Zwei Großaktionäre haben genaue Vorstellungen, wie die Optikerkette saniert werden soll. Sie liefern sich einen harten Kampf. Am Donnerstag treffen sich beide Kontrahenten auf einer außerordentlichen Hauptversammlung. Dabei wird auch die Frage diskutiert, wie Mister Spex wieder auf die Beine kommen soll.
Der Streit um den richtigen Kurs für die kriselnde Optikerkette Mister Spex geht in die nächste Runde. Am Donnerstag soll eine außerordentliche Hauptversammlung beschließen, den Aufsichtsrat von sieben auf vier Personen zu verkleinern. Damit bleibt eine Gruppe aktivistischer Aktionäre auch weiterhin aus dem Gremium ausgeschlossen.
Investor Sascha Magsamen warf ihm vor, er könne nicht nachvollziehen, warum die Altaktionäre „so mauerten“. „Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und unsere legitimen Vorschläge auch durch einen Aufsichtsratsvertreter zu vertreten“, sagte er WELT.
Magsamen führt mit seiner Investmentfirma die Gruppe von Aktionären an, die seit dem Frühjahr ein Aktienpaket aufkaufen. Beteiligt ist unter anderem eine Firma aus der Familie des „Höhle der Löwen“-Jurors Carsten Maschmeyer.
Mister Spex startete 2007 in Berlin als reiner Online-Optiker. Vor drei Jahren ging das Unternehmen – mittlerweile mit Filialen – an die Börse, um europaweit zu expandieren. Doch der Erfolg war nicht da: Der Aktienkurs verlor 90 Prozent seines Wertes, das Unternehmen schreibt hohe Verluste.
Im Frühjahr waren aktivistische Aktionäre rund um Magsamen mit dem Aufkauf von Aktienpaketen eingestiegen. Ihr Ziel: Veränderungen bei Mister Spex durchzusetzen, um den Aktienkurs und damit den Wert ihres Investments zu steigern.
Seitdem hat sich bei Mister Spex viel getan: Gründer Dirk Graber hat im Sommer seinen Posten als CEO aufgegeben, die Auslandsniederlassungen werden geschlossen, das Deutschlandgeschäft neu aufgestellt.
Geleitet wird der Neustart allerdings nicht von Magsamens Team, sondern von Tobias Krauss. Er dirigiert die Investments des größten Mister Spex-Aktionärs, des Hamburger Unternehmers Albert Büll.
Krauss ist seit Juli Aufsichtsratsvorsitzender bei Mister Spex und will der Geldverbrennung ein Ende bereiten – allerdings offenbar mit möglichst geringer Beteiligung der Aktivisten.
Diese wiederum versuchen mit Anfechtungsklagen gegen die im Sommer abgehaltene ordentliche Hauptversammlung Ärger zu machen. Dem soll auch die von Krauss einberufene außerordentliche Hauptversammlung entgegenwirken.
Magsamen drängt auf Aufsichtsratsposten
Die Mehrheit soll am Donnerstag ihre Beschlüsse aus dem Sommer bestätigen. Ein Sprecher von Krauss sagte, der Aufsichtsratschef werde sich vor der Hauptversammlung nicht öffentlich äußern. Er hofft offenbar, den Konflikt in den kommenden Monaten durch konkrete Sanierungsmaßnahmen eindämmen zu können.
Magsamen nahm die Veränderungen dennoch für sich in Anspruch: „Wären wir nicht gekommen, wäre alles spurlos so weitergegangen wie bisher“, sagte er. Allerdings müsse das Unternehmen noch mehr sparen, um mittelfristig nicht das gesamte Kapital aus dem Börsengang zu verbrennen.
Er wolle weiterhin darauf bestehen, dass die Aktivisten noch direkten Einfluss nehmen könnten, etwa über einen Aufsichtsratsposten. „Wenn sie das nicht schaffen, wäre es besser, sie würden das Geschäft aufgeben und den Aktionären ihr Geld zurückgeben“, wütete er.
Bisher ist die Rechnung seiner Angreifergruppe nicht aufgegangen: Trotz der Verwerfungen ist der Aktienkurs seit dem Frühjahr immer weiter gefallen. Auf dem Papier sind die Aktivisten mit ihrem Investment also im Minus – bei unsicheren Aussichten. Die Lage der Angreifer sei derzeit nicht sehr komfortabel, räumte Magsamen ein.
Im ersten Halbjahr 2024 stagnierte der Umsatz von Mister Spex bei 117 Millionen Euro, der Verlust stieg leicht auf 17 Millionen Euro. An der Börse ist das Unternehmen dennoch knapp 85 Millionen Euro wert.
Das gegenseitige Misstrauen wird dadurch verstärkt, dass der Verdacht, dass es den Angreifern tatsächlich um den Verkauf von Mister Spex gehen könnte, noch nicht ganz ausgeräumt ist. Zu den Angreifern zählt auch die Düsseldorfer Platform Group, ein Konglomerat von Onlineshops, zu dem das Onlinegeschäft von Mister Spex passen könnte – allerdings ohne die Filialen.
Unterstützung erhalten die Angreifer dennoch von der Kleinaktionärsvertretung SdK. „Es wäre klug, die Aktivisten einzubinden, etwa über den Aufsichtsrat“, sagte SdK-Sprecher Michael Kuhnert gegenüber WELT. Schließlich sei Mister Spex aus Sicht der Aktionäre „einer der größten Flops, die wir in Deutschland bislang hatten.“
Wie Magsamen forderte er, künftig auf virtuelle Hauptversammlungen zu verzichten und stattdessen Präsenzversammlungen abzuhalten. „Die Manager kennen ihre Aktionäre nicht persönlich“, sagte er und warnte vor „Hinterzimmertricks“.
Christoph Kapalshinski ist Wirtschaftsredakteur in Hamburg. Er berichtet über Verbrauch, Einzelhandel, Landwirtschaft, Start-ups Und Risikokapital.