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Nach dem Urteil: Was wird aus den deutschen Benko-Baustellen?

Die Verurteilung des Investors René Benko trifft sein Immobilienimperium – und stellt Projekte in deutschen Innenstädten vor unsichere Zeiten. Vom halbfertigen Hamburger Elbtturm über die Alte Akademie in München, das Düsseldorfer Carsch-Haus bis zum Galeria-Kaufhaus in Berlin-Neukölln: Baustopps, Insolvenzverwalter, Käuferangebote und Neuplanungen bestimmen nun die Lage. Ein Blick auf mögliche Käufer, Zieltermine und die größten Hürden.

Der inhaftierte Immobilieninvestor René Benko wurde wegen betrügerischer Insolvenz verurteilt: Ein gutes Signal für den Rechtsstaat und die Betroffenen – auch für deutsche Steuerzahler und Innenstädte? Das Urteil in Wien betrifft zunächst das Privatinsolvenzverfahren des österreichischen Bauriesen. Es werden noch viele weitere Verfahren rund um das undurchsichtige Unternehmensgeflecht seiner Signa-Gruppe folgen.

Das Immobilienimperium, dessen Chef Benko offiziell nicht war, besaß prestigeträchtige Gebäude wie das Chrysler Building in New York oder Palazzi in Venedig und war auch an mehreren Projekten in Deutschland beteiligt. Wie geht es weiter mit den Großbaustellen in Berlin, Hamburg, München, Stuttgart und Düsseldorf? Wir geben einen Überblick, vom Elbtower bis zum Luxuskaufhaus.

Elbtower (Hamburg)

Das vom Stararchitekten David Chipperfield entworfene Hochhaus im neuen Stadtteil HafenCity sollte mit 245 Metern das höchste Gebäude Hamburgs werden, ein Wahrzeichen direkt gegenüber der Elbphilharmonie und 135.000 Quadratmeter Fläche für Büros, Restaurants und Aussichtsplattformen bieten. Der Bau wurde 2023 eingestellt, als Investor Signa in finanzielle Schwierigkeiten geriet und die Kosten explodierten.

Der Elbtower in Hamburg.

© IMAGO/Chris Emil Janßen

Die mittlerweile 100 Meter hohe Muschel wird nach dem ehemaligen Bürgermeister Scholz oft „Kurz-Olaf“ genannt.

Die Stadt Hamburg erwägt nun, einen Teil des halbfertigen Torsos für knapp 600 Millionen Euro zu kaufen, um den Weiterbau zu ermöglichen und dort das Naturkundemuseum unterzubringen. Ein Konsortium um den Immobilieninvestor Dieter Becken soll in Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter den Bau in verkleinertem Umfang, 45 Meter kleiner, fortsetzen. Der Turm könnte bis 2029 fertiggestellt sein.

Das Urteil könnte die Übernahme beschleunigen; Bürger und Behörden müssten zustimmen. Die Rettung des Gebäudes wurde als teuer kritisiert, könnte aber einen städtischen Schandfleck beseitigen.

Alte Akademie (München)

Das historische Ensemble im ehemaligen Jesuitenkolleg – in bester innerstädtischer Lage – sollte saniert, mit Einzelhandel, Gastronomie, Wohnungen, Büros verbunden und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. „Benkos Versprechen: Es der Stadt zurückzugeben, zu horrenden Mieten“, schrieb Der Spiegel.

Gerüstfassade der Alten Akademie in der Neuhauser Straße in München.

© IMAGO/imagebroker/Torsten Krüger

Doch auch hier ruht der Bau seit 2023. Nun steht die Alte Akademie offenbar vor dem Verkauf. Interessenten wie Unternehmer Erich Schwaiger und mehrere Stiftungen haben Angebote eingereicht. Allerdings drohen rechtliche Auseinandersetzungen rund um die Vergabe, Bieter haben Klagen angekündigt, auch um den Erhalt der denkmalgeschützten Spielhallen wird gestritten, auch Forderungen nach mehr Transparenz beim Verkauf werden laut.

