AUDIO: Nord-Ostsee-Kanal: Erster Bauabschnitt ist fertiggestellt (1 Min)
Stand: 10. November 2025 17:12 Uhr
Nach fünfjähriger Bauzeit ist der erste von vier Bauabschnitten am Ostabschnitt des Nord-Ostsee-Kanals fertiggestellt. Sechs weitere Großprojekte befinden sich derzeit in der Umsetzung und Planung.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) hat am Montagnachmittag den ersten Ausbauabschnitt des Ostabschnitts des Nord-Ostsee-Kanals eröffnet – gemeinsam mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Anke Leue, Präsidentin der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt. Nach rund fünfjähriger Bauzeit wurde die rund vier Kilometer lange Strecke fertiggestellt. Nach Angaben des zuständigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) kostete das Bauprojekt zwischen Großkönigsförde und Schinkel (Kreis Rendsburg-Eckernförde) rund 130 Millionen Euro. Das sind rund zehn Millionen Euro mehr als geschätzt.
Schnieder und Günther: NOK ist wichtig für Deutschland
Verkehrsminister Schnieder sagte bei der Eröffnung: „Der Ausbau der Oststrecke ist dringend notwendig.“ Er betonte, dass der Nord-Ostsee-Kanal für Deutschland von enormer Bedeutung sei – und bezeichnete ihn als eine der wichtigsten Verkehrsadern Europas. Immerhin werden auf ihr jedes Jahr mehr als 75 Millionen Tonnen Fracht transportiert. Laut Schnieder gibt der Bund jährlich mehr als 200 Millionen Euro für Ersatz- und Neubaumaßnahmen für den gesamten Nord-Ostsee-Kanal aus. Laut Schnieder ist dieses Geld gut angelegt: „Was wir heute investieren, wird es morgen effizient für die Wirtschaft, für die Sicherheit und den Klimaschutz machen.“
Günther betonte außerdem: „Jeder Euro, der in seine Infrastruktur investiert wird, ist eine Investition in die Wettbewerbsfähigkeit, den Klimaschutz und in die maritime Zukunft unseres Landes – und auch in unsere Sicherheit und Widerstandsfähigkeit, denn auch die Marine nutzt den Kanal für Bewegungen zwischen Nord- und Ostsee.“ Als meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt verkürzt sie die Wege und spart Zeit und Treibstoff. Zahlreiche Unternehmen, Werften, Zulieferer und Dienstleister profitierten davon. Günther sprach bei der Eröffnung von einem „wichtigen Meilenstein für die maritime Wirtschaft“. Er wies jedoch darauf hin, dass der Bund weiterhin finanzielle Mittel für den Ausbau bereitstellen müsse.
Der Kanal ist für die moderne Schifffahrt zu eng und kurvenreich
Auf dem eröffneten Ausbauabschnitt wurde die Liegeflächenbreite für die Schiffe nun von 44 auf rund 70 Meter erhöht. Der Grund: Der Kanal war für die immer größeren Schiffe zu eng und zu gekrümmt geworden. Bisher mussten Schiffe bei Gegenverkehr in sogenannte Kanalweichen fahren. Insgesamt ist die Oststrecke zwischen Großkönigsförde und Kiel-Holtenau 18 Kilometer lang und soll verbreitert werden. Die Gesamtkosten: rund 500 Millionen Euro.
Besonders herausfordernd waren laut WSA die Arbeiten im laufenden Schiffsverkehr im ersten Abschnitt.
Weitere Bauarbeiten am Nord-Ostsee-Kanal

Eine Herausforderung bei der Modernisierung ist laut WSA der Erhalt des alten Brückenwiderlagers als Fledermaus-Winterquartier.
- Modernisierung der alten Levensauer Hochbrücke: Die WSA plant, die Bahnstrecke im vierten Quartal 2027 wieder zu eröffnen. Rad- und Fußgängerverkehr sollen die Brücke einige Monate später wieder nutzen können. Die Kosten belaufen sich auf rund 393 Millionen Euro.
- Mit dem Erneuerung der Kleinen Schleuse in Kiel-Holtenau Der ESC will in der zweiten Hälfte der 2030er Jahre bereit sein. Die Investitionssumme beträgt 650 Millionen Euro.
- Pistensanierungen im gesamten NOK: Der ESC hat den Auftrag ausgeschrieben. Die Maßnahme soll in den Jahren 2026 und 2027 umgesetzt werden.
