In der Neujahrsnacht haben in München antisemitische Randalierer gewütet. Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, wurden Einsatzkräfte attackiert, als sie im Stadtteil Pasing das Verbrennen von israelischen Flaggen verhindern wollten. Bis zu zehn vermummte Randalierer griffen mit Feuerwerkskörpern, Böllern und Flaschen an und zogen sich immer wieder in die Menge der Umstehenden zurück.
Gegen Mitternacht waren Notrufe von Passanten bei der Polizei eingegangen: Mehrere Personen würden auf offener Straße eine Israel-Flagge verbrennen. Als die Einsatzkräfte an der Ecke Scapinelli-, Lortzing- und Bodenseestraße eintrafen, wurden sie sofort attackiert. Eine israelische Flagge war bereits vollständig zerstört, eine weitere lag zur Verbrennung bereit – neben ihr stand ein Benzinkanister. Nach Informationen des bayerischen Innenministeriums waren immer wieder die Rufe „Free Palestine!“ und „Allahu akbar!“ zu hören.
Die Polizei holte massive Verstärkung, unter anderem das Unterstützungskommando (USK). Etwa 60 Polizistinnen und Polizisten waren schließlich im Einsatz. Auch als sie Platzverweise erteilten, beruhigte sich die Situation zunächst nicht. Es gab im Gegenteil weitere Angriffe. Erst als die Beamtinnen und Beamten den Einsatz von Pfefferspray androhten, zerstreute sich die etwa 60-köpfige Menge. Ein 49 Jahre alter Münchner, eigentlich unbeteiligt an der Randale, mischte sich nach Polizeiangaben massiv ein, als die Personalien von Beteiligten aufgenommen werden sollten. Gegen ihn wurde Pfefferspray angewendet.
Bei dem Einsatz wurden keine Beamten verletzt, Sachschaden an den Polizeiautos entstand nicht. Wegen zahlreicher Delikte ermittelt jetzt der Staatsschutz der Kriminalpolizei. Das für die Verfolgung von politisch motivierten Straftaten mit Bezug zu ausländischen Ideologien zuständige Kommissariat 45 sucht Zeugen der Randale in Pasing.
„Derartigen Vorfällen wird rigoros nachgegangen“, versprach am Donnerstag Thomas Schelshorn, der neue Leiter der Pressestelle im Polizeipräsidium München. Bereits am Mittwoch hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) von Angriffen „antisemitischer Chaoten“ auf die Münchner Polizei gesprochen, ohne die Pasinger Vorfälle explizit zu erwähnen. „Wir können und werden solche Auswüchse linksradikaler und antisemitischer Gewalt nicht dulden“, schrieb Herrmann unter Verweis auch auf ähnliche Szenen auf der Wittelsbacherbrücke. „In Bayern wird es keine Berliner Zustände geben.“
Fensterscheiben des „Tams-Theaters“ wurden eingeworfen
Eine weitere Attacke mit möglicherweise judenfeindlichem Hintergrund in der Neujahrsnacht wird aus dem Stadtteil Schwabing gemeldet. Dort wurden in der Haimhauserstraße gegen 3 Uhr vier Fensterscheiben des „Tams Theaters“ eingeworfen – direkt über einem Plakat mit einem Zitat der Schoa-Überlebenden Margot Friedländer. „Seid menschlich. Seid Menschen“, ist dort auf einem Banner zu lesen, darunter der Name der 103-jährigen Zeitzeugin.
„Wir sind bestürzt und sehr beunruhigt“, schreibt Anette Spola, die Leiterin des Tams-Theaters. „Es liegt der Verdacht nahe, dass es sich um einen antisemitischen Anschlag handelt.“ Die Polizei sei noch in der Nacht verständigt worden. Dort heißt es, man ermittle in alle Richtungen. Ähnliche Sachbeschädigungen habe es in der Straße aber schon früher gegeben.
Derweil haben propalästinensische Gruppen in den sozialen Netzwerken Aktionen angekündigt. Der vom Verfassungsschutz beobachtete Münchner Ableger des Netzwerks „Palästina spricht“ teilte auf Instagram einen „Neujahrsvorsatz“, in dem es wörtlich heißt: „Wir werden aktiv gegen jede zionistische Propaganda vorgehen, der wir begegnen.“
Erst kurz vor Weihnachten hatten Unbekannte ein knapp acht Quadratmeter großes Graffito an die denkmalgeschützte Fassade der Philologicum-Universitäts-Bibliothek an der Ludwigstraße gesprüht.„Israeli precision – 14 000 children killed“ war dort zu lesen. Und darunter die Silhouetten einer weglaufenden Person und eines Soldaten, der hinterherschießt.