Als das Verkehrsunternehmen in der norwegischen Hauptstadt Oslo seine neuen chinesischen Busse einem Geheimtest unterzog, herrschte großes Staunen. In einem stillgelegten unterirdischen Tunnel hat das Transportunternehmen „Ruter“ die Busse des chinesischen Unternehmens „Yutong“ demontiert und umfangreiche Tests an ihnen durchgeführt. Das Ergebnis war, dass die Busse direkt von China aus ferngesteuert werden können, wie „Ruter“ auf seiner Website berichtet.
Mit Hilfe einer rumänischen SIM-Karte kann Yutong nicht nur auf die Diagnosedaten jedes Busses zugreifen, sondern diesen auch steuern – zum Beispiel die Fahrertüren öffnen, schließen und sogar verriegeln. Und die Busse können sogar direkt aus China angehalten und unbrauchbar gemacht werden.
Norwegen: China-Busse lassen sich fernsteuern – so das Unternehmen
„Yutong“ bestreitet dies: In einer Stellungnahme gegenüber der norwegischen Zeitung „Aftenposten“ schreibt das Unternehmen, dass die Daten auf einem Server in Frankfurt am Main gespeichert würden und es sich an die Datenschutzgesetze Norwegens und der Europäischen Union halte. Mit Hilfe der Fernbedienung sollen Kunden die Klimaanlage oder Beleuchtung des Busses aus der Ferne bedienen können – eine Einflussnahme auf Fahrsysteme wie Lenkung oder Bremse ist jedoch nicht möglich.
Auch „Ruter“-Chef Bernt Reitan Jenssen sagte gegenüber „Aftenposten“, dass die Ergebnisse nicht so schlecht seien wie befürchtet – die Fahrkameras etwa seien nicht mit dem Internet verbunden. Allerdings wurde nun eine Verzögerung eingebaut, damit chinesische Software-Updates vor der Installation überprüft werden können. Auch die Verbindung nach China ließe sich durch Entfernen der SIM-Karte relativ einfach unterbrechen – Fahrgäste hätten dann aber keine Echtzeitinformationen über Verspätungen und den Standort der Busse.
Chinesische „Yutong“-Busse rollen auch durch andere europäische Länder
„Ruter“ informierte das norwegische Verkehrsministerium über die Ergebnisse der geheimen Tests. Da Personenbusse auch für die Evakuierung im Katastrophen- oder Kriegsfall eingesetzt werden sollen, wird bei der Anschaffung neuer Fahrzeuge künftig verstärkt darauf geachtet, dass diese herstellerseitig nicht ferngesteuert werden können.
„Yutong“ ist einer der weltweit führenden Hersteller von Personenbussen und vertreibt seine Fahrzeuge weltweit. Die chinesischen Busse sind unter anderem auch in Österreich, Dänemark und Schweden erhältlich. In Schweden wurden die „Yutong“-Busse jedoch im Frühjahr außer Betrieb genommen – der Hauptgrund dafür waren Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen und Zwangsarbeit bei ihrer Produktion. Allerdings gab es bereits damals Bedenken, dass China die Fahrzeuge zum Zugriff auf Daten nutzen könnte.
jst/FMG
