Dramatischer Chipmangel trifft Europas Autobauer – nach Chinas Exportstopp drohen Produktionsstopps. Die Komponentenreserven gehen schnell zur Neige.
Frankfurt – Europäische Autohersteller wie Volkswagen und Mercedes stehen vor einem dramatischen Chipmangel. Die Krise könnte bereits in wenigen Tagen zu Produktionsstopps führen. Nach Angaben des europäischen Herstellerverbandes Acea könnten die Produktionsbänder bei mehreren Automobilherstellern bald zum Stillstand kommen.
„Das bedeutet, dass es nur noch wenige Tage dauern kann, bis die Produktionsbänder stillstehen“, warnt Acea-Verbandschefin Sigrid de Vries. Der Verband berichtet, dass sich die Situation „von Tag zu Tag“ verschlimmert und Mitgliedsunternehmen bereits berichten, dass Komponentenlieferungen eingestellt wurden.
Nexperia-Krise löst Chip-Knappheit aus
Im Zentrum der Halbleiterkrise steht der niederländische Chiphersteller Nexperia. Ende September übernahm die niederländische Regierung die Kontrolle über das Unternehmen. Da Nexperia zum chinesischen Konzern Wingtech gehört, reagierte Peking Anfang Oktober mit einem Exportverbot für Nexperia-Produkte.
Autohersteller greifen auf Reservebestände zurück
Laut Acea setzen europäische Fahrzeughersteller, darunter auch Volkswagen, derzeit zunehmend auf Reservebestände, die allerdings schnell zur Neige gehen. Eine aktuelle Umfrage unter den Verbandsmitgliedern zeigt, dass einige Hersteller mit sofortigen Produktionsstopps rechnen.
Die EU-Kommission bemüht sich intensiv um eine Lösung des Konflikts. „Wir stehen mit beiden Seiten in Kontakt und versuchen eine Lösung zu finden“, sagte ein Kommissionssprecher am Mittwoch. Eine chinesische Delegation wird am Donnerstag in Brüssel zu Verhandlungen über Seltene Erden erwartet. Bei dieser Gelegenheit dürfte auch die Chipkrise thematisiert werden.
Infobox: Chipmangel 2025 – Die wichtigsten Fakten
Auslöser: Chinesisches Exportverbot für Nexperia-Chips
Betroffen: Europäische Automobilhersteller wie Volkswagen und Mercedes
Zeitrahmen: Produktionsstopps in wenigen Tagen möglich
Reserven: „Schnell zur Neige“ Reaktionen der Industrie auf Chipknappheit
Reaktionen der Industrie auf Chipknappheit
Beim deutschen Autobauer Mercedes herrscht weiterhin Ruhe. CEO Ola Källenius versicherte in einer Telefonkonferenz mit Analysten, dass die „kurzfristige“ Versorgung mit Chips gesichert sei. Gleichzeitig wird weltweit nach Alternativen zu den betroffenen Halbleitern gesucht.
Der Zentralverband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) sieht in der aktuellen Krise einen „Weckruf“ für Europa. „Kurzfristig könnten Diplomatie und politischer Druck die Chinesen dazu bewegen, ihren Exportstopp aufzuheben“, sagte ZVEI-Geschäftsführer Wolfgang Weber dem Fachinformationsdienst „Tagesspiegel Hintergrund“.
Langfristig müssen aber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Europa gemeinsam resilienter werden. Acea betont, dass es zwar alternative Lieferanten gebe, der Aufbau ausreichender Kapazitäten aber „viele Monate dauern“ werde.
Diese Zeit hätten die Automobilhersteller nicht, bevor die schlimmsten Auswirkungen der Chipknappheit zu spüren wären. „Wir fordern alle Beteiligten dringend auf, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um einen diplomatischen Ausweg aus dieser kritischen Situation zu finden“, appelliert Verbandschef de Vries. (Stute/AFP)