Es könnte also zu Verzögerungen kommen, auch wenn die Opes/Thiele-Stiftung favorisiert wird erhält Eigentum aus der Insolvenzmasse. Wie in Hamburg helfen Urteile der Verhandlungsposition.

Two High Five / PATIO (Stuttgart)

Auch hier ein Innenstadtprojekt an einer prominenten Fußgängerzone, der Königstraße. Geplant war ein mehrgeschossiges, modernes Büro- und Geschäftshaus mit begrünten Lichthöfen, den „Patios“. Besonders besonders dürfte laut Signa die klimafreundliche Holzhybridbauweise sein. Der ursprüngliche Name bezog sich auf die Struktur des Gebäudes: zwei Einzelhandels- und fünf Bürogeschosse.

Die Dibag Industriebau AG hat das bisher unter dem Namen Zwei Hoch Fünf bekannte Projekt erworben.

© IMAGO/Arnulf Hettrich

Mit der Insolvenz von Signa im Jahr 2023 kam der Bau zum Stillstand, der Rückbau befand sich noch im Abschluss. Die Dibag Industriebau AG hat das Projekt im Dezember 2024 erworben und nennt es nun „PATIO“. Der Baubeginn ist für 2025 geplant, die Eröffnung ist für den Winter 2027/2028 geplant. Damit ist die Stuttgarter Großbaustelle weiter fortgeschritten als viele andere, die sich noch in der Insolvenzmasse befinden.

Allerdings könnte es durch die Wahl der Baumaterialien oder das Fällen von Bäumen zu Verzögerungen kommen. Es ist also unklar, ob es wirklich ein Holzhybrid sein wird.

Carsch-Haus (Düsseldorf)

Das historische Kaufhaus aus dem Jahr 1915 mit Sandsteinfassade und bester Lage am Heinrich-Heine-Platz sollte als KaDeWe-Ableger ein Luxuskaufhaus und eine Touristenattraktion werden. Auch hier entwarf Stararchitekt Chipperfield für Signa ein Atrium und einen Lichthof zum Platz hin. Auch hier wird der Bau im Jahr 2023 eingestellt; Ziel der Stadt war es nicht, das Gebäude wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen, sondern den Bau fortzusetzen.

Das Carsch-Haus in Düsseldorf.

© IMAGO/Michael Gstettenbauer

Die Thai Central Group übernahm 2024/25 schrittweise die KaDeWe Group, zu der das Carsch-Haus gehört. Seitdem berichteten lokale Medien, dass die Arbeiten wieder aufgenommen wurden. Ziel ist nach wie vor ein Luxuskaufhaus, als Eröffnungstermin soll nun Herbst 2027 kolportiert werden. Die Kommunikation des asiatischen Investors stößt auf Kritik; es geschieht nach und nach, wenn überhaupt. Schließlich sei die Übernahme bereits abgeschlossen und nicht von Urteilen abhängig.


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Karstadt / Galeria (Berlin)

Das historische Kaufhaus Hermannplatzzentral in Neuköllnnicht weit bis Kreuzberg gelegen, hat starke lokale Symbolik. Die Pläne von Signa sahen einen Neubau im Stil des ursprünglichen Gebäudes von 1929 vor. Der Nachkriegsbau von 1951 sollte mit einer rekonstruierten Fassade das Gewerbegebiet und das Viertel aufwerten. Kritiker befürchteten bereits in der Planungsphase eine Verdrängung Gentrifizierung.

Das historische Kaufhaus am Hermannplatz.

© IMAGO/Joko

Im Jahr 2023 wurden die Vorarbeiten eingestellt, die Galeria-Gruppe ging an neue Eigentümer und das Gebäude verblieb in der Insolvenzmasse. Teile werden von Galeria und betrieben Lidlaber viele Bereiche sind leer. Die Berliner Grünen schlugen vor, es als Jugendzentrum zu nutzen. Auch wenn kein Investor in Sicht ist, bleibt das Kaufhaus mit eigenem U-Bahn-Zugang und Wochenmarkt vor der Tür lebendig.

Verwendete Quellen

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