehreren Seiten immer noch da“, sagte Vorstandsvorsitzender Benjamin Graumann der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Angst unter jüdischen Gemeindemitgliedern

Viele Kirchenmitglieder wollten immer noch nicht, dass die Kirche ihnen Post nach Hause schickt, die erkennbar als von der Kirche stammend erkennbar ist. Eltern wollten nicht, dass ihre Kinder mit einer Davidstern-Halskette nach draußen gehen oder in der Öffentlichkeit Hebräisch sprechen. „Diese Angst ist da und sie bedeutet Unfreiheit“, sagte Graumann.

Nach der Freilassung der letzten lebenden Geiseln der Terrororganisation Hamas herrscht große Erleichterung und Aufatmen. Dennoch bleibt die Situation für Juden in Deutschland schwierig. „Die Naivität zu denken, dass, wenn jetzt Frieden herrscht, hier alles gut wird, existiert nicht. Denn es ist überhaupt nichts gut“, sagte Graumann.

Zu glauben, dass sich die Lage schnell beruhigen wird, ist nicht nur naiv, sondern auch gefährlich. „Der Hass gegen Juden wird nicht verschwinden.“

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Im Jahr 2024 nahmen antisemitische Vorfälle zu

Das zeigen auch Zahlen aus dem letzten Jahr. Die Zahl der antisemitischen Vorfälle in Hessen ist im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr um rund 75 Prozent gestiegen. Das zeigt der Jahresbericht der bundesweiten Forschungs- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias).

Demnach wurden im vergangenen Jahr 926 judenfeindliche Vorfälle gemeldet. Der Bericht spricht von einer „ungebrochenen Welle“ des Antisemitismus. Der starke Anstieg der gemeldeten Vorfälle seit dem Terroranschlag vom 7. Oktober 2023 setzte sich im vergangenen Jahr fort.

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Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe

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