Aus Sicht der Ad Alliance hätte der Zeitpunkt sicherlich besser sein können. Am Vormittag musste RTL für die „Stefan-Raab-Show“ neue Einschaltquotentiefs hinnehmen, als das erst vor wenigen Wochen gestartete Studio der Show als Kulisse für die Programmvorführung diente, mit der sich der RTL-Vermarkter dieses Jahr bis weit in den Herbst Zeit gelassen hatte.
Rückenwind sieht anders aus – und doch hatte Stefan Raab seinen großen Auftritt in Hürth und besang die Chief Content Officer Inga Leschek („Who the Fuck is Inga“), die letztlich selbst Entertainment-Qualitäten bewies, indem sie routiniert durch die Vorführung in Raabs TV-Wohnzimmer führte. Im „Mitarbeiterinterview“ mit Raab machte sie auch deutlich, wer beim Sender wirklich das Sagen hatte: „Er hat sich wie Napoleon zum RTL-Chef gekrönt. Heute erkläre ich ihm, dass er sich geirrt hat.“ Raab wiederum erklärte, dass er die Herausforderung nicht nur inhaltlich, sondern auch produktionstechnisch suche – und deutete bereits an, dass er eine neue, gute Idee habe. Der Haken: Es sei „leider etwas teuer“.
Bei einem Journalistenessen wenige Stunden zuvor hatte sich Leschek trotz der jüngsten Einschaltquotenrückschläge bereits hinter Raab gestellt. Der Tenor: Es ist der Tod, wenn über die Sendung nicht mehr gesprochen wird – und Raab wird auch im Jahr 2025 regelmäßig für Schlagzeilen sorgen. Und so geht es vorerst fröhlich weiter, mit Raabs Weekly, aber auch mit seiner Gameshow, an der er gemeinsam mit Bully teilnimmt. Bekanntlich wird Stefan Raab im November mit Elton in der neuen Quizshow „Die Unzerquizbaren“ – moderiert von Laura Wontorra – antreten.
Und weg von Raab? Neu ist „Die Pumuckl-Show“, mit der RTL den Erfolg der neuen Serie, die bald in die zweite Staffel startet, in diesem Jahr auf die große Bühne ausweiten will. Als Moderator setzt der Sender überraschend auf Tobias Krell, der sich in der ARD seit Jahren als „Checker Tobi“ einen Namen gemacht hat. Und die Gesichter der deutschen Adaption von „Gladiatoren – Die Show der Giganten“, die RTL gemeinsam mit Prime Video dreht, stehen nun fest: Es sind Laura Wontorra, Jan Köppen und Frank Buschmann, die nach Buschis Abschied von „Ninja Warrior“ nun woanders wieder zusammenarbeiten werden. Bis zur Ausstrahlung im Free-TV wird es allerdings noch eine Weile dauern: „Gladiators“ wird in der laufenden Staffel nicht auf RTL zu sehen sein.
Schneller dürfte es mit der Adaption des erfolgreichen Musik-Partyspiels „Hitster“ gehen, die der Privatsender wagt. In der Show müssen prominente Teams über mehrere Spielrunden hinweg die Hits vergangener Jahrzehnte auf einer Zeitleiste einordnen. Und auch im Reality-Bereich gibt es Neuzugang – vor allem mit Blick auf RTL+: „Prominent Separate“ bekommt mit „Prominent Related“ einen Ableger. Ansonsten setzt der Streamer vor allem auf Altbewährtes im immer noch boomenden Genre – allerdings mit einigen Anpassungen wie einem neuen Look und Janin Ullmann als Moderatorin von „Temptation Island VIP“ oder Twenty4Tim als Moderatorin von „Reality Queens“.
