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Neuer Bericht gibt Merz-Regierung Recht

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Nach Ansicht eines ehemaligen Sozialrichters sind Totalsanktionen für Bürgerleistungen verfassungsgemäß. Der Experte fordert außerdem verbesserte Instrumente für das Jobcenter.

Berlin – Dass sich die schwarz-rote Koalition unter Friedrich Merz (CDU) auf eine deutliche Verschärfung der künftig „Grundsicherung“ genannten Bürgergelder geeinigt hat, sorgt seit Wochen für Kontroversen. Grund ist das neu gestaffelte Sanktionssystem: Wer zum zweiten Mal einen Termin beim Jobcenter verpasst, erhält künftig 30 Prozent weniger Bürgergeld und ab dem dritten verpassten Termin wird überhaupt kein Geld mehr ausgezahlt.

Nach Ansicht des ehemaligen Präsidenten des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel, sind die Bürgergeldreformen der Merz-Regierung verfassungsgemäß. © Politische Momente/Metodi Popow/Imago/MONTAGE

Vor allem Letzteres sorgt für Empörung. Doch nach dem Gutachten des ehemaligen Präsidenten des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel, seien die Totalsanktionen, also der völlige Leistungsentzug, mit dem Grundgesetz vereinbar und damit verfassungsgemäß, heißt es Süddeutsche Zeitung am Mittwoch (15. Oktober). Schlegel verfasste den Bericht im Auftrag der von Arbeitgebern finanzierten New Social Market Economy Initiative (INSM).

Ex-Sozialrichter unterstützt Merz-Regierung: Vollständige Kürzung der Bürgerleistungen ist rechtlich zulässig

Die vollständige Kürzung der Leistungen bei mangelnder Mitwirkung stehe laut Schlegel im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Wer die Zusammenarbeit verweigert, zeigt, dass kein tatsächlicher Bedarf besteht – und hat daher keinen Anspruch auf staatliche Unterstützung.

Durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2019 wurde die Möglichkeit zur Verhängung von Sanktionen stark eingeschränkt. Schlegel schreibt laut Süddeutsche Zeitung im Bericht: „Der Gesetzgeber darf sich nicht hinter dem Bundesverfassungsgericht verstecken.“ Karlsruhe hat hohe Hürden für Sanktionen aufgestellt, die aber überwunden werden können.

Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Frage, wie weit der Gesetzgeber bei der Gestaltung der Grundsicherung gehen kann. Schlegel betont, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber große Handlungsspielräume einräumt – insbesondere bei der Frage der Wohnkosten und der Festlegung von Mitwirkungspflichten. Es ist wichtig, dass der Staat zwischen denen, die es nicht können, und denen, die es nicht wollen, unterscheiden kann.

Zur Umsetzung der Bürgergeldreform: Experte schlägt verbesserte Instrumente für Jobcenter vor

Die Studie schlägt eine Reihe konkreter Maßnahmen vor, um den Jobcentern bessere Instrumente an die Hand zu geben: Dazu gehören klar definierte Verhaltensregeln, objektive Kriterien für mangelnde Kooperationsbereitschaft und die Möglichkeit, bei erkennbarer Arbeitsverweigerung Leistungen ganz zu streichen.

Gleichzeitig betont Schlegel die Notwendigkeit von Härtefallregelungen zum Schutz von Familien und Kindern. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Stärkung der Eigenverantwortung: Die Grundsicherung soll ein Leben ohne Arbeit nicht dauerhaft finanzieren, sondern vielmehr den Anreiz fördern, für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen. Dazu gehörten auch Vorschläge für Pauschalen für Unterkunftskosten, strengere Anforderungen an Eigenleistungen und eine klarere Kommunikation von Rechten und Pflichten gegenüber Sozialhilfeempfängern.

Als die Welt Berichten zufolge fungierte Schlegel als Berater von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der gemeinsam mit SPD-Chefin und Arbeitsministerin Bärbel Bas die Bürgergeldreform aushandelte. Seinen Argumenten wird daher erheblicher politischer Einfluss zugeschrieben.

Übersicht: Die wichtigsten Fakten zum Thema Bürgergeld

Januar 2023 (Ersatz für Hartz IV)
5,5 Millionen Menschen
563 Euro (Einzelperson)
Verschärfung der Sanktionen geplant
Erste Nullrunde – keine Erhöhung

INSM-Chef: Merz-Regierung verhält sich beim Thema Bürgergeld rechtmäßig und könnte schärfer vorgehen

INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben lobt die Ergebnisse des Gutachtens: „Die Möglichkeit einer vollständigen Kürzung der Mittel ist nicht nur eine Frage der Sparpolitik, sondern auch der Gerechtigkeit. Wer auf Sozialleistungen angewiesen ist, ohne zu helfen, wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen, verwirkt seinen Anspruch auf Hilfe“, sagte Alsleben. „Mit dem Bericht ist nun klar, dass die Koalition im Einklang mit der Verfassung gehandelt hat und darüber hinausgehen konnte und sollte.“

Mit dem Bericht ist nun klar, dass die Koalition im Einklang mit der Verfassung gehandelt hat und darüber hinausgehen konnte und sollte.

Hintergrund: Die Spitzen der Koalitionsparteien CDU, SPD und CSU hatten sich vergangene Woche bei einer Beratung des Koalitionsausschusses darauf geeinigt, die Regelungen für das Bürgergeld – das künftig Grundsicherung heißt – deutlich zu verschärfen. Künftig soll es erlaubt sein, alle Gehälter, auch die Wohnkosten, zu kürzen, wenn Betroffene mehrere Behördentermine versäumen.

Derzeit beginnen die Strafmaßnahmen gegen nichtkooperierende Bürgergeldempfänger mit einer Kürzung der Grundleistung um zehn Prozent und können bis zur vollständigen Einstellung dieser Zahlung reichen. Die Wohn- und Energiekosten bleiben jedoch immer gleich. Diese Regelung gilt künftig nicht mehr. (Quellen: dpa, epd, Süddeutsche Zeitung, Welt) (bg)

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