Rund 40 pro-palästinensische Aktivisten versuchten am Freitagabend, die Technische Universität München (TUM) in der Arcisstraße zu besetzen. Mit Rufen wie „Yallah, Yallah, Widerstand“ forderten sie ein Ende jeglicher Zusammenarbeit zwischen der TUM und israelischen Universitäten – und warfen ihr direkte „Beihilfe zum Völkermord“ in Gaza vor.
Der Aktion folgte eine größere Demonstration mit rund 500 Teilnehmern. Dazu riefen die Gruppen „Uni für Palästina“, „Palästina spricht“ und „Klasse gegen Klasse München“ auf; die beiden letztgenannten stehen unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes. Unter dem Hashtag #endacademiccomplicity werfen Aktivisten der TUM durch ihre Forschungskooperationen mit israelischen Partnern direkte „Beihilfe zum Völkermord“ in Gaza vor.
Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 haben die Gruppen in München mehrere Aktionen organisiert, um das Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen und die Position der deutschen Regierung anzuprangern. Das im vergangenen Jahr evakuierte „Zeltlager für Palästina“ wurde größtenteils von denselben Gruppen initiiert.
Bereits im Winter hatten Aktivisten TU-Gebäude mit Parolen wie „Völkermord“ und roten Symbolen beschmiert und versucht, einen Hörsaal zu besetzen. Der Staatsschutz ermittelt gegen die Gruppe „Uni für Palästina“, nachdem diese in sozialen Netzwerken den möglicherweise kriminellen Slogan „Vom Fluss zum Meer“ gepostet hatte.
Am Freitagabend zogen die Demonstranten zunächst vom Königsplatz durch die Stadt, bevor sie vor dem Hauptgebäude der TU in der Arcisstraße Halt machten. Trotz der Anwesenheit von rund 100 Polizisten drang ein Teil der Gruppe in die Eingangshalle ein und protestierte dort weiter. Per Megaphon forderten sie, den Saal nach dem palästinensischen Al-Jazeera-Journalisten Hossam Shabat umzubenennen – er soll laut Israel Hamas-Mitglied und Scharfschütze gewesen sein.
Die Aktivisten bezeichneten die TU als „führendes Beispiel westlicher wissenschaftlicher Institutionen“, die „Komplizen des Völkermords in Gaza“ seien. Ein aktueller UN-Bericht diskutiert Forschungskooperationen zwischen der TUM und israelischen Institutionen, darunter auch Unternehmen mit militärischem Hintergrund. Es gibt jedoch keine Hinweise darauf, dass die Universität direkt an der militärischen Forschung oder an der Zerstörung von Gaza beteiligt war. Die TU äußerte sich bislang nicht zu den Vorwürfen.
Auf Nachfrage sprach die Polizei davon, dass der Vorfall weitgehend friedlich verlaufen sei. Nach rund zweieinhalb Stunden verließen die Aktivisten freiwillig die Eingangshalle und den ersten Stock des Gebäudes. Ob die TU Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs erstatten wird, ist noch unklar.
Am Sonntag meldete sich auch Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle in einer Pressemitteilung zu Wort. Spaenle bezeichnete die Vorwürfe der Aktivisten, die TU sei angeblich mitschuldig am Leid der Menschen in Gaza, eine „abscheuliche Verleumdung“, die jeglicher Grundlage entbehrte. Kritik an der israelischen Regierung muss daher ohne eine Diffamierung deutscher Wissenschaftseinrichtungen auskommen.
