Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat nach den Unruhen in Syrien zunächst alle Entscheidungen über Asylanträge von Flüchtlingen aus ihrem Herkunftsland Syrien verschoben. Dies bestätigte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums.
Die weitere Entwicklung der Situation Syrien Man beobachte, dass es nach dem Sturz des Assad-Regimes äußerst dynamisch, unübersichtlich und schwer einzuschätzen sei, schrieb die Sprecherin des Bundesinnenministeriums. Aufgrund der aktuellen Situation und der nicht absehbaren Entwicklungen kann derzeit keine abschließende Entscheidung über den Ausgang eines Asylverfahrens getroffen werden.
„Aus diesem Grund hat das Bamf Entscheidungen über Antragsteller aus Syrien bei bedeutsamer Lage in Syrien vorübergehend zurückgestellt“, schreibt die Sprecherin. Sollte sich eine stabilere Lage abzeichnen, wird das Bamf seine Entscheidungspraxis überprüfen und erneut über Anträge von Menschen aus Syrien entscheiden.
Mehr als 47.000 Menschen betroffen
Die Betroffenen sind der Bericht von Spiegel Demnach sind 47.270 Asylanträge von Syrern noch nicht entschieden, darunter rund 46.000 Erstanträge. Die neue Situation in Syrien hat derzeit keinen Einfluss auf bestehende Entscheidungen.
Auch eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sprach von der Möglichkeit einer „Neupriorisierung“. Asylanträge von Syrern würden für Bamf-Mitarbeiter weiter nach unten verschoben. Allerdings handelt es sich bei Asylanträgen immer um Einzelfallentscheidungen. Dabei spielt die Sicherheitslage im Herkunftsland eine Rolle.
Die Bundesregierung sieht keinen Anlass für eine Neubewertung
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Jens Spahn, sprach sich dafür aus, syrische Flüchtlinge bei der Rückkehr in ihre Heimat zu unterstützen. „Wie wäre es, wenn die Bundesregierung sagen würde: Wer zurück nach Syrien will, dem chartern wir Maschinen und er bekommt ein Startgeld von 1.000 Euro“, sagte Spahn in der RTL/ntv-Sendung Früher Start.
Die Grünen-Bundestagsabgeordneten Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter warnten hingegen vor einer verfrühten Abschiebedebatte. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hält die Lage weiterhin für unübersichtlich. „Konkrete Renditeoptionen können daher noch nicht vorhergesagt werden und es wäre zweifelhaft, in einer so volatilen Situation darüber zu spekulieren“, sagte sie.
Die Bundesregierung will ihren Umgang mit syrischen Flüchtlingen in Deutschland noch nicht neu bewerten. Die Lage in Syrien sei derzeit „viel zu dynamisch“, um jetzt eine Entscheidung zu treffen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Das Amt wird den Asyllagebericht zu Syrien jedoch angesichts der aktuellen Entwicklungen schnellstmöglich aktualisieren.
„Ob diese neue Situation letztendlich zu neuen Flüchtlingsbewegungen führt oder im Gegenteil, wenn sich die Situation stabilisiert, den Vertriebenen und Flüchtlingen langfristig die Möglichkeit gibt, in ihre Heimat zurückzukehren, bleibt abzuwarten“, so der Sprecher Fortsetzung. Das Auswärtige Amt erstellt für die wichtigsten Herkunftsländer der Schutzsuchenden regelmäßig Lageberichte über die asyl- und abschieberechtliche Lage im jeweiligen Land.
Österreich will auch bereits erteilte Asylentscheidungen prüfen
Auch Österreich setzt vorerst alle Asylverfahren für Syrer aus. Das Innenministerium erklärte, die Maßnahme sei auf Anweisung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) umgesetzt worden. Betroffen sind rund 7.300 erstinstanzliche Asylverfahren. Nach Angaben des österreichischen Innenministeriums wurden von Januar bis November 2024 12.871 Asylanträge von syrischen Staatsbürgern gestellt.
Darüber hinaus sollten alle bereits erteilten Asylbescheide überprüft werden. „In diesem Zusammenhang habe ich das Ministerium beauftragt, ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien vorzubereiten“, sagte der österreichische Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Auch die Familienzusammenführung ist bis auf Weiteres ausgesetzt.
In der Nacht zum Sonntag drangen islamistische Milizen nach einer mehrtägigen Großoffensive in Syriens Hauptstadt Damaskus ein und besetzten unter anderem den Präsidentenpalast und die iranische Botschaft. Der frühere Machthaber Baschar al-Assad floh nach Moskau. Premierminister Mohammed al-Jalali äußerte seine Bereitschaft, bei einem Machtwechsel zu kooperieren.
Verfolgen Sie alle Entwicklungen rund um den Machtwechsel in Syrien in unserem Live-Blog.