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Neue Herztherapie in München gibt Schwerkranken Hoffnung

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Höchste Konzentration bei einem Kathetereingriff an der Herzklappe: PD Dr. Hendrik Ruge (links) und Professor Markus Krane
Höchste Konzentration bei einem Kathetereingriff an der Herzklappe: PD Dr. Hendrik Ruge (links) und Professor Markus Krane © Foto: Universitätsklinikum der TUM

Herzspezialisten können immer mehr Menschen mit sanften Operationstechniken und Therapien helfen. Jetzt ist ein weiterer Durchbruch gelungen. Ein Münchner Klinikchef erklärt die Dinge.

Bei der Behandlung erkrankter Herzklappen können Ärzte zunehmend auf größere Operationen verzichten. Mittlerweile nutzen sie meist minimalinvasive Operationstechniken oder noch häufiger sogenannte Katheterverfahren. An ihrer Weiterentwicklung wird seit Jahren intensiv geforscht. Nun ist ein weiterer Meilenstein erreicht: Jede der vier Herzklappen kann nun durch einen dünnen Schlauch ersetzt werden, der durch einen Mini-Schnitt in der Leiste eingeführt wird. „Damit können wir insbesondere vielen älteren und sehr kranken Patienten helfen, für die eine herkömmliche Operation mit Eröffnung des Brustbeins und Einsatz der Herz-Lungen-Maschine zu belastend wäre“, berichtet Prof. Markus Krane, Leiter der Herzchirurgie am Deutschen Herzzentrum München am Universitätsklinikum der TUM. „Deshalb gehören die neuen Therapien für strukturelle Herzklappenerkrankungen neben Medikamenten gegen Herzinsuffizienz zu den größten Fortschritten in der jüngeren Geschichte der Herzmedizin.“

Erkrankte Herzklappe: Schonender Kathetereingriff jetzt auch für die Mitralklappe

Der medizinische Hintergrund: Bisher hat der sanfte Leistenzugang zur Mitralklappe nicht funktioniert. Anders als bei Defekten der anderen drei Herzklappen musste die gefaltete Prothese – in diesen Fällen die künstliche Mitralklappe – mit einem etwas größeren Katheter über die Herzspitze eingeführt werden. „Dazu war ein kleiner Schnitt zwischen den Rippen auf der linken Seite der Brustwand erforderlich“, erklärt Krane. Doch nun steht eine neue Technologie zur Verfügung. Es stammt aus den Entwicklungslaboren des kalifornischen Unternehmens Edwards Lifesciences. Die neue Mitralklappenprothese namens „Sapien M3“ kommt nun in ersten deutschen Kliniken zum Einsatz. Diese Technologie wird in diesem Jahr auch am Deutschen Herzzentrum München verfügbar sein.

Eine künstliche Herzklappe. © Foto: Gülland

Die Kathetertechnologie hat die Klappentherapie revolutioniert. Vor 18 Jahren wurde auf diese Weise in der Lazarettstraße die erste Aortenklappe ersetzt. Die Aortenklappe stand damals im Fokus der Forschung, da sie im Laufe des Lebens viel häufiger – sozusagen durch Abnutzung – geschädigt wird als jede andere Klappe. Erst in den letzten Jahren kamen Lösungen für die Trikuspidalklappe, die Mitralklappe und die sehr selten betroffene Pulmonalklappe hinzu. Wie effektiv die Katheterverfahren sind, zeigte sich bereits in einer Münchner Studie zu künstlichen Mitralklappen: Sie weisen keinen nennenswerten Verschleiß auf und lecken nicht (wir berichteten). Im Herzzentrum werden rund 85 Prozent der reinen Mitralklappenpatienten minimal-invasiv mittels Katheterklappentechnik oder schonenden chirurgischen Eingriffen behandelt – ein äußerst hoher Anteil.

Die neuen Therapien für strukturelle Herzklappenerkrankungen gehören neben Medikamenten gegen Herzinsuffizienz zu den größten Fortschritten in der jüngeren Geschichte der Herzmedizin.“

Die Fortschritte bei Katheterverfahren spiegeln sich auch in neuen Leitlinien zur Behandlung von Herzklappenerkrankungen wider, die Ende August auf dem Europäischen Kardiologiekongress vorgestellt wurden. Die Altersgrenze für die Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) wurde daraufhin von 75 auf 70 Jahre gesenkt. Auch bei defekten Mitralklappen gibt es eine neue Empfehlung – hin zu minimalinvasiven Eingriffen.

So funktioniert die Katheterbehandlung

Der Patient kommt am Tag vor dem Eingriff in die Klinik. Dort wird eine Computertomographie (CT) vom gesamten Körper bis zur Leiste durchgeführt – unter anderem zur Beurteilung der Zugangswege für den Katheterschlauch. Bei einer speziellen Ultraschalluntersuchung (Herzecho) prüfen die Fachärzte noch einmal, ob die Herzklappe tatsächlich defekt ist und ausgetauscht werden muss. Auch die Herzkranzgefäße werden häufig untersucht – entweder mit einer sogenannten Angiographie (Herz-CT) oder im Herzkatheterlabor. Es wird geprüft, ob neben der Herzklappenerkrankung auch eine schwere koronare Herzkrankheit (KHK) vorliegt. „Dann kann es sein, dass nicht nur die Herzklappe ersetzt werden muss, sondern auch Stents eingesetzt oder Bypässe gelegt werden müssen“, erklärt Herzchirurg Prof. Markus Krane. Beim Eingriff am nächsten Tag wird die künstliche Herzklappe – auf das kleinste Packmaß gefaltet – durch den Katheterschlauch ins Herz transportiert und dort entfaltet. Um auf der sicheren Seite zu sein, übernachtet der Patient auf der Intensivstation, bevor er für etwa zwei weitere Nächte auf die Normalstation verlegt wird. Nach der Entlassung erfolgt in der Regel ein Aufenthalt in einer Reha-Klinik.

Professor Markus Krane: „Patienten erholen sich schneller“

„Patienten erholen sich nach Behandlungen mit Katheterverfahren im Allgemeinen schneller“, sagt Krane. „Auch die Komplikationsrate und das Anästhesierisiko sind geringer.“ Im Gegensatz zu offenen oder minimalinvasiven Operationen ist bei Kathetereingriffen kein Atemschlauch erforderlich; Während des Eingriffs erhalten die Patienten lediglich eine sanfte Dämmerungsnarkose, ähnlich einer Koloskopie. Der Eingriff dauert nur 30 bis 90 Minuten – im Vergleich zu drei bis vier Stunden bei einer Operation. Ein Katheterpatient bleibt in der Regel etwa vier Tage in der Klinik, während jemand, der sich einer minimalinvasiven Operation unterzogen hat, etwa sechs Tage in der Klinik bleibt.

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