Das Dieselfahrverbot in München muss wohl verschärft werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Berufung der Stadt gegen die Nichtzulassung abgewiesen. Damit wollte die Stadt eine Revision des Dieselurteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) erreichen.
Am 21. März dieses Jahres ordnete er der Stadt die Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO₂) auf dem Mittleren Ring an und forderte ausdrücklich ein neues Fahrverbot, das laut Luftreinhalteplan eine gesundheitliche Vorgabe sein solle. Die Leipziger Richter haben dieses Urteil nun ausdrücklich bestätigt.
Das verschärfte Fahrverbot, das auch Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 betrifft, erschien Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und den Fraktionen SPD/Volt und CSU/Freie Wähler unverhältnismäßig. Mit einer knappen Mehrheit im Stadtrat setzten sie im April statt eines Fahrverbots ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern auf dem betroffenen Ringabschnitt durch. Gleichzeitig beschlossen die Stadträte, die besagte Nichtzulassungsbeschwerde einzureichen. Bis zur Entscheidung in Leipzig war das BayVGH-Urteil noch nicht rechtskräftig.
Mit der neuen Entscheidung hat die Stadt den jahrelangen Rechtsstreit um die Luftreinhaltung verloren. Geklagt hatten die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Deutsche Verkehrsclub (VCD). Oberbürgermeister Reiter sagte am Mittwoch: „Selbstverständlich akzeptieren wir das nun rechtskräftige Urteil.“ Ich habe daher mein Ressort gebeten, die nächsten Schritte zu prüfen und dem Stadtrat zur Entscheidung vorzulegen.“
Trotz des neuen Gerichtsurteils bestand Reiter darauf, das Tempolimit als Erfolg darzustellen. „Die Grenzwerte werden hier seit Einführung der 30-km/h-Geschwindigkeitsbegrenzung im Juni konsequent eingehalten“, sagte der Bürgermeister. „Auch wenn grundsätzlich der Jahresdurchschnitt gilt, ist dies ein Hinweis darauf, dass das Tempolimit auf der Landshuter Allee zu einer Verbesserung der Luftqualität geführt hat.“
Seit Inkrafttreten der 30-km/h-Geschwindigkeitsbegrenzung ist die Belastung zurückgegangen
Zwischen der Dachauer Straße (Parkharfe Olympiapark) und der Arnulfstraße (Donnersbergerbrücke) gilt seit Juni die Geschwindigkeitsbegrenzung 30. Innerhalb eines Jahres soll dann klar sein, ob der NO₂-Grenzwert im Durchschnitt eingehalten wird. Der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm NO₂ pro Kubikmeter Luft. Zuvor wurden auf der Landshuter Allee durchschnittlich 45 Mikrogramm gemessen, doch seit Inkrafttreten des Tempolimits von 30 km/h ist die Belastung von Juni bis September knapp unter den Grenzwert gesunken – ein Wert, der nur bedingt aussagekräftig ist auf den kurzen Zeitraum von nur vier Monaten. Die Monatswerte können auf der Homepage des Landesamtes für Umwelt eingesehen werden.
Solche Zahlenspiele zählen für die Fraktionen Linke/Die Partei und ÖDP/Münchener Liste im Stadtrat nicht. Sie sind dafür, das Fahrverbot so schnell wie möglich einzuführen. „Es ist endlich an der Zeit, dass die Stadt München ihrer Verantwortung gerecht wird und die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger schützt“, sagte ÖDP-Fraktionschef Tobias Ruff.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, erklärte, das Bundesverwaltungsgericht habe endlich deutlich gemacht, dass die Stadt München die Vorgaben des Gerichts missachtet und die Gesundheit ihrer Bürger gefährde. „Der Versuch, die Einführung der notwendigen Dieselfahrverbote bei 30 km/h zu umgehen, war rechtswidrig“, sagte Resch.
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Gibt es ein zonen- oder streckenbezogenes Fahrverbot?
Für den Luftreinhalteplan ist das Umweltamt zuständig. Dessen Chefin Christine Kugler hatte sich bereits nach dem Urteil im März für ein Fahrverbot ausgesprochen. Wie lange es dauern wird, bis so etwas kommt und wie es umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Zuvor muss noch geklärt werden, ob die Stadt lieber ein zonales Fahrverbot einführen möchte, das in der gesamten Umweltzone einschließlich des Mittleren Rings gelten soll, oder ein streckenspezifisches. Für Letzteres müsste der Luftreinhalteplan neu gefasst und eine Bürgerbeteiligung organisiert werden. Dies kann Monate dauern, weshalb sich der BayVGH damals für ein zonales Fahrverbot aussprach.
Sebastian Schall, umweltpolitischer Sprecher der CSU/FW-Bundestagsfraktion, sagte, man werde nun abwarten, welchen Entscheidungsvorschlag sie aus technischer und rechtlicher Sicht erhalten. Sicher ist, dass Münchens Luft seit Jahren immer sauberer wird. „Selbst geringfügige Verstöße an nur einer Stelle im Stadtgebiet rechtfertigen kein bundesweites Fahrverbot“, sagt Schall.
SPD-Fraktionschefin Anne Hübner sagte, die genauen Konsequenzen des Urteils seien noch unklar. „Wir fänden es auf jeden Fall sehr ärgerlich, wenn es unweigerlich zu weiteren Fahrverboten käme, obwohl die Messwerte auf der Landshuter Allee seit Einführung der 30-km/h-Geschwindigkeit konstant unter dem Grenzwert von 40 Mikrogramm liegen.“
Und selbst die Grünen waren vorsichtig. Fraktionschefin Mona Fuchs sagte, Gerichtsentscheidungen würden stets ernst genommen. „Was die aktuelle Situation betrifft, ist noch vieles unklar, da es noch keine wetterbereinigten Werte gibt“, sagt Fuchs. „Wir warten also ab, was die Verwaltung nach rechtlicher Beratung vorschlägt.“