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Millionen Autos in Deutschland droht ein TÜV-Desaster

Es ist ein Problem, das man nicht sieht, nicht hört und das man erst bemerkt, wenn es zu spät ist. Ein digitales Loch, das sich im Jahr 2028 öffnet. Es sind nicht Rost, keine Bremsen, keine Reifen, die bei vielen Autofahrern für Frust sorgen werden. Aber ein Signal, das verstummt. Der TÜV warnt: Millionen Fahrzeuge in Deutschland könnten bei der Hauptuntersuchung durchfallen.

Ein digitales Sicherheitsnetz reißt

Was bisher nur ein Luxusfeature war, ist seit 2018 Pflicht: der automatische Notruf, kurz eCall. Erkennt das Fahrzeug einen schweren Unfall, setzt es selbstständig den Notruf ab und übermittelt Standortdaten. Im Idealfall rettet es Leben. Viele dieser Systeme nutzen jedoch immer noch das alte 2G-Mobilfunknetz, über das einst SMS und die ersten Mobiltelefone übertragen wurden. Und genau dieses Netzwerk wird verschwinden.

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Die großen Anbieter – Telekom, Vodafone und Telefónica (O2) – haben angekündigt, den 2G-Dienst bis spätestens 2028 endgültig abzuschalten. Im Alltag dürfte das kaum von Bedeutung sein. Doch im Auto wird es zum Problem: Ohne Netz gibt es kein eCall. Das Fahrzeug kann dann im Notfall keinen Hilferuf mehr absetzen. Und wird vom TÜV als nicht fahrtüchtig eingestuft. „Das eCall-System ist gesetzlich vorgeschrieben und ohne Netzwerk nutzlos“, erklärt TÜV-Experte Richard Goebelt. Der TÜV-Verband geht davon aus, dass rund 5,5 Millionen Fahrzeuge betroffen sein werden. Und auch der Deutsche Feuerwehrverband warnt: Der Ausfall sei „ein erheblicher Sicherheitsverlust“.

Was bedeutet das konkret?

Spätestens wenn das Netz abgeschaltet wird, könnte der TÜV Millionen von Autos die Plakette verweigern. Denn wenn das System nicht funktioniert, liegt ein erheblicher Defekt vor. Besonders gefährdet sind Kleinwagen und Mittelklassemodelle aus den Jahren nach 2018. Fahrzeuge, die noch viele Jahre unterwegs sein würden.

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Die Telekom plant, 2G im Juni 2028 zu beenden, Vodafone will im September desselben Jahres folgen. Telefónica lässt den Zeitpunkt offen. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) fordert nun, das alte Netzwerk mindestens 15 Jahre länger am Leben zu erhalten, um Zeit für technische Lösungen zu gewinnen.

Warum eine Nachrüstung kaum hilft

Die Idee klingt einfach: Dann baut man die Fahrzeuge einfach um. Doch in der Praxis ist dies kaum möglich. Viele eCall-Module sind fest in das Steuergerät integriert, oft ohne Software-Updates oder Austauschmöglichkeiten. Ein Upgrade auf LTE oder 5G wäre technisch aufwändig und wirtschaftlich sinnlos, da die Kosten den Restwert vieler Fahrzeuge übersteigen würden.

Obwohl einige Anbieter an universellen Nachrüstlösungen arbeiten, wird es voraussichtlich Jahre dauern, bis diese verfügbar, zertifiziert und erschwinglich sind. Und solange das Problem bestehen bleibt: Autos, die eigentlich noch in gutem Zustand sind, könnten allein aufgrund eines drahtlosen Notrufsystems aus dem Verkehr gezogen werden.

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Und jetzt?

Die Verantwortung liegt irgendwo zwischen Politik, Autoherstellern und Netzbetreibern. Der eine schaltet ab, der andere liefert keine Updates und die Treiber bleiben mittendrin hängen. Langfristig werden moderne eCall-Systeme über LTE oder 5G laufen; Sie können sogar Bilder von einem Unfallort übertragen und den Rettungsdiensten helfen, präziser zu navigieren. Doch bis diese Technik in allen Fahrzeugen Einzug hält, wird es wohl noch Jahre dauern. Der TÜV warnt daher vor einem „Blindflug in Sachen Verkehrssicherheit“. Und wenn bis 2028 keine politische Lösung gefunden wird, könnte Deutschland erleben, was in der digitalen Infrastruktur oft passiert: eine Lücke, die niemand rechtzeitig geschlossen hat.

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