Niedersachsen Die Kapazitäten der Abschiebehaft sind weniger als zur Hälfte ausgelastet. Im bundesweit einzigen Abschiebegefängnis, der Abteilung Langenhagen der Justizvollzugsanstalt Hannover, seien derzeit nur 18 von 48 Plätzen belegt, teilte das Justizministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Abteilung wird sowohl für Abschiebehaft als auch für Ausreisehaft genutzt.
Die Schaffung eines weiteren Abschiebegefängnisses, wie es Nordrhein-Westfalen nach dem Anschlag in Solingen Eine Ausweitung der Maßnahmen in Niedersachsen ist nicht geplant. Allerdings würden die Kapazitäten angesichts rechtlicher und tatsächlicher Entwicklungen kontinuierlich evaluiert, hieß es aus dem Ministerium.
Opposition fordert konsequentere Abschiebungen
Zum Stichtag 30. Juni waren in Niedersachsen insgesamt 20.677 Menschen ausreisepflichtig. Darunter waren 11.726 abgelehnte Asylbewerber, von denen rund 10.000 eine Duldung erhalten hatten. Eine Duldung wird unter anderem erteilt, wenn aufgrund der Sicherheitslage im Herkunftsland ein Abschiebeverbot besteht oder die Identität der betreffenden Person unklar ist.
Nach der Messerattacke in Solingen hatte die Opposition im Landtag darauf gedrängt, Abschiebungen in Niedersachsen konsequenter durchzusetzen. „Wir lassen Menschen, die sich einer Abschiebung widersetzen, nicht frei und hoffen, dass sie sich irgendwo wieder melden, sondern wir nehmen sie in Ausreise- und Abschiebehaft. Diese Konsequenz erwarten wir jetzt auch von dieser Landesregierung“, sagte CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner Ende August.
Asylverfahren sollen schneller werden
Auch Forderungen nach schnelleren Asylverfahren werden immer wieder laut. Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann erklärte auf Nachfrage, die Bearbeitungszeiten seien im Vergleich zu den Vorjahren bereits gesunken und sie sei überzeugt, dass sich dieser Trend fortsetzen könne. Auf Initiative des Landes seien Vereinfachungen beschlossen worden, „die die Verfahren schneller machen“, so die SPD-Politikerin. Seit Anfang September werden in Niedersachsen zudem die Verfahren für Asylanträge aus bestimmten Herkunftsländern bei einzelnen Verwaltungsgerichten konzentriert, „weil mehr Spezialisierung der Richterinnen und Richter letztlich mehr Tempo schafft.“ Zudem seien 15 neue Richterstellen für Asylverfahren geschaffen worden.
Von der Möglichkeit, bei einzelnen Verwaltungsgerichten spezielle Asylgerichtssäle zu bilden, hat das Land allerdings bislang keinen Gebrauch gemacht. Zunächst werde beobachtet, welche Auswirkungen die neue Konzentration von Fällen aus bestimmten Herkunftsländern haben werde, hieß es.
Die Zahl der anhängigen, also noch nicht entschiedenen Asylverfahren an Niedersachsens Verwaltungsgerichten ist seit 2017 kontinuierlich rückläufig. Lag die Zahl damals noch bei fast 21.000 Fällen, sind es in diesem Jahr nur noch knapp 10.000. Zuletzt wurden pro Jahr rund 10.000 Asylverfahren bearbeitet. Die Zahl der Neuverfahren lag dabei meist etwas niedriger. Der nach dem Pebb§y-Personalbedarfssystem ermittelte Wert der Gerichtsbelastung ist an allen sieben Verwaltungsgerichten des Landes im Vergleich zu 2017 gesunken.
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