Nach Selenskyjs Vorschlag
USA unterstützen Friedensgipfel mit Russland
16.07.2024, 05:29 Uhr
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Statt auf Friedensappelle von Russlands Freunden zu warten, ergreift Kiew nun die Initiative. Selenskyj schlägt vor, ein neuer Gipfel im November mit russischer Beteiligung solle Wege aufzeigen, wie der Krieg in der Ukraine beendet werden könne. Washington ist dafür, Moskau nicht.
Die USA unterstützen den Vorschlag des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, russische Vertreter zu einer zweiten Friedenskonferenz in dem seit mehr als zwei Jahren andauernden Krieg einzuladen. „Es liegt an der Ukraine, zu entscheiden, wann und wie und in welchem Zustand sie in diplomatische Verhandlungen eintritt“, sagte US-Außenministeriumssprecher Matthew Miller in Washington. „Wir unterstützen die ukrainische Regierung.“
Miller sprach mit Journalisten darüber, ob die USA Selenskyjs Vorschlag, Russland zu dem Treffen einzuladen, anders als beim ersten Friedensgipfel Mitte Juni in der Schweiz, gutheißen. Das könne nur die Ukraine selbst entscheiden, sagte Miller. Es brauche einen gerechten Frieden. „Die Ukraine ist hier das Opfer, die Ukraine sieht, wie ihr Land überfallen wird.“ Deshalb entscheide sie, ob und in welchem Format verhandelt werde. „Aber es war nie klar, ob der Kreml zu echter Diplomatie bereit ist“, so Miller. Die USA hatten sich schon vor dem Krieg für eine diplomatische Lösung des Konflikts stark gemacht. Heute ist das Land der größte Waffenlieferant für eine militärische Lösung.
Kiew: Zweiter Friedensgipfel im November geplant
Selenskyj hatte zuvor Journalisten in Kiew gesagt, russische Vertreter sollten an einem zweiten Friedensgipfel teilnehmen. „Ich habe die Aufgabe gestellt, im November einen komplett fertigen Plan zu haben. Wenn der Plan fertig ist, wird alles für den zweiten Gipfel bereit sein.“
Vorbereitende Verhandlungen seien bis dahin in Katar geplant, im Sommer in der Türkei und im September in Kanada, sagte Selenskyj, der selbst einen Friedensplan vorgelegt hat. Ein zentraler Punkt darin ist der vollständige Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine. Moskau hat dies als unrealistisch zurückgewiesen. Russland selbst hat mehrfach beteuert, zu Verhandlungen bereit zu sein – allerdings unter anderem unter der Bedingung, dass Kiew Territorium abtritt. Die Ukraine lehnt dies ab.
Russland werde an einem solchen Gipfeltreffen unter der Leitung von Selenskyj nicht teilnehmen, sagte Leonid Sluzki, Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses der russischen Staatsduma. Er bezeichnete die ukrainische Führung als vom Westen kontrollierte „Marionetten“, die sich von Moskau keine Bedingungen diktieren ließen. Sluzki betonte, eine Reihe von Ländern hätten Kremlchef Wladimir Putin Friedensinitiativen vorgelegt. Er erinnerte zudem daran, dass Russland Selenskyj nach dem offiziellen Ablauf seiner Amtszeit nicht mehr als Präsidenten anerkenne. Selenskyj hatte die Wahlen im Mai wegen des Kriegsrechts verschoben.
Washington gegen Angriffe mit US-Waffen auf Russland
Die USA halten unterdessen an ihrer Entscheidung fest, den Einsatz der von ihnen gelieferten Waffen für Angriffe auf Militärbasen im russischen Hinterland nicht zuzulassen. Angriffe auf russische Regionen in Grenznähe, von denen aus Luftangriffe gegen die Ukraine geflogen werden, seien erlaubt, sagte Ministeriumssprecher Miller. Weiter wollen die USA nicht gehen. Selenskyj hatte wiederholt gefordert, westliche Waffen für Angriffe auf militärische Ziele auch tief im russischen Hinterland freizugeben. Bisher nutzt das Land dafür eigene Drohnen und Raketen. Russland hatte den Westen davor gewarnt, den Einsatz von Waffen aus Nato-Staaten für Angriffe auf sein Territorium zuzulassen. Das Land wirft den USA und den anderen westlichen Verbündeten der Ukraine vor, bereits tief in den Krieg verstrickt zu sein.
In Washington betonte Außenministeriumssprecher Miller, die USA beliefern die Ukraine bereits seit mehr als zwei Jahren mit Waffen zur Abwehr russischer Angriffe. Ziel sei es, das Land mit einem Luftabwehrsystem und den angekündigten F-16-Kampfflugzeugen auszustatten, damit es sich gegen russische Luftangriffe schützen könne. Selenskyj hatte zuvor erneut mindestens 25 Patriot-Luftabwehrsysteme gefordert.
Seit Kriegsbeginn hat die Ukraine mindestens vier Patriot-Systeme erhalten, davon allein drei aus Deutschland. Medienberichten zufolge wurden allerdings mehrere Startrampen durch russische Luftangriffe entweder zerstört oder beschädigt. Ein Komplettsystem bestehend aus Radar, Antennen, Feuerleit- und Kommandostand sowie mehreren Startrampen kostet umgerechnet mehrere Hundert Millionen Euro. Der Stückpreis für eine moderne Flugabwehrrakete beträgt verschiedenen Quellen zufolge umgerechnet knapp über drei Millionen Euro.