Debatte um Merz‘ „Stadtbild“-Aussagen: Münchens Oberbürgermeister Reiter will mehr Differenzierung – und hat einen klaren Appell an die Bundesregierung.
München/Berlin – Am Anfang war das Flüstern. Bei einer Sitzung zum Thema Asylanträge vor knapp zwei Wochen sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU): „Aber natürlich haben wir immer noch dieses Problem im Stadtbild.“ Deshalb seien wir dabei, „Rückgaben im großen Stil zu ermöglichen“.
Was genau er damit meinte, sagte der Kanzler nicht. „Fragen Sie einfach Ihre Töchter“, antwortete er später auf Nachfrage, doch seine Aussagen blieben nebulös. Erst Tage später gab er seinem Thema einen Kontext und sprach über die Kriminalität in deutschen Großstädten. Wie nehmen die Menschen die Debatte in München eigentlich wahr?
„Stadtbild“-Aussagen von Merz: Münchens Oberbürgermeister Reiter ist anderer Meinung
SPD-Bürgermeister Dieter Reiter hält die „Stadtbild“-Aussagen für wenig hilfreich. „Anstatt sich in relativ nutzlosen Wortgefechten zu verlieren, wäre es viel hilfreicher, wenn die Regierung endlich ihre Hausaufgaben in Sachen Migration machen würde“, sagte er der Münchener Merkur von Ippen.Media. „Wie wäre es stattdessen, endlich gemeinsame Lösungen zu finden – insbesondere für Ballungsräume wie München?“ Reiters Appell an die Bundesregierung: „Integration durch eine deutlich bessere Verteilung innerhalb der EU, aber auch innerhalb Deutschlands zu ermöglichen und nicht die Auswirkungen fehlender bundespolitischer Lösungen zu beschreiben. Das wäre im Interesse der Bürger.“ Und der Betroffenen.“
Die Diskussion gehe „aus beiden Richtungen an der Lebenswirklichkeit vorbei“, sagt Reiter, der Merz deutlich kritisiert: „Einerseits fühlen sich Menschen mit Migrationshintergrund unter Generalverdacht. Aussagen sind nie gut, wenn man hinterher ausführlich erklären muss, was eigentlich gemeint war.“ Schließlich leben in München viele Menschen mit Migrationshintergrund, so der Oberbürgermeister. Der Migrantenanteil in der Metropole liegt bei fast 50 Prozent. „Sie sind aus unserer Stadtgesellschaft nicht mehr wegzudenken“, erklärt Reiter. Einen Zusammenhang zwischen Sicherheit und Migration sieht er kaum: „Fakt ist auch: München ist die sicherste Großstadt Deutschlands.“
Andererseits sollte man nicht verheimlichen, dass es Probleme mit der Einwanderung gibt. „Und mit der Frage nach einer machbaren Integration, die für mich zwangsläufig damit zusammenhängt – zumindest wenn man dafür steht, mit Flüchtlingen menschenwürdig umzugehen und Integration aktiv zu ermöglichen“, sagte der SPD-Politiker. „In absolut beengten Städten wie München wird das nicht ohne Einschränkungen möglich bleiben.“
Allerdings gebe es auch in München problematische Orte, sagte Reiter und nannte als Beispiel den Alten Botanischen Garten, wo es unter anderem immer wieder zu Drogenkriminalität komme: „Situationen wie im Alten Botanischen Garten sind zwar auch lösbar, dürfen aber auch nicht außer Acht gelassen werden.“ (Quellen: eigene Recherche, dpa) (Stift)
