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Pflegekompetenzgesetz: Pflegepersonal darf künftig einige Aufgaben von Ärzten übernehmen

Das Pflegepersonal in Deutschland wird künftig mehr ärztliche Befugnisse haben. Sie können Leistungen in den Bereichen Diabetes, Wundversorgung und Demenz erbringen, die bisher Ärzten vorbehalten waren. Der Bundestag Mit den Stimmen von CDU, CSU und SPD wurde ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Die AfD stimmte gegen den Gesetzentwurf, Grüne und Linke enthielten sich.

Das sogenannte Pflegekompetenzgesetz soll den Pflegeberuf attraktiver machen und gleichzeitig Ärzte entlasten. Das Gesetz besagt, dass Pflegekräfte bereits für Dienstleistungen wie das Anlegen von Wundverbänden, die Entnahme von Blutproben und die Überwachung des Verlaufs von Diabetes-Erkrankungen ausgebildet sind – doch allein die Bürokratie verhindert, dass sie dieses Wissen nutzen können. Zudem soll durch den Bürokratieabbau mehr Zeit für die eigentliche Pflege zur Verfügung stehen. Dies bedeutet, dass Dokumentationspflichten entfallen, Anträge und Formulare vereinfacht und dringende Pflegeanträge beschleunigt werden.

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sagte: „Pflegekräfte können viel mehr tun, als ihnen bisher erlaubt ist.“ Die Pflege muss auf mehr Schultern verteilt werden und mehr Autorität erhöht die Attraktivität des Berufs. Unter anderem sollen Pflegefachkräfte künftig bestimmte Behandlungen ohne ärztliche Diagnose durchführen können, wenn sie den Bedarf im Rahmen einer Pflegediagnose festgestellt haben. Um welche Leistungen es sich konkret handelt, soll die Selbstverwaltung des Gesundheitswesens festlegen.

Auch die ambulante Versorgung soll verbessert werden

Das Gesundheitsministerium hat noch einige weitere Regelungen in den Gesetzestext aufgenommen: Das Gesetz sieht beispielsweise Verbesserungen in der ambulanten Versorgung vor. Pflegebedürftige, die zu Hause betreut werden, haben leichteren Zugang zu Präventionsangeboten, beispielsweise durch gezielte Beratung. Die Beantragung von Pflegeleistungen soll erleichtert und die Pflegedokumentation gestrafft werden.

Die Kommunen wiederum haben mehr Mitspracherecht bei der Genehmigung von Pflegeeinrichtungen. Das Gesetz soll auch vielfältige neue Wohnformen ermöglichen. Darüber hinaus wird die Regelung zur Anzahl der Kinderkrankentage bis Ende 2026 verlängert: Für jedes Kind unter zwölf Jahren gelten pro Elternteil 15 Tage, insgesamt jedoch maximal 35 pro Jahr. Für Alleinerziehende beträgt sie 30 Tage pro Kind, maximal 70 Tage.

Abschließend legt der Gesetzestext das Sparpaket für die gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von zwei Milliarden Euro für das Jahr 2026 fest. Diese Regelung soll nun auch im nächsten Jahr gelten. Kurzfristig wurde auch das Sparpaket für die gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von zwei Milliarden Euro für 2026 in das Gesetz aufgenommen.

Kritik aus der Opposition

Simone Fischer von den Grünen sprach von einem „richtigen Umgang“ mit dem Gesetz, kritisierte jedoch, dass Ärzte die Behandlungen weiterhin anordnen sollten. „Halbherzige Regelungen, die Eigenverantwortung versprechen, aber an der ärztlichen Delegation festhalten, gehen nicht weit“, sagte Fischer. Die Linken-Abgeordnete Evelyn Schötz sprach von einer „Teilzeitreform“, die die Pflege weiterhin als Anhängsel der Medizin statt als eigenständigen Beruf behandeln würde.

Der Deutsche Pflegerat steht dem Gesetz grundsätzlich positiv gegenüber. „Pflege hält nicht nur die Menschen am Leben, sie hält auch die Demokratie zusammen“, sagte Christine Vogler, Präsidentin des Pflegerates. Deutschland konzentriert sich in der Gesundheitsversorgung immer noch zu sehr auf Ärzte. Das lässt sich historisch erklären, ist aber nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen braucht es eine teambasierte „Primärversorgung“ – mit eigenen Sprechstunden für das Pflegepersonal und einer guten digitalen Infrastruktur.

Auch der AOK-Bundesverband begrüßte das neue Gesetz. Kritisch sieht der Krankenkassenverband die Möglichkeit, dass Pflegefachkräfte allein auf der Grundlage einer Pflegediagnose medizinische Aufgaben wahrnehmen dürfen. Hierfür fehlt ein einheitliches und anerkanntes Diagnosesystem.

Bis 2040 werden 150.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt

Derzeit gelten in Deutschland rund 5,8 Millionen Menschen als pflegebedürftig. Experten schätzen, dass die Zahl bis 2055 auf bis zu 8,2 Millionen ansteigen wird. Gleichzeitig herrscht bereits jetzt Personalmangel in den Pflegeberufen. Im Jahr 2024 prognostizierte das Bundesinstitut für Berufsbildung einen Bedarf an 150.000 zusätzlichen Pflegekräften bis 2040.

Das Gesetz bedarf keiner Zustimmung des Bundesrates.

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