
In einer spätabendlichen Fernsehansprache erhob der südkoreanische Staatschef Yoon Suk Yeol schwere Vorwürfe gegen die Opposition im Land. Er erklärte das Kriegsrecht. Das Parlament forderte ihn auf, die Entscheidung rückgängig zu machen.
Der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol hat das Kriegsrecht ausgerufen. In einer live im Fernsehen übertragenen Rede warf er der Opposition des Landes Sympathien für Nordkorea vor. Der ausgerufene Ausnahmezustand ziele darauf ab, „pro-nordkoreanische Kräfte zu eliminieren und die verfassungsmäßige Ordnung der Freiheit zu schützen“, sagte Yoon.
Das Staatsoberhaupt bezeichnete das Parlament in Seoul als „Zufluchtsort für Kriminelle“, die die demokratische Ordnung in Südkorea beseitigen wollten.
Kurz darauf forderte das südkoreanische Parlament die Aufhebung des Kriegsrechts. Die anwesenden Abgeordneten hätten für einen entsprechenden Beschluss gestimmt, berichteten südkoreanische Sender. Laut Verfassung muss Yoon den Ausnahmezustand aufheben, wenn eine Mehrheit des Parlaments dafür stimmt.
Wie die offizielle Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, ist der Zugang zum Parlament, der Nationalversammlung in Seoul, derzeit gesperrt. Darüber hinaus sind alle politischen Aktivitäten, einschließlich Proteste und Parteiaktionen, verboten. Das Kriegsrecht schränkt auch die Aktivitäten von Medien und Verlagen ein. Einzelheiten zu Yoons Vorwürfen wurden zunächst nicht bekannt. Nach Angaben der New York Times kam es vereinzelt zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Insgesamt verliefen die Proteste weitgehend friedlich.
Panzer und Soldaten würden bald das Land kontrollieren, hieß es
Die Opposition hat die Maßnahmen scharf kritisiert. Laut einem Yonhap-Bericht bezeichnete Oppositionsführer Lee Jae Myung das erklärte Kriegsrecht als „verfassungswidrig“ und unbegründet. Panzer und Soldaten mit Gewehren würden bald das Land kontrollieren, sagte Lee laut Yonhap.
Kritik kam auch von Yoons Regierung selbst. Laut lokalen Medienberichten bezeichnete der Vorsitzende der regierenden Partei, Han Dong Hoon, das Kriegsrecht als „falsch“. Han sagte, sie würden es „gemeinsam mit dem Volk stoppen“.
Yoon Suk Yeol steht seit Monaten unter innenpolitischem Druck. Kürzlich hat ein mutmaßlicher Korruptionsskandal um seine Frau seine Beliebtheitswerte weiter gesenkt. Auch um das Haushaltsgesetz für das kommende Jahr streitet die amtierende Partei mit der Opposition.
Die US-Regierung steht mit der Regierung in Seoul in Kontakt. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats sagte am Dienstag in Washington, die US-Regierung beobachte „die Situation genau“.
Auch auf der koreanischen Halbinsel nehmen die Spannungen seit Monaten zu. In den letzten zwei Jahren hat Nordkorea seine Raketentests deutlich ausgeweitet und seine Rhetorik gegenüber den USA und Südkorea verstärkt. Darüber hinaus schickte Nordkorea nach Angaben des südkoreanischen Geheimdienstes und des US-Verteidigungsministeriums mehrere tausend Soldaten nach Russland, wo sie vermutlich auf einen Einsatz gegen die Ukraine vorbereitet werden.
Reuters/AFP/ll/krott/säd