- Der Modernisierungsarbeiten an der Hochdonner Eisenbahnhochbrücke (Kreis Dithmarschen) begann im Jahr 2024 und wird laut WSA rund 13 Jahre dauern. Dadurch soll der Betrieb für mindestens weitere vier Jahrzehnte gesichert werden.

Das WSA versucht, die Baustellen so zu planen, dass die Schifffahrt möglichst wenig beeinträchtigt wird.
- Der Bau der fünften Schleusenkammer in Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) soll bis Ende 2026 fertiggestellt sein. Nach Angaben des WSA kostet das Bauvorhaben rund 1,2 Milliarden Euro. Zu den Herausforderungen zählen hier unter anderem komplexe Kampfmittelsonden. Darüber hinaus entsteht derzeit in Brünsbüttel ein Torreparaturdock. Die Baustelle wird voraussichtlich im Jahr 2026 enden. Das Projekt wird voraussichtlich 100 Millionen Euro kosten.
Ausbau der Ostroute auf der NOK: entscheidendes Zukunftsprojekt
Auch die Initiative Nord-Ostsee-Kanal, die sich nach eigenen Angaben für den Erhalt und die Zukunft des Nord-Ostsee-Kanals einsetzt, befürwortet den Oststreckenausbau besonders. Der Vorsitzende des Vereins, Jens B. Knudsen, spricht von einem entscheidenden Zukunftsprojekt, das nach seiner vollständigen Fertigstellung zu einer spürbaren Kapazitätssteigerung führen werde. Nach Angaben des Vorsitzenden können durch die NOK größere Schiffe fahren und mehr Fracht transportiert werden. Er kritisiert insbesondere die Geschwindigkeit und Planungssicherheit des Oststreckenausbaus.
Knudsen: „Zweiter Bauabschnitt muss sofort folgen“
„Die Bauzeiten sind lang, die Abläufe bürokratisch und verbindliche Aussagen zum Zeitplan fehlen weitgehend“, erklärt Knudsen. Für ihn ist die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, doch der zweite muss unmittelbar folgen, denn nur so lässt sich die Leistungsfähigkeit des Kanals steigern. Ein WSA-Sprecher geht davon aus, dass die Arbeiten an der nächsten Phase frühestens 2027 beginnen können. Zu spät für Knudsen. Er fordert, dass es zwischen den Bauabschnitten keine jahrelangen Pausen geben soll.
Im Hinblick auf die anderen Baumaßnahmen am NOK, wie Schleusensanierungen, Uferreparaturen und Instandsetzungen, spricht Knudsen von Instandhaltungsmaßnahmen, die nicht zur Leistungssteigerung beitragen.
Knudsen fordert außerdem weitere Investitionen in den Nord-Ostsee-Kanal. „Darüber hinaus leidet die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung nicht nur unter Personalmangel, sondern auch darunter, dass ihr faktisch jedes Jahr weniger Ressourcen zur Verfügung stehen“, sagt er. Die Folgen: weniger tatsächliches Investitionsbudget und längere Bauprojekte. Knudsen kritisiert auch die Bundesregierung. Es sei dramatisch, dass der rund zwölf Milliarden Euro schwere Sonderfonds für den Verkehrssektor fast ausschließlich in Straße und Schiene investiere, sagte Knudsen.
Auch Bayern und Baden-Württemberg profitieren von NOK
„Deutsche Seehäfen können ihrer Rolle als logistische Versorgungszentren der Volkswirtschaft nicht gerecht werden, und das betrifft nicht nur Küstenländer, sondern auch exportstarke Regionen wie Bayern oder Baden-Württemberg“, kritisiert Knudsen. Diese und andere Probleme haben dazu geführt, dass in den letzten Jahren immer weniger Schiffe den Nord-Ostsee-Kanal befahren. Und laut der Initiative Nord-Ostsee-Kanal könnte es zu einem klassischen Teufelskreis kommen. „Weniger Schiffe führen zu höheren Fixkosten pro Passage, was wiederum die Gebühren für Reedereien erhöht“, sagt Knudsen.
Er fordert daher Entschlossenheit und eine klare politische Priorisierung, damit das NOK das bleibt, was es immer war: eine der wichtigsten maritimen Lebensadern der Bundesrepublik. Vielleicht ist der Besuch von Bundesverkehrsminister Schnieder ein erster Schritt.



