Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Martin Jäger, ist sich der realen Gefahr eines militärischen Konflikts bewusst Russland gewarnt. Russland wolle die Nato untergraben und die Demokratien in Europa destabilisieren, sagte Jäger in einer Anhörung vor dem Bundestag. „Um dieses Ziel zu erreichen, wird Russland bei Bedarf auch vor einem direkten militärischen Konflikt mit der Nato nicht zurückschrecken“, warnte der Chef des deutschen Auslandsgeheimdienstes.
Jäger warnte eindringlich davor, die Bedrohung durch Russland zu unterschätzen. „Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und davon ausgehen, dass ein möglicher russischer Angriff frühestens 2029 erfolgen wird“, sagte der BND-Präsident. „Wir stecken heute schon im Feuer.“ Der Feind kenne „keine Ruhe- oder Ruhezeiten“, sagte er. „In Europa herrscht bestenfalls ein eisiger Frieden, der jederzeit in eine hitzige Konfrontation umschlagen kann. Wir müssen uns auf eine weitere Verschlechterung der Lage einstellen.“
Russlands Vorgehen sei „darauf ausgerichtet, die NATO zu untergraben, europäische Demokratien zu destabilisieren, unsere Gesellschaften zu spalten und einzuschüchtern“, sagte er Jäger weiter. Zu diesem Zweck nutzt Russland unter anderem Spionage, Sabotage, Provokation und Auftragsmorde an Oppositionellen sowie den Einsatz von Drohnen im fremden Luftraum. Jäger sprach von einer „neuen Qualität der Konfrontation“.
Fordert mehr Befugnisse für den BND
Jäger äußerte sich im Rahmen einer öffentlichen Anhörung, in der sich die Chefs der drei Bundesgeheimdienste öffentlich zu aktuellen Bedrohungen im Bundestag äußerten. Neben Jäger beantworteten in der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollausschusses auch der Chef des Verfassungsschutzes, Sinan Selen, und die Präsidentin des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Martina Rosenberg, die Fragen der Abgeordneten.
„Europa sollte in die Selbstaufopferung getrieben werden, gelähmt durch Angst und Erstarrung“, sagte Jäger über Russlands Kalkulationen. „Moskau rechnet also mit realistischen Chancen, die eigene Einflusszone nach Westen auszudehnen und das in vielerlei Hinsicht wirtschaftlich überlegene Europa von Russland abhängig zu machen.“
Angesichts dieser Risiken forderte der BND-Chef weitere Befugnisse für die Bundesnachrichtendienst. „Wir sehen hier erheblichen Anpassungsbedarf“, sagte er. Die parlamentarische und richterliche Kontrolle der Arbeit des BND sei „enorm wichtig“, um dem Dienst „Legitimation und Handlungssicherheit“ zu geben. „Der mit der Steuerung verbundene Aufwand bindet viele Ressourcen“, ergänzt Jäger.
In der Regel äußern sich die Geheimdienstchefs nur in streng vertraulichen Sitzungen des Kontrollausschusses. Die Befragung findet einmal im Jahr öffentlich im Bundestagsplenum statt.