Einer der Verdächtigen der Nord-Stream-Anschläge wurde kürzlich in Polen gefasst – er kommt aber vorerst nicht nach Deutschland. Obwohl die Bundesanwaltschaft einen Haftbefehl erwirkt hat, hat ein polnisches Gericht seine Auslieferung abgelehnt.
Drei Jahre nach den Anschlägen auf die Gaspipelines Nord Stream in der Ostsee kann einer der Tatverdächtigen nicht von Polen an Deutschland ausgeliefert werden. Dies entschied ein Gericht in Warschau. Der von Deutschland mit europäischem Haftbefehl gesuchte Ukrainer Wolodymyr Z. wurde in Pruszkow bei Warschau festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft handelt es sich bei dem Tatverdächtigen um einen ausgebildeten Taucher. Er gehörte zu der Gruppe, die Sprengsätze an den Pipelines angebracht hatte, und beteiligte sich an den Tauchgängen. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, eine Sprengstoffexplosion und verfassungswidrige Sabotage verursacht zu haben.
Der Tatverdächtige konnte zunächst fliehen
Gegen Wolodymyr Z. wurde bereits vor einem Jahr von der Bundesanwaltschaft ein Haftbefehl erwirkt. Aus noch nicht vollständig geklärten Gründen wurde er in Polen jedoch nicht sofort festgenommen und konnte fliehen.
Laut einer gemeinsamen Studie von ARDLaut Süddeutscher Zeitung und ZEIT wurde Z. von einem Mitarbeiter der ukrainischen Botschaft mit dem Auto von Polen in die Ukraine gebracht – und an der Grenze gefilmt. Als er letzten Dienstag festgenommen wurde, war Z. wieder in Polen.
Angriffe auf Pipelines 2022
Bei dem Angriff im Herbst 2022 wurden die beiden Nord Stream-Pipelines durch Explosionen so stark beschädigt, dass kein Gas mehr durchgeleitet werden konnte. Die Explosionen wurden in der Nähe von Bornholm aufgezeichnet. Wenig später wurden in drei der vier Rohre vier Lecks entdeckt.
Die Pipeline-Strecken waren zu diesem Zeitpunkt nicht in Betrieb. Russland hatte kürzlich die Gaslieferungen über Nord Stream 1 gestoppt – vermutlich als Reaktion auf westliche Sanktionen angesichts der russischen Invasion in der Ukraine. Nord Stream 2 ging nie in Betrieb.
Ein weiterer Verdächtiger bleibt vorerst in Italien
Deutsche Ermittler sind davon überzeugt, dass mehrere Personen im Team die Nord Stream-Sabotage durchgeführt haben. Für die Anschläge sollen sie in Deutschland eine Segelyacht namens „Andromeda“ gemietet haben, mit der sie dann hinaus auf die Ostsee segelten.
Erst am Mittwoch stoppte das höchste italienische Gericht die Auslieferung eines weiteren in Italien gefassten Verdächtigen. Das höchste italienische Gericht in Rom hob überraschend eine Entscheidung der Vorinstanz auf. Der Fall geht nun an ein anderes Gericht zurück, das eine neue Entscheidung treffen muss. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Tatverdächtige K. das Sabotageteam anführte.