Aysu wurde nach Aserbaidschan abgeschoben, bevor sie ihre Ausbildung zur Altenpflegerin beginnen konnte. Mit Unterstützung ist ihr nun die Rückkehr nach Linden gelungen. So etwas funktioniert nur in seltenen Fällen.
Aysu in ihrer Wohngruppe in Linden bei Gießen.
Bild © hr
Aysu sitzt mit Tee am Küchentisch ihrer Wohngruppe in Linden (Gießen) und strahlt. Sie sagt: „Es ist unglaublich, aber ich gehe am Montag zur Schule und fange an zu arbeiten.“ Der 19-Jährige hat ein Jahr voller Angst und Unsicherheit in Aserbaidschans Hauptstadt Baku hinter sich.
Als Aysu im Jahr 2024 ein zusätzliches außerschulisches Praktikum in ihrem Traumberuf als Altenpflegerin absolvieren möchte, muss sie eine Arbeitserlaubnis beantragen. Auch für ihre Ausbildung zur Pflegehelferin benötigt sie das Dokument – die Bestätigung hat sie zuvor erhalten. Doch als sie zu einem offiziellen Termin erscheint, wird sie plötzlich abgeschoben. Sie sei ohnmächtig geworden, erinnert sich Aysu.
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02:25 Min||Mia von Hirsch
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„Jetzt werden wir kämpfen, bis sie zurück ist“
Zusammen mit seiner Frau leitet Elmar Schaub in Linden eine Wohngruppe für Mädchen und junge Frauen. Aysu lebte dort, bevor sie deportiert wurde. Über das Jugendamt kam sie damals zu den Schaubs.
„Es war so unwirklich. Es war auch ein Schock für ihre Unterstützer aus der Jugendhilfe“, blickt Anna-Lena Schaub zurück. Ihr Mann begleitete Aysu zur Einwanderungsbehörde und kehrte ohne die Studentin zurück.
„Das darf nicht passieren. Wir haben gesagt: Jetzt kämpfen wir, bis sie zurück ist!“ sagt Anna-Lena Schaub. Ihre Erleichterung über Aysus Rückkehr ist noch größer.
Nur sehr wenige Menschen schaffen es, wieder in das Land einzureisen
Anna-Lena Schaub betont, dass es eine Teamleistung war, dass Aysu nun ihre Ausbildung zur Altenpflegerin beginnen kann. Zuvor musste Aysu unter anderem einen Sprachkurs belegen, einen Ausbildungsvertrag, einen Minijob und einen Mietvertrag nachweisen. Auch bei der Beantragung einer schnelleren Wiedereinreise konnte sie auf die Hilfe des Unterstützerkreises der Schaubs zählen. Aysu war motiviert, alle Kriterien zu erfüllen.
Timmo Scherenberg vom Hessischen Flüchtlingsrat erklärt, dass Abschiebungen mit einem dreijährigen Einreiseverbot verbunden seien. Darüber hinaus muss die Person alle dem Staat entstehenden Kosten tragen, bevor eine Wiedereinreise überhaupt möglich ist. „Das bedeutet, dass es Schulden in Höhe von mehreren tausend Euro gibt“, sagt Scherenberg.
Spenden für Aysus Rückkehr gesammelt
Nach Angaben des Landkreises Gießen kostete Aysus Abschiebung nach Baku rund 6.650 Euro. Dafür seien Spenden gesammelt worden, berichtet Anna-Lena Schaub. Aber alleine schafft das kaum jemand, glaubt sie.
Nach einer Abschiebung kämen Menschen meist nicht zurück, sagt Scherenberg: „Das ist in 99 Prozent der Fälle der Fall.“ Umso bewundernswerter sei es, so Scherenberg, dass Aysus Unterstützerkreis das geschafft habe.
Anna-Lena und Elmar Schaub betreuen Aysu in der Wohngruppe.
Bild © hessenschau.de/Milena Pieper
Die Bürokratie rund um Fachkräftevisa sei laut Scherenberg nicht zu unterschätzen. Auf Anfrage der Personalabteilung teilte das Innenministerium mit, dass die Zahl der nach Deutschland zuwandernden Fachkräfte gestiegen sei. Im Jahr 2024 hätten die deutschen Auslandsvertretungen 172.422 Visa zum Zweck der Beschäftigung ausgestellt. Im Jahr 2023 waren es 157.924.
„Du musst etwas mit deinem Leben anfangen“
Aysu hat für die Dauer ihrer Ausbildung ein entsprechendes Arbeitsvisum erhalten. Die Inhalte der Ausbildung und das gleichzeitige Erlernen der deutschen Sprache sind oft anspruchsvoll. Doch Aysu hat ihr Ziel klar vor Augen und drängt sich: „Jetzt ist deine Zeit, du musst etwas aus deinem Leben machen.“
Wie sie sagt, fühlt sie sich in der Linden-WG wohl. Dort hat sie Menschen, die sie auf ihrem Weg unterstützen. „Ich bin so dankbar. Ich weiß, dass ich hier jetzt in Sicherheit bin“, freut sich die 19-Jährige auf ihre ersten Schichten im Pflegeheim.
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Quelle: hessenschau.de
