Berlin – Gibt es nächste Woche endlich Klarheit für Millionen junger Deutscher? Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erwartet eine schnelle Einigung über den Wehrdienst.
„Meiner Meinung nach sind wir auf der Zielgeraden und ich bin sehr optimistisch, dass wir uns nächste Woche einigen werden“, sagte Pistorius am Freitagabend in den ARD-„Tagesthemen“.
Ein heiserer Minister hatte zuvor auf der Bundeswehrkonferenz in Berlin erklärt, dass seine Heiserkeit nicht nur „auf die Temperaturen zurückzuführen sei, sondern auch auf die vielen, vielen Gespräche, die wir derzeit führen“.
Boris Pistorius steigt aus der Boeing P8-A „Poseidon“, die gerade im militärischen Teil des Flughafens Berlin Brandenburg gelandet ist
Der Minister kündigte am Freitag zudem zahlreiche Reformen innerhalb der Bundeswehr und seines Ministeriums an. „Wenn jeder nur ein bisschen Verantwortung trägt, ist am Ende keiner verantwortlich“, warnte Pistorius. Führung bedeutet, Entscheidungen zu treffen, auch wenn diese unbequem sind.
Ermutigung erhielt er von Bundeskanzler Friedrich Merz. „Wir können den Bedrohungen von heute nicht mit den Verwaltungsvorschriften von gestern begegnen.“ Die Kanzlerin forderte die anwesenden Bundeswehroffiziere auf, „zu langsame und zu komplexe Arbeitsabläufe zu beseitigen“. Die „Lösungen von gestern“, sagte Merz, „können heute nicht mehr stimmen.“
Bundeskanzler Merz (69, CDU) meldete sich per Videobotschaft bei den Soldaten in Berlin
Pistorius machte deutlich, dass der Angriffskrieg gegen die Ukraine für ihn nur ein Zwischenschritt sei. „Russland bereitet sich auf einen weiteren Krieg vor.“ Um darauf vorbereitet zu sein, muss sich die Bundeswehr grundlegend verändern. Innen agiler, außen schneller.
Generalinspekteur Carsten Breuer fügte hinzu, dass Deutschland „noch einmal über den Krieg nachdenken muss. Das haben wir noch nicht so lange gemacht. Wir haben es geschafft. Wir haben es oft anderen überlassen.“ Breuer sprach von einer „düsteren Übergangszeit, in der es zwar noch keinen Krieg, aber auch nicht mehr völligen Frieden“ gebe.
Deutschlands höchster Soldat Carsten Breuer (60) am Freitag auf der Bundeswehrkonferenz in Berlin
Seit August hatte die schwarz-rote Koalition um eine Einigung über den Wehrdienst gekämpft. Hunderttausende junge Menschen blieben monatelang im Unklaren darüber, ob und wann sie in die Bundeswehr eintreten müssten.
▶︎ Kritik am Vorgehen des Ministers und der Bundesregierung zum neuen Wehrdienst kommt von Daniela Broda (41), Leiterin des Bundesjugendrates.
Broda zu BILD: „Sicherheit im 21. Jahrhundert geht weit über die Fähigkeit zum militärischen Ausbau hinaus. Wer die Verteidigung modernisieren will, darf sich daher nicht auf die ‚einfachste Lösung‘ – den Zugang zu jungen Menschen – beschränken, sondern muss auf langfristige Strukturen setzen und die Verantwortung und notwendigen Beiträge gerecht auf alle Generationen verteilen.“
Und Quentin Gärtner (18), Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, sagt zu BILD: „Wo sollen all die motivierten jungen Menschen herkommen, wenn es um ihren Kopf geht?“ „Die Jungen“, sagte der 18-Jährige, könnten es nur richten, „wenn die Bundesregierung uns von Anfang an einbezieht.“ Dafür sei „eine Großoffensive für die psychische Gesundheit und Bildung junger Menschen nötig. Und dann regeln wir das mit der Landesverteidigung.“
Pistorius kämpferisch: „Meine Absicht ist es, dass Deutschland bis zum Ende dieses Jahrzehnts über eine einsatzbereite, zukunftsfähige und digital vernetzte Bundeswehr verfügt, die die Ziele der NATO erfüllt, den deutschen Einsatzplan erfüllt und eine sichtbare und wirksame Abschreckung an der Ostflanke darstellt.“
Die Bundeswehr verfügt derzeit über rund 182.000 aktive Soldatinnen und Soldaten. Um seinen NATO-Verpflichtungen nachzukommen, soll sie auf rund 260.000 Streitkräfte aufgestockt werden. Geplant sind weitere 200.000 Reservisten.
