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Neue Regeln für Zollabkommen: EU-Parlament will Trumps Pläne durchkreuzen

Das Zollabkommen mit den USA ist noch nicht klar. Bevor Brüssel die Steuern auf US-Waren auf Null senkt, muss das EU-Parlament gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten ein Gesetz verabschieden. Die Abgeordneten fordern Sonderregelungen – auch wenn Präsident Trump sein Wort bricht.

Donald Trump hat sich bei den Zöllen durchgesetzt, die EU hat nachgelegt – und die Sache war erledigt? Nein, überhaupt nicht. Bei dem Zollabkommen zwischen Washington und Brüssel handelt es sich ohnehin nicht um ein rechtlich wasserdichtes Abkommen, sondern eher um ein lockeres Abkommen. Und das nutzt der US-Präsident, um weitere Forderungen zu stellen. So will er nun beispielsweise auf Teile von mehr als 400 anderen Produkten nicht den vereinbarten 15-Prozent-Grundzoll erheben – sondern die 50-Prozent-Abgaben, die für Produkte aus Aluminium, Stahl und Kupfer gelten. Dies hätte Auswirkungen auf den Export von Motorrädern, Pumpen und Windkraftanlagen.

Doch im EU-Parlament regt sich Widerstand. Fraktionsübergreifend wollen die EU-Abgeordneten Trumps Pläne durchkreuzen und sich nicht weiter erpressen lassen. Sie haben den Hebel in der Hand. Bevor das Abkommen in Kraft tritt, werden die Parlamentarier gemeinsam mit den Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat über ein entsprechendes Gesetz verhandeln. Das bedeutet, dass die EU-Steuern auf alle US-Produkte nur dann auf Null sinken, wenn dieses Gesetz verabschiedet wird.

Verhandlungsführer für das Europäische Parlament ist Bernd Lange als Vorsitzender des Handelsausschusses. Lange hat bereits einige Änderungsvorschläge, die er gemeinsam mit den anderen Abgeordneten und dem Rat weiterentwickeln wird. „Ziel ist es, ein Gesetz zu entwickeln, das weniger asymmetrisch zu Lasten der EU gestaltet ist“, sagte er in einem Interview mit ntv.de.

Fordern Sie, dass das Zollabkommen auf zwei Jahre begrenzt wird

Dafür stellt der SPD-Politiker drei wesentliche Forderungen. Erstens sollten die Zölle für US-Waren in der EU nur dann auf Null gesetzt werden, wenn die von Trump kurz nach dem Deal geforderten 407 neuen Zölle auf Produkte, die teilweise aus Stahl oder Aluminium bestehen, für den jeweiligen Anteil wieder von den zusätzlichen 50-Prozent-Zöllen ausgenommen werden. Aus Langes Sicht ist dies besonders dringlich, da in Washington darüber diskutiert wird, die Liste der betroffenen Produktkategorien erneut zu erweitern – etwa um Industriemaschinen und Roboter.

Darüber hinaus laufen im Weißen Haus Untersuchungen zu möglichen weiteren Zöllen auf Importe für die Chipproduktion, Medizintechnik und den Maschinenbau – möglicherweise Vorbereitung auf weitere Zölle. Deshalb fordert Lange zweitens, dass Brüssel die Zollsenkungen zurücknehmen könne, wenn Trump erneut mit neuen Steuern um die Ecke käme. Drittens will Lange die Zollsenkungen für die Amerikaner auf zwei Jahre begrenzen, sonst wären sie nicht mit den Regeln der WTO vereinbar. Dann sollte der alte Status quo wiederhergestellt oder wieder an den Verhandlungstisch gesetzt werden.

