Stand: 18. Oktober 2025 6:00 Uhr
Wer an Bernstein denkt, denkt meist an die Ostsee. Aber auch an der Westküste Schleswig-Holsteins findet man das goldgelbe Harz – die Nordsee ist eine wahre Schatztruhe.
Bernstein wird oft als „Gold der Ostsee“ bezeichnet. Doch laut Bernsteinexperte Boy Jöns aus St. Peter-Ording (Kreis Nordfriesland) stimmt das nicht ganz. An der Nordsee gebe es besonders gute Fundorte für Bernstein – vor allem auf der Halbinsel Eiderstedt, die aus angeschwemmtem Land bestehe, in dem es kaum Steine gebe. „Was hier wie Bernstein aussieht, ist normalerweise Bernstein“, sagt Jöns.
Die Nordsee verfügt über Bernsteinvorkommen

Boy Jörns, Bernsteinexperte aus St. Peter-Ording.
Auch aus wissenschaftlicher Sicht ist die Westküste Schleswig-Holsteins ein guter Standort. Benjamin Serbe vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Kiel bestätigt, dass die Nordsee ein hohes Maß an Bernsteinvorkommen aus eiszeitlichen Umsiedlungen aufweist. Obwohl die Gesamtmenge schwer zu beziffern ist, bietet die Nordsee aufgrund ihrer Strömung und ihres hohen Salzgehalts ideale Bedingungen für den Transport von Bernstein an die Oberfläche.
Häufigere Stürme und stärkere Sedimentbewegungen könnten dazu führen, dass in Zukunft noch mehr Steine an die Küste gespült werden. Wenn das Meer jedoch durch schmelzende Gletscher an Salzgehalt verliert, könnte der Transport von Bernstein schwieriger werden – ein gegenteiliger Effekt, dessen Auswirkungen noch unklar sind.
Bernstein ist ein Naturprodukt mit Geschichte
Der Bernstein, den Sammler heute an Nord- und Ostsee finden, ist rund 44 Millionen Jahre alt. Es entstand aus dem Harz urzeitlicher Bäume, wurde später durch Gletscher nach Norden transportiert und schließlich über Flüsse und das Meer verbreitet.
In St. Peter-Ording verarbeiten Boy Jöns und seine Familie seit fünf Generationen in ihrer Werkstatt die fossilen Harzstücke zu Schmuck. Viele Besucher nehmen an seinen Workshops teil, um einen Fund in ein Souvenir zu verwandeln. Für Jöns liegt der Wert nicht im Geld: „Der ideale Wert liegt viel höher – es ist etwas ganz Natürliches, das man tragen kann.“
Die Preise bleiben stabil – Sammeln lohnt sich im Idealfall
Von einem „Goldrausch“ kann aber keine Rede sein. Laut Händlern und Experten liegt der Preis für Bernstein seit Jahren stabil bei rund 1,50 Euro pro Gramm. Ein Stück in der Größe einer Zwei-Euro-Münze kostet etwa vier bis fünf Euro. Man kann damit also nicht viel Geld verdienen; Für viele Sammler geht es eher um die Freude am Fund.
Finderglück: Bernstein am Strand von St. Peter-Ording.
Angelika Maas aus Tellingstedt (Kreis Dithmarschen) nimmt an einem Workshop zum Thema Bernsteinschleifen in St. Peter-Ording teil, den Boy Jöns wöchentlich anbietet. Sie sucht regelmäßig nach besonderen Steinen an der Westküste und sagt, dass sich die Suche wegen des Naturerlebnisses lohne: Wenn man nichts findet, hatte man zumindest einen tollen Spaziergang – und hat vielleicht einen Seehund gesehen.
Tipps zum Finden von Bernstein
Wer selbst Bernstein finden möchte, sollte vor allem auf den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Ort achten, sagt Bernsteinexperte Boy Jöns. Der vielversprechendste Zeitpunkt ist die Suche ein bis drei Stunden nach Hochwasser, wenn das Wasser abfließt. Dann sammeln sich am Strand die „schwarzen Krümel“, eine Mischung aus Holz, Algen und Muscheln. Auch Bernstein verbleibt in diesem Bereich, da er ein ähnliches Gewicht wie das angeschwemmte Holz hat.
Nach Stürmen mit auflandigem Wind. Je rauer das Wetter, desto größer die Chance auf Entdeckungen.
Mehr Aufmerksamkeit für Westküstengold
Der beste Ort, um Bernstein zu finden: an der Hochwasserlinie bei Ebbe.
Bernstein ist ein Naturprodukt mit Geschichte. Häufigere Stürme und sich verschiebende Sedimente könnten das „Gold der Westküste“ noch sichtbarer machen. Wer also in den kommenden Herbstwochen an der Nordsee spazieren geht, sollte genau hinschauen: Vielleicht liegt ja schon der nächste kleine Schatz im Sand.