Nach der Parlamentswahl in den Niederlanden verbreitete der offenbar knapp unterlegene Rechtspopulist Geert Wilders unbegründete Behauptungen über angebliche Unregelmäßigkeiten in Online-Netzwerken. Am Freitag teilte Wilders Screenshots zweier Direktnachrichten auf der X-Plattform, denen zufolge in Maastricht mehr als hundert Stimmzettel nicht gezählt worden seien und in Zaanstad bei Amsterdam 15 Wahlurnen verschwunden seien.
Diese Behauptungen können nicht überprüft werden. Auch Nachrichtenagenturen wie AFP sagten, sie könnten die Echtheit der Nachrichten und der Aussagen von Wilders zunächst nicht überprüfen. Der PVV-Politiker schrieb in den sozialen Netzwerken weiter, er erhalte eine „Flut solcher Meldungen aus dem ganzen Land“ und fügte hinzu: „Ich weiß nicht, ob das alles stimmt, aber es wäre gut, wenn dem nachgegangen würde.“
Geert Wilders verbreitet Gerüchte über Unregelmäßigkeiten ohne Beweise
Der Rechtspopulist teilte außerdem einen Screenshot einer Nachricht, wonach der Chef der Firma HackDefense, die die Software zur Stimmauszählung bei Parlamentswahlen getestet hat, Mitglied der sozialliberalen Partei D66 sein soll. Den vorläufigen Ergebnissen zufolge gewann die Partei die Wahl knapp vor Wilders‘ PVV.
Wie aus dem Online-Portal der niederländischen Wahlbehörde hervorgeht, hat die Firma HackDefense die Auszählungssoftware bei den letzten beiden Parlamentswahlen getestet – und damit auch im Jahr 2023, als Wilders die Wahl gewann. Allerdings wurde ein anderes Unternehmen beauftragt, die Software für die Wahl am Mittwoch zu überprüfen.
Niederlande: D66-Parteichef erklärt sich selbst zum Wahlsieger
Die niederländische Nachrichtenagentur ANP berichtete am Freitag, dass D66 aufgrund der Auszählungsergebnisse nach der Parlamentswahl einen uneinholbaren Vorsprung vor Wilders‘ PVV hatte. Parteichef Rob Jetten erklärte sich daraufhin zum Wahlsieger, was Wilders als „arrogant“ kritisierte. Laut ANP hat D66 derzeit einen hauchdünnen Vorsprung von 15.155 Stimmen vor der PVV. Das offizielle Endergebnis wird erst am kommenden Freitag erwartet.
Unterdessen bestritt die Gemeinde Zaanstad, die in Wilders Screenshots genannt wurde, die Behauptungen am Freitag gegenüber der niederländischen Zeitung AD und dem Fernsehsender RTL. Der Abstimmungsprozess werde mit größter Sorgfalt durchgeführt und „überwacht“, sagte ein Sprecher der Zeitung. „Sollte es Probleme mit dem Transport geben, würde man dies dem zentralen Wahllokal in Zaanstad melden“, sagte die Gemeinde auch gegenüber RTL. „Wir würden den Fall dann untersuchen, aber es wurde kein solcher Bericht erstellt.“
Zaanstad und Maastricht weisen Vorwürfe zurück
„An dieser Geschichte ist absolut nichts dran“, stellte der Sprecher abschließend gegenüber „AD“ klar – und fügte hinzu: „Wir belassen es dabei, aber wenn jemand fragt, möchten wir klarstellen, dass dieser Bericht völlig unzutreffend ist.“
Niederländischen Medienberichten zufolge reagierte auch die Stadt Maastricht, die in Wilders Beiträgen ebenfalls erwähnt wird, auf die Vorwürfe. Die Stadt erklärte lapidar, dass im Zusammenhang mit dem Wahlvorgang „keine Unregelmäßigkeiten“ festgestellt worden seien.
Scharfe Kritik an Geert Wilders: „Politische Spielchen“
Unterdessen sieht sich Wilders wegen seiner Gerüchte über angebliche Wahlmanipulation heftigem Gegenwind von niederländischen Verfassungsrechtlern und Wissenschaftlern ausgesetzt. „Das ist unmöglich“, kommentierte Verfassungsrechtsprofessor Wim Voermans den Beitrag des Rechtspopulisten zu X. „Es gibt kaum eine unabhängigere und kompetentere Institution als den niederländischen Wahlrat“, fügte Voermans hinzu. Wilders betreibe „eine Hetzkampagne à la Trump“, fuhr der Verfassungsrechtler fort und erinnerte an ähnliche Vorwürfe von US-Präsident Donald Trump nach früheren US-Wahlen.
„Hier werden politische Spiele gespielt“, sagte der Verfassungsrechtler Paul Bovend’Eert. Dabei handele es sich um „Scheinmanöver, die absolut keinen Sinn ergeben“, sagte der ehemalige Professor an der Radboud-Universität in Nijmegen. „Wenn Sie solche Anschuldigungen erheben, dass Betrug vorsätzlich begangen wird, müssen Sie sie auf starke Verdächtigungen oder Beweise stützen, andernfalls sind sie völlig wertlos. Er tut das nicht, und das ist verwerflich“, stellte Bovend’Eert gegenüber AD klar.
Unterdessen hat D66-Chef Rob Jetten noch nicht direkt auf Wilders Beiträge in den sozialen Netzwerken reagiert. Jetten sagte Reportern am Freitag, dass seine Partei „für alle Niederländer“ eintreten werde. „Ich fühle eine große Verantwortung, so schnell wie möglich ein stabiles und ehrgeiziges Kabinett zu bilden“, fügte der Wahlsieger hinzu. (mit AFP)
