Äußere Katastrophen bringen uns zusammen. Für die Ampelparteien waren jedoch weder die drohende Wirtschaftskrise im eigenen Land noch der Krieg im Nahen Osten oder der anhaltende Krieg in der Ukraine ein Grund, sich zusammenzureißen. Aber vielleicht klappt es mit einem US-Präsidenten Donald Trump? So makaber es auch klingt: Als personifizierte Dauerkrise könnte Trump für SPD, Grüne und FDP eine letzte Chance sein, ihre Regierungskrise zu lösen und vorgezogene Neuwahlen abzuwenden.
Dass die gemeinsame Basis ausgeschöpft ist, zeigen nicht nur die verschiedenen Wirtschaftsgipfel und Wirtschaftspapiere. Hier agieren Olaf Scholz (SPD), Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP) nun konsequent nach dem Motto: Erst die Partei, dann das Land. Die SPD-Spitze hat die Kanzlerin aufgefordert, der Koalition einen sozialdemokratischen Stempel aufzudrücken. Also trifft sich Scholz mit Wirtschafts- und Gewerkschaftsleuten, ohne Robert und Christian einzuladen. Was sie nicht so toll finden.
Einer veröffentlichte sein eigenes Impulspapier, in dem er darlegte, was er, Robert, vorhatte. „Ich schlage einen Deutschlandfonds vor …“ Na ja, Olafs Sozialisten haben ihn auf ihrem Parteitag vor einem Jahr beschlossen, aber für gute Ideen gibt es keinen Patentschutz.
Der andere beruft seinen eigenen Gipfel ein und veröffentlicht ein Konzeptpapier, das zugleich eine Kampfansage an SPD und Grüne ist. Schluss mit dem Tarifvertragsgesetz, sofortige Abschaffung der Solidarität und Streichung des gerade beschlossenen Klimaschutz-Förderprogramms. Es liest sich, als ob Linder bereits glaubt, in der Opposition zu sein.
Damit wird aber auch der Kernkonflikt deutlich: Die eine Seite – SPD und Grüne – will Deutschland aus der Krise retten, der andere Partner will das Land retten. Verkürzung oder Sperrung, das eine lässt sich nur schwer mit dem anderen vereinbaren, insbesondere wenn das Steuergeld knapp ist.
Eine Mehrheit der Deutschen sieht das inzwischen so und befürwortet vorgezogene Neuwahlen. Da ein Regierungswechsel durch ein Misstrauensvotum angesichts der Mehrheit im Bundestag kaum vorstellbar ist, müsste der Kanzler selbst den Weg dafür ebnen und das Vertrauensvotum beantragen. Sollte er diese verlieren, kann der Bundespräsident den Bundestag auflösen und es würden innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen stattfinden.
Deutschland nach einem Trump-Sieg
Dagegen sprechen drei Argumente. Winterwahlkampf: schwierig. Wirtschaftskrise: Dies ist kein guter Zeitpunkt, um Vertrauen zu fördern. Wahlumfragen: Prognostizieren große Verluste für alle drei Ampelparteien. Wahlsieger wäre Stand heute die Union und zweitstärkste Kraft wäre die AfD.
Diese Konstellation und die Pläne der Union, die Unternehmenssteuern zu senken, als Gegenleistung solle der Staat Sozialeinsparungen vornehmen und die Arbeitnehmer länger arbeiten, dürften die Stimmung im Land kaum verbessern. Und dann wäre da noch Donald Trump. Niemand kann wirklich wollen, dass Deutschland nach Trumps Wiederwahl im Wahlkampf und in der Selbstständigkeit versinkt.
Am Mittwochabend, einen Tag nach der US-Wahl, tagt der Koalitionsausschuss nach langer Pause im Kanzleramt. Egal wie die US-Wahl ausgegangen ist, es gibt viel zu besprechen.
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