„Rote Bänder“, „Lehrer und „Nibelungen“
In Sachen Fiktion testet RTL+ nun in wenigen Tagen „Die Nibelungen“ mit Jannis Niewöhner, neben den gerade gestarteten Coming-of-Age-Serien „Euphorie“ und „Pumuckl“, während im Free-TV bei RTL vor allem massentaugliche Krimis den Erfolg des „tödlichen Diensttags“ ausbauen sollen. Hier waren bereits zwei neue Serien angekündigt: „Haveltod“ mit „GZSZ“-Star Wolfgang Bahro und „Einsatz Seeler“ mit Sebastian Ströbel. Abseits der Kriminalromane ist in der aktuellen Staffel auch das Comeback von „The Teacher“ mit Hendrik Duryn geplant.
Genau wie bei RTL dreht sich bei Vox alles um Bewährtes, allen voran die Neuauflage von „Club der Roten Bänder – Die neue Generation“. Darüber hinaus ist ein Wiedersehen mit der „Herbstresidenz“ geplant und nach dem guten Eröffnungserfolg geht es mit „Grenzenlos Genial Gekocht mit Henssler und Lafer“ weiter. Auch Sebastian Lege wird mit einem Weihnachtsspecial im Dezember „Weihnachtsluft schnuppern“. Die Kindermarke Toggo bietet ab sofort die „Toggo League“ rund um die Bundesliga und die Fußballdoku „Eintracht und ich“ an. Es war bereits bekannt, dass der Sender das Berlin Game der NFL exklusiv für Kinder übertragen würde.
Generell rücken die Verantwortlichen in Köln zunehmend den Sport in den Fokus – das zeigen nicht nur die NFL, sondern auch die seit dieser Saison neu ins Programm aufgenommenen Zweitliga-Übertragungen und der jüngst angekündigte Erwerb einiger DFB-Pokalrechte. DFB-Länderspiele, die Europa League, MMA-Kämpfe, der Berlin-Marathon und die Kings League gehören ebenfalls zum Portfolio, das im Dreiklang auf RTL, Nitro und RTL+ ausgetragen wird.
„Unsere Stärke liegt in der Mischung aus Markenkraft, Kreativität und dem Mut, etwas Neues auszuprobieren“, blickt Inga Leschek, Chief Content Officer RTL Deutschland, in die Zukunft. „Ob Shows, Fiktion oder Reality – wir wollen unser Publikum begeistern und zeigen, dass wir für vielfältige, hochwertige Unterhaltung stehen, die Menschen über alle Plattformen hinweg bewegt. Spannender Live-Sport und relevanter Journalismus runden unser Angebot ab und machen RTL Deutschland zu einer Heimat für alle, die gute Programme lieben.“
Der Mut, etwas Neues auszuprobieren, war an diesem Spätnachmittag in der Hürth jedoch bestenfalls nur teilweise zu erkennen – was aber auch an der Kulisse liegen dürfte, schließlich hat Gastgeber Stefan Raab seit seinem Comeback nicht gerade mit allzu vielen frischen Ideen von sich reden gemacht. Und doch bot die Ad Alliance-Vorführung dank Leschek und Raab, aber auch weiterer prominenter Gäste wie Hendrik Duryn, Laura Wontorra und Steffen Henssler, die die Reise nach Hürth antraten, einen unterhaltsamen Ritt durch das Programm der Gruppe.
Ob sich die gute Stimmung der Vorführung in den Alltag übertragen lässt, hängt natürlich in erster Linie von den TV-Werbekunden ab, die sich zuletzt mit Vorbehalten einen Namen gemacht haben. Auch künftig will sie RTL mit Größe beeindrucken, etwa durch den nun bekannt gewordenen Vermarktungsauftrag für HBO Max und die noch in der Schwebe stehende Sky-Übernahme, mit der sie Amazon und Netflix zeigen wollen, „wo in Deutschland der Streaming-Hammer steht“, wie RTL-Deutschland-Chef Stephan Schmitter am Ende erklärte, bevor Stefan Raab erneut zum Mikrofon griff und direkt an die Kunden appellierte: „Dein Geld, das bekommt Schmitti – und nicht der Berlusconi!“