Der Handelsausschuss wird am 4. November erstmals Langes Änderungsanträge diskutieren. Es wird erwartet, dass sich die Verhandlungen mit dem Rat noch mindestens sechs Monate hinziehen, bevor das Gesetz endgültig verabschiedet wird. Die grüne Vorsitzende des Binnenmarktausschusses, Anna Cavazzini, signalisiert Unterstützung für Langes Vorschläge. „Das Zollabkommen in seiner jetzigen Form ist so schlecht, dass wir als Grüne dafür nicht die Hand heben können. Im Gesetzesvorschlag der Kommission heißt es bereits: Sollten sich die Amerikaner nicht an das Abkommen halten, kann die EU per Sekundärrecht entscheiden, das Abkommen mit Trump oder zumindest die Zollsenkung für die USA auszusetzen“, sagt Cavazzini ntv.de. Dieses Zeitfenster sollte das Parlament unbedingt nutzen, um zumindest die hohen US-Zölle auf Stahl, Aluminium und Kupfer zu senken. Cavazzini besteht wie Lange auf einer zeitlichen Begrenzung der Zollsenkung für die USA.

EVP hält sich mit Kritik zurück

Auch Abgeordnete ganz links und rechts im Parlament könnten Punkten in Langes Änderungsanträgen zustimmen. Die erfolglosen Misstrauensanträge gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die beide Seiten letzte Woche im Parlament eingereicht hatten, beruhten vor allem auf der heftigen Kritik am Zollabkommen mit Trump. Die entscheidende Frage wird sein, wie sich die EVP, die größte Fraktion im Parlament, verhält.

Die Kritik der Konservativen am Abkommen mit den USA ist leiser geworden – schließlich gehört von der Leyen als CDU-Mitglied selbst der EVP an. Große Lobeshymnen gibt es allerdings noch nicht. „Bin ich von diesem Abkommen begeistert? Auf keinen Fall. Aber ich denke, es ist die beste von vielen schlechten Optionen, die es derzeit gibt“, sagt Andreas Schwab, CDU-Politiker und Mitglied im Binnenmarktausschuss, ntv.de. Die Amerikaner müssten sich ebenso wie die Europäer an die Vereinbarung halten; es ist schon schwarz auf weiß da. Schwab schätzt, dass der Effekt, bestimmte Mechanismen gesetzlich umzusetzen, wenn Trump sein Wort bricht, gering ist. „Deshalb denke ich, dass wir in der EVP kein großes Interesse daran haben – wir könnten uns aber einigen, wenn es einige andere Parlamentsmitglieder glücklich machen würde“, fuhr Schwab fort.

Lang Er ist jedenfalls davon überzeugt, dass er auch EVP-Abgeordnete auf seine Seite ziehen kann. Schließlich betreffen die von Trump in der EU verhängten Zölle viele Unternehmen, die mit Produkten handeln, die auch Stahl oder Aluminium enthalten. Um europäische Unternehmen zu schützen, hat die EU-Kommission eine Ausweitung der EU-Zölle auf Stahl vorgeschlagen. Demnach werde jedes Jahr nur noch halb so viel Stahl zollfrei auf den EU-Markt gelangen wie bisher, erklärte Industriekommissar Stéphane Séjourné. Zusätzlich wird ein 50-Prozent-Tarif fällig. Brüssel will die europäische Stahlindustrie vor billigerer Konkurrenz aus China schützen – hofft aber auch, Druck für weitere Verhandlungen mit den USA aufzubauen.

Der Rat diskutiert bereits über Änderungen des Zollabkommens

Die negativen Auswirkungen von Trumps Zöllen auf die europäische Wirtschaft könnten auch die Staats- und Regierungschefs im Rat davon überzeugen, seine Änderungsanträge anzunehmen, sagt Lange: „Viele Mitgliedsstaaten sehen, wie ihre Unternehmen leiden. Vielleicht werden nicht alle Vorschläge angenommen, aber einige Aspekte werden bereits im Rat diskutiert.“

Letztlich könnte auch die wirtschaftliche Dynamik in den USA Trump irgendwann einen Riegel vorschieben. Letztlich müssen die US-Verbraucher die Kosten für die Zölle aufgrund höherer Preise für importierte Waren und Störungen der Lieferketten tragen. Mit seiner Zollpolitik könnte Trump die Inflation in den USA weiter anheizen und einen weiteren Kursverfall an den Aktienmärkten auslösen. Einige Gouverneure in den USA seien daher äußerst besorgt, sagt Lange.

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