Millionenschaden
UBA will betrügerische Klimaprojekte in China rückgängig machen
16.09.2024, 14:04
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Deutsche Unternehmen können Klimaprojekte auf ihre CO2-Bilanz anrechnen lassen. Einige davon werden in China umgesetzt. Doch es stellt sich heraus, dass es dabei um Betrug geht. Das Umweltbundesamt untersucht die Fälle. Einige davon könnten rückgängig gemacht werden. Der enorme Schaden bleibt jedoch bestehen.
Im Zusammenhang mit mutmaßlichen Betrugsfällen in China will das Umweltbundesamt 45 Klimaprojekte stoppen. „Unser Ziel ist es, alle 45 verdächtigen China-Projekte rückgängig zu machen“, erklärte der Chef des Umweltbundesamtes (UBA), Dirk Messner.
„Wir gehen nicht davon aus, dass ein signifikanter oder auch nur ein kleiner Teil dieser 45 Projekte in Ordnung sein könnte“, hieß es weiter. Die Projekte stünden unter „sehr starkem Betrugsverdacht“. Es handele sich vermutlich um ein „irreführendes Vertragssystem“, bei dem Projekte angemeldet würden, die die angegebenen Anforderungen, etwa zur Reduzierung von Treibhausgasen, nicht erfüllten, hieß es weiter.
Seine Behörde habe inzwischen 56 Klimaprojekte in China eingehend untersucht und könne diesen Zwischenbericht vorlegen, so Messner weiter. Die Ermittlungen, an denen sowohl die Berliner Staatsanwaltschaft als auch eine internationale Anwaltskanzlei beteiligt sind, würden fortgesetzt. Über die Dimension hatte vergangene Woche auch das ZDF-Format „Frontal“ unter Berufung auf den vom UBA beauftragten Anwalt Christian Schefold berichtet.
45 von 66 China-Projekten stehen nun unter Betrugsverdacht
Hintergrund der seit Wochen laufenden Ermittlungen ist ein mutmaßliches Betrugsnetzwerk im Zusammenhang mit Klimaprojekten in China. Wie im Juni bekannt wurde, ließen sich deutsche Mineralölkonzerne möglicherweise einen Beitrag auf ihre CO2-Bilanzen gutschreiben, der auf Klimaschutzprojekte entfiel, die laut UBA möglicherweise auf Betrug beruhten. Bei mindestens 45 von 66 Projekten in China bestehen mittlerweile Unregelmäßigkeiten.
In einem Bericht des Bundesumweltministeriums vom Juli dieses Jahres war zunächst von 69 Projekten die Rede. Diese Zahl stimmt allerdings nicht, insgesamt sind es 66 Projekte in China und 75 Projekte weltweit, die das UBA derzeit prüft, wie ein Sprecher auf Nachfrage klarstellte.
Messner erläuterte, dass es sich bei den 45 Projekten um Klimazertifikate im Wert von insgesamt sechs Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten handele. Nach Angaben des UBA entspricht dies einem Marktwert von 1,5 Milliarden Euro. Von diesen sechs Millionen Tonnen, die die Unternehmen aufgrund dieser Projekte bereits teilweise mit ihrer Klimabilanz verrechnet haben, konnten allerdings nur vier zurückgebucht und eingespart werden. Demnach ist durch den Betrug bezogen auf die ausgegebenen Zertifikate bislang ein materieller Schaden von rund 500 Millionen Euro entstanden.
Unter anderem die Union sieht die Ermittlungen des Umweltbundesamtes zu den mutmaßlichen Betrugsfällen kritisch. Sie wirft dem UBA und Steffi Lemkes Umweltministerium vor, zu spät auf die Betrügereien reagiert zu haben. Dem UBA zufolge gab es bereits im September 2023 erste Hinweise auf einzelne Fälle, denen die Behörde nachgeht. Dabei habe zunächst „Aussage gegen Aussage“ gestanden und die „anonymen Hinweisgeber“ seien von Anfang an nicht vertrauenswürdig gewesen. Konkretere Daten zu verdächtigen Unternehmen und Personen nannte das UBA mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen zunächst nicht.