Werden hessische Steuerzahler mehr zur Kasse gebeten? Viele Verbraucher befürchten dies im Zuge der Grundsteuerreform. Während sich viele Kommunen offenbar zurückhalten, gibt es Anzeichen für erste Steuererhöhungen.
Die meisten hessischen Immobilieneigentümer werden ihre kommunalen Grundsteuerbescheide voraussichtlich erst Anfang 2025 erhalten. Die ersten können jetzt selbst berechnen, wie viel Grundsteuer sie zahlen müssen.
Zum Beispiel Susanne Kolb-Wachtel. Sie lebt in Königstein (Hochtaunus) in einem eigenen Haus mit großem Grundstück. Ab 2025 werden jährlich rund 1.020 Euro fällig, fast 130 Euro mehr als bisher, wie der 70-Jährige erklärt: „Wir sind Rentner, das belastet uns natürlich finanziell.“
Kolb-Wachtel berichtet, dass sie in ihrem Bekanntenkreis Menschen kennt, die es noch härter trifft. Sie alle haben wenig Verständnis für die bevorstehende Erhöhung der Grundsteuer.
Das Land empfiehlt für jede Gemeinde einen Steuersatz
Auch wenn die Bescheide in Königstein noch nicht verschickt wurden, steht bei der Grundsteuer schon jetzt fest: Die Stadt wird den Hebesatz dafür mehr als verdoppeln. Im nächsten Jahr wird sie von 540 auf 1.290 Prozent steigen. Das ist deutlich mehr als das Land Hessen empfiehlt – nämlich fast 945 Prozent.
Das Finanzministerium weist die Kommunen darauf hin, dass sie nach der Grundsteuerreform, die 2025 in Kraft tritt, nicht mehr Geld verdienen sollten als zuvor. Genau das meint man mit dem in diesem Zusammenhang häufig verwendeten, sperrigen Begriff der Erlösneutralität.
Um dies zu erreichen, hat das Ministerium für jede einzelne Gemeinde den entsprechenden Hebesatz berechnet. Nach Angaben des Hessischen Steuerzahlerbundes handelt es sich erst dann um eine offizielle Erhöhung der Grundsteuer, wenn dieser sich für einen höheren Satz entscheidet.
Dies zeigt sich am Beispiel der Stadt Oberursel (Hochtaunus): Der angenommene Hebesatz von 1.270 Prozent erscheint auf den ersten Blick sehr hoch. Die Stadt setzt genau die Empfehlung des Landes Hessen um und wird den Steuerzahler nicht stärker belasten als bisher.
Die Bensheimer befürchten einen drastischen Anstieg
Bensheim (Bergstraße) plant dagegen sogar einen Steuersatz von 1.450 Prozent. Das liegt tatsächlich deutlich über dem empfohlenen Wert von 617 Prozent. Dieser kommunale Beschluss löst Proteste bei den Bürgern aus, der Stadtrat wird aber noch in zwei Wochen darüber abstimmen.
Wie in Bensheim haben viele Kommunen noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Dafür haben sie bis Ende des Jahres Zeit.
In Frankfurt zum Beispiel ist noch nichts sicher. Die Stadt rechnet mit einem „aufkommensneutralen“ Hebesatz von knapp 855 Prozent. Das würde bedeuten, dass allein aus der Grundsteuer 220 Millionen Euro pro Jahr eingenommen würden – etwa so viel wie in den Vorjahren. „Wir folgen der Empfehlung des Landes“, sagt Stadtkämmerer Bastian Bergerhoff (Grüne).
„Für Einzelpersonen kann es durchaus teurer werden“
Laut Bergerhoff darf die Erlösneutralität nicht missverstanden werden. Denn für den Einzelnen könnte es teurer werden, sagt der Frankfurter Stadtkämmerer: „Es ist klar, dass einige Steuerzahler weniger und andere mehr zahlen werden.“
Das liege nicht am Hebesatz, erklärt Bergerhoff, sondern am zweiten wichtigen Faktor bei der Berechnung der Grundsteuer: dem Grundsteuermessbetrag.
Im Zuge der Reform wurden in Hessen erstmals seit den 1960er Jahren alle 2,7 Millionen Immobilien und die darauf befindlichen Grundstücke neu bewertet. Dadurch haben sich die Messgrößen teilweise deutlich verändert.
Gehobene Viertel werden teurer
Besonders spürbar dürfte sich dies in hessischen Großstädten auswirken, sagt Gregor Weil, Geschäftsführer der Eigentümergemeinschaft Haus und Grund Frankfurt: „Wir beobachten, dass in Frankfurt beispielsweise die gehobenen Stadtteile wie Bornheim, Sachsenhausen, Besonders beliebt sind Westend und Nordend wegen ihrer guten Immobilienlage. Die Lage wird im neuen Grundsteuermodell extra besteuert.“ Dadurch wird sich die Grundsteuer teilweise sogar verdoppeln, während sie in Randgebieten niedriger ausfällt.
Im Gegensatz dazu führt die Neubewertung der Grundstücke in der kleinen hessischen Gemeinde Lorch im Rheingau-Taunus-Kreis dazu, dass diese nach eigenen Angaben nun einen deutlich niedrigeren Hebesatz benötigt, um die gleiche Höhe der Grundsteuer zu erheben. In diesem Jahr sorgte die kleine Weinstadt bundesweit für Schlagzeilen mit einer extrem hohen Hebequote, für 2025 plant sie jedoch nur knapp halb so viel, nämlich 605 Prozent.
Es betrifft Eigentümer und Mieter
Teilweise erheben Kommunen wie die Stadt Bad Homburg sogar weniger als vom Land empfohlen, was einer Grundsteuerermäßigung gleichkommt, berichtet Jochen Kilp vom Bund der Steuerzahler Hessen. Doch deutlich mehr dürften die Grundsteuern erhöhen, beobachtet er: „Viele Kommunen leiden unter Finanzproblemen und sehen keine andere Möglichkeit, als die Steuern zu erhöhen.“
Statt selbst mehr zu sparen, würden sie die Last auf die Bürger abwälzen, kritisiert Kilp. Das Problem betrifft nicht nur Eigentümer von Grundstücken und Immobilien. Denn sie können die höhere Grundsteuer zeitverzögert über die Nebenkostenabrechnung an ihre Mieter weitergeben.
Vor allem in Großstädten wie Frankfurt, wo die Mieten ohnehin schon hoch sind, ist das ein Problem. Deshalb überlegt die Stadt bereits, wie sie mit möglichen Härtefällen umgehen will.
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Std.1,
Quelle: hessenschau.